Rosenheim – Waren die Drogen nur zum Eigengebrauch oder wollte der 41-Jährige damit auch handeln? Diese Frage hatte das Schöffengericht Rosenheim zu klären. Fakt war, dass der Deutsch-Kasache in der Nacht vom 16. Dezember im abgesperrten Bereich des Rosenheimer Impfzentrums auf der Loretowiese mit 29,10 Gramm Kokaingemisch angetroffen wurde.
Rückfällig wegen
persönlicher Probleme
Die Staatsanwaltschaft war davon ausgegangen, dass mindestens die Hälfte davon zum Verkauf vorgesehen gewesen sei. Laut Anklage sei der Rest nicht widerlegbar zum Eigenkonsum bestimmt gewesen. „Ich habe die Drogen besessen“, räumte der Angeklagte unumwunden ein. Er habe sich zu dieser Zeit in einer persönlichen Krise befunden. Nach einer Schulterverletzung habe er seine Arbeit verloren.
Er sei rückfällig geworden und bei der Bank und bei Freunden und Familie hoch verschuldet gewesen. Seine Ehefrau habe ihn vor die Tür gesetzt und er habe nicht gewusst wohin, deshalb sei er nach Rosenheim gefahren, um seine Schwiegermutter zu bitten, ein gutes Wort bei seiner Frau für ihn einzulegen. Sein Kokainkonsum sei zu der Zeit sehr hoch gewesen, sagte der Angeklagte, der bereits seit einigen Jahren in Substitutionstherapie ist.
Nun habe er aber wieder die Kurve bekommen. Er sei stabil, seine Wochenration der Ersatzdroge Methadon reiche wieder, er habe sich mit seiner Frau versöhnt und er habe Arbeit.
„Woher ich das Kokain habe, kann ich nicht sagen. Das gibt Probleme und davor habe ich Angst“, erklärte der Angeklagte. Der medizinische Sachverständige bescheinigte dem 41-Jährigen eine Polytoxikomanie mit weitgehenden Abstinenzphasen.
Ein psychotisches Problem sei nicht feststellbar, wohl aber eine Hangsucht, die ein ähnliches Verhaltensmuster auch künftig erwarten ließe. Die Auswertung der Haarprobe habe einen häufigen Konsum von Kokain und einen gelegentlichen Konsum von Cannabis ergeben.
Die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt waren aus der Sicht des Facharztes für Psychologie und Psychiatrie gegeben. Auch weil eine Aussicht auf Behandlungserfolg zu erwarten sei.
Die Anklagevertretung hielt am Anklagevorwurf des Handeltreibens und des Besitzes von Betäubungsmitteln fest und forderte auch wegen der großen Menge und dem hohen Wirkstoffgehalt der harten Droge eine unbedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und die Unterbringung im Maßregelvollzug. In der Wohnung des Angeklagten seien Druckverschlussbeutel aufgefunden worden, die darauf hinwiesen, dass Drogen abgepackt werden sollten. Darüber hinaus habe der Angeklagte, der zahlreiche Vorstrafen hat, nicht die finanziellen Mittel besessen, um einen Konsum in dem Ausmaß zu finanzieren. Deshalb sei davon auszugehen, dass er in Rosenheim einen Abnehmer gesucht habe.
Verteidiger Krnjaic betonte, dass sein Mandant den Besitz der Drogen umfassend eingeräumt und den Konsum seit seiner Festnahme eingestellt habe. Mit dem Methadon-Programm versuche er, Schritt für Schritt runterzukommen. Er sei in engmaschiger Kontrolle. Die Sucht- und Rückfallgefahr bleibe ein Leben lang, aber er habe in den vergangenen neun Monaten gezeigt, dass es funktioniere. Deshalb habe er eine Chance verdient und die Unterbringung solle zur Bewährung ausgesetzt werden. „Wenn er wieder Mist baut, sitzt er ein“, stellte der Verteidiger klar.
Zweifel und eine
günstige Prognose
Das Schöffengericht war der Ansicht, dass ein Handeltreiben nicht zweifelsfrei nachzuweisen sei. Der Drogentest habe einen häufigen Konsum von Kokain ergeben und der Angeklagte sei erheblich verschuldet. Eindeutig sei jedoch der Besitz einer nicht unerheblichen Menge Kokain. Das habe der Angeklagte auch gestanden. Die Voraussetzungen für die Unterbringung seien gegeben, weil in einer vergleichbaren Situation erneut die Gefahr eines Rückfalls bestehe, trotz aktueller günstiger Sozialprognose, hieß es in der Urteilsbegründung von Richterin Bartschat. Der Angeklagte mache einen guten Eindruck, die Substitution bringe Stabilität und er sei kein ausschließlicher Bewährungsversager. „Sie sind auf einem guten Weg“, stellte die Richterin fest.
Die Bewährungszeit wurde auf vier Jahre, die Führungsaufsicht auf fünf Jahre festgelegt. Zudem soll ein Konsumverbot und eine ambulante Suchttherapie für Drogenfreiheit sorgen.