Sorgen an Rosenheims Schulen

von Redaktion

Die Lage ist angespannt an Rosenheims Schulen. Zum allgemeinen Lehrermangel kommen die geflüchteten Kinder aus der Ukraine, die unterrichtet werden müssen. Bisher können die Schulen die Last schultern. Aber wie lange noch?

Rosenheim – Es hätte schlimmer kommen können. So sieht es jedenfalls Mitte der ersten Schulwoche aus. In anderen bayerischen Städten sind die Hilferufe aus den Schulen deutlich lauter, aber wer mit Rosenheims Schulleitern spricht, der hört vor allem eins: Es geht – irgendwie.

170 geflüchtete
ukrainische Kinder

„Wir haben wirklich großes Glück“, sagt Sybille Daxlberger. Die Schulleiterin der Johann-Rieder-Realschule hat eine ukrainische Lehrkraft, die die Brückenklasse betreut. Für insgesamt etwa 170 geflüchtete Kinder und Jugendliche hat das Schuljahr diese Woche in Rosenheim begonnen. Etwa ein Drittel ist in Grundschulen im Regelunterricht, die anderen an insgesamt drei Rosenheimer Schulen. 24 Jugendliche sind an der Johann-Rieder-Realschule. Vor allem Deutschunterricht gibt es für die jungen Menschen. Während Daxkbergers Kollege vom Ignaz- Günter-Gymnasium davon spricht, die Schüler „langsam in den Regelunterricht zu integrieren“, ist man an der Johann-Rieder-Realschule nicht so optimistisch: „Man muss der Realität ins Auge blicken“, sagt Daxlberger. Die Schüler hätten auch noch ukrainischen Distanzunterricht. Das mache den Alltag freilich noch komplizierter.

Aber insgesamt läuft der Schulalltag: „Wir sind versorgt, es hat gereicht“, sagt Daxlberger. Das ist eine ebenso erfreuliche wie erstaunliche Nachricht. Das Kultusministerium hatte pünktlich zum Start der Sommerferien in einem Brief an die Bezirksregierungen von „punktuellen Einschränkungen bei Wahl- und Neigungsangeboten“, „eine straffere Einsatzplanung“ und das „regionalspezifische Ausbalancierung von angespannten Personallagen“ gesprochen. Für Simone Fleischmann vom bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband hieß das: Klassen zusammenlegen, Streichen von Förderprogrammen auch im Bereich von Inklusion, teilweiser sogar der Wegfall von Unterricht in Kunst, Musik und Sport.

So schlimm scheint es nun aber nicht zu sein: „Wir können nicht alles anbieten, aber wir haben schon eine gute Auswahl“, erklärt Daxlberger. Ob das so bleibt, steht aber auf einem anderen Blatt – auch wenn Daxlberger das nicht sagt: „Wir haben keinen Puffer“, erklärt sie. Wenn ein Lehrer krank wird, werde es schwierig.

Oder wenn jemand schwanger wird. Daxlberger ringt ein wenig mit den Worten: „Ich freue mich ja immer, wenn eine Kollegin ein Kind erwartet“, sagt sie dann. Und fügt hinzu: „Aber ich möchte nicht in deren Haut stecken.“ Denn das Kultusministerium will das Betretungsverbot aufheben und die Entscheidung, ob eine Lehrerin unterrichtet oder nicht, den Betroffenen überlassen. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie dürfen Schwangere nicht mehr ins Klassenzimmer. Distanzunterricht und Verwaltungstätigkeiten sind möglich, aber eben keine Präsenz. Zum Schutz des ungeborenen Lebens.

Und jetzt stehen schwangere Lehrerinnen vor einem Dilemma: Sie können sich entweder um ihre Schüler kümmern und mit ihren Kollegen unterrichten oder ihren ungeborenen Nachwuchs schützen und zuhause bleiben. „Die wollen ja unterrichten“, sagt Daxlberger. Das Aber sagt sie nicht.

Medizinisch
verantwortbar?

Noch sind die genauen Parameter nicht geklärt und laut Kultusminister Michael Piazolo „wird das nicht von heute auf morgen passieren.“ Piazolo betonte die Freiwilligkeit und die „medizinisch Verantwortbarkeit“. Von Verbänden hagelt es derweil Kritik: Martina Borgendal, Landesvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, kritisierte vor allem die offenen Fragen zur Sicherheit der betroffenen Lehrerinnen und deren Kindern. „Die Verantwortung weiterzugeben ist höchst feige“, sagte sie den OVB-Heimatzeitungen.