Mit Disziplin und Entschlossenheit

von Redaktion

Interview Marc O’Polos Ex-CEO Alexander Gedat im Gespräch über sein neues Buch

Rosenheim – Alexander Gedat (58) ist der Ex-CEO des Millionenunternehmens Marc O‘Polo. Eine Bilderbuchkarriere hatte der Rosenheimer trotzdem nicht. Lange Zeit konnte er sich nicht für das Lernen begeistern und fiel sogar durch sein Abitur. Jetzt hat der 58-Jährige das Buch „Mutig sein. Glücklich werden“ geschrieben und verrät, warum Fleiß, Disziplin und Entschlossenheit wichtiger sind als Talent. Ein Gespräch über Glück, Sport und wie man es schafft, die Verantwortung für sein Leben zu übernehmen.

Was ist für Sie Glück?

Lernen, neugierig sein und nicht stillstehen. Auch Dankbarkeit gehört zum Glück. Außerdem meine Familie und meine Freunde. Ich führe eine Freundesliste, auf der nicht nur die Namen meiner elf engsten Freunde stehen, sondern auch die weiteren Freunde, die mir wichtig sind. Ehrgeiz ist mir auch wichtig. Der Wille, etwas gestalten und erschaffen zu wollen. Nehmen wir beispielsweise Marc O’Polo. Als ich dort angefangen habe, hat das Unternehmen einen Umsatz von 25 Millionen Euro gemacht und hatte 45 Mitarbeiter. Als ich aufgehört habe, waren es fast 2000 Mitarbeiter und der Umsatz lag bei 450 Millionen Euro. Wir haben richtig was geschaffen und aufgebaut.

Hört sich an, als ob Sie ein glücklicher Mensch sind.

Ich bin ein glücklicher Mensch geworden. Es braucht viele Bausteine zum Glück. Ein Teil ist beispielsweise die Gesundheit. Als junger Mann war ich nicht besonders glücklich und habe auch nicht gesund gelebt. Ich hatte unheimlich viele Allergien. Ich habe dann angefangen, darüber zu lesen und begonnen, meine Ernährung umzustellen. Jetzt habe ich keine Allergien mehr.

Den Kaffee in der Redaktion haben Sie abgelehnt. Auf was verzichten Sie noch?

Ich esse seit über 30 Jahren kein Fleisch mehr, nichts Süßes, selten Fisch und trinke auch keinen Kaffee. Morgens esse ich nichts, mittags Obst und abends eine richtige Mahlzeit.

Hört sich nach viel Verzicht an.

Für mich bedeutet es Selbstverantwortung und keinen Verzicht. Ich habe irgendwann damit angefangen, für alles selber die Verantwortung zu übernehmen. Unter anderem auch für meine Gesundheit.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, ein Buch zu schreiben?

Ich wollte aufschreiben, wie es mir gelungen ist, ein glücklicher Mensch zu werden, weil ich mir gedacht habe, dass es ein gutes Beispiel für andere sein könnte. Aber eigentlich habe ich das Buch nur für mich geschrieben. Wie viele Kopien davon verkauft werden, hat für mich keine wirkliche Relevanz.

Mit 53 Jahren haben Sie bei Marc O‘Polo aufgehört. Warum?

Ich habe viel gearbeitet und war müde. Aus diesem Grund habe ich mich auch dazu entschieden, meinen Vertrag nicht zu verlängern. Ich habe mich vorher schon ein bisschen damit beschäftigt, was ich danach mache. Für mich war es nie eine Option, nach meiner Zeit bei Marc O’Polo wieder zu arbeiten.

Was für ein Leben führen Sie jetzt?

Ich bin viel freier, mache viel mehr Sport, reise mehr, lese mehr und denke viel mehr. Meine Lebensqualität hat sich enorm verändert und verbessert. Aber: Ich habe unheimlich gerne gearbeitet. Die Zeit bei Marc O’Polo war wunderschön. Ich werde Herrn Böck immer dankbar sein. Und als Beirat und Aufsichtsrat mache ich ja noch etwas.

Sie hatten das große Glück, in einem Beruf zu arbeiten, der Ihnen Spaß macht. Nicht jeder hat dieses Privileg.

Dann sollte der- oder diejenige etwas ändern. Es kommt nicht darauf an, was einfach ist. Es gibt unheimlich viele Menschen, die in ihre eigenen Schranken und Grenzen im Kopf gefangen sind. Ein Beispiel: Viele der Ärzte studieren Medizin, weil die Eltern auch Ärzte sind – und nicht, weil es ihnen Spaß macht. Und das tut mir für die Menschen leid. Gleiches gilt für diejenigen, die beispielsweise eine Schreinerei übernehmen sollen oder ein Steuerberaterbüro. Die Menschen machen oft das, was andere ihnen sagen. Jeder Mensch hat Talente und Stärken. Und ich persönlich kann nur jedem empfehlen, diese Stärken herauszufinden. Und dann sollte man sich einen Beruf suchen, der zu diesen Stärken passt.

Doch auch die eigenen Stärken gilt es erst einmal herauszufinden.

Und genau dafür ist meiner Meinung nach unser Schulsystem zu unmodern. Ich finde, im Kindergarten sollte es bereits damit losgehen, dass sich die Erzieher mit dem Kind auseinandersetzen. Wo das Kind seine Stärken hat, interessiert wenige. Und das ist furchtbar. Wir investieren zu wenig in das deutsche Schulsystem – sowohl Geld als auch Talent. Um seine Stärken zu finden, könnte jeder dazu seine Freunde fragen, seine Lehrer, seine Eltern oder ausgebildete Coaches.

Sie selbst sind durchs Abitur gefallen und fühlten sich lange Zeit orientierungslos. Wann haben Sie entschieden, Ihr Leben umzukrempeln?

Ich habe damit begonnen, mich und mein Leben zu reflektieren. In meiner Schulzeit war Lernen nicht positiv besetzt. Früher galt der Leitspruch „Wissen ist Macht und nichts wissen macht auch nichts“. Das war natürlich nicht sehr clever. Während des Studiums habe ich dann für mich erkannt, dass Wissen Spaß macht und dass es etwas Erfüllendes ist. Während meiner Zeit bei der Bundeswehr habe ich die Bücher gelesen, die ich zur Prüfung aus Zeitgründen nicht lesen konnte. Und dann habe ich mir immer einen Job mit einem hohen Anspruch gesucht, wo ich lernen konnte. Bei Marc O’Polo hatte ich beispielsweise einen Chef und ein Umfeld, wo ich unheimlich viele Freiheiten hatte und mir Dinge suchen konnte zum Lernen, Entwickeln und Gestalten. Und das war einfach großartig.

Hätten Sie jemals mit einer solchen Karriere gerechnet?

Nein. Da gehörte nicht nur viel Arbeit und Fleiß dazu, sondern auch Glück. Ohne Glück hätte es nicht funktioniert. Es gibt das Sprichwort: „Das Glück ist mit den Tüchtigen“. Und daran glaube ich. Wer viel macht, erreicht mehr. Wenn man viel tut, kann man mit Niederlagen besser umgehen.

War das bei Ihnen ähnlich?

Ich bin öfter hingefallen. Nicht nur das Abitur ist beim ersten Mal in die Hose gegangen. Aber auf dem Weg zu meinem Glück habe ich mich von niemandem aufhalten lassen. Im Buch nenne ich das „gesunden Egoismus“. Es geht um mein Leben. Ich möchte glücklich werden. Und wenn ich glücklich bin, kann ich auch anderen helfen.

Wie haben Sie es geschafft, die Verantwortung für Ihr Leben zu übernehmen?

Wichtig ist es, den ersten Schritt zu machen. Ich brauche Struktur und Bewegung. Ich habe herausgefunden, was mir gut tut. Sport gehört für mich dazu. Weil ich viel gearbeitet habe, brauchte ich einen Sport, den ich alleine mache konnte. Mein Traum waren 2000 Meter im eigenen Schwimmbad. Viele haben gesagt, dass ich einen Vogel habe. Aber es ist mein Traum und mein Leben, da interessiert es nicht, was andere dazu sagen.

Sie sind nicht nur sportbegeistert, sondern interessieren sich auch für Kunst, Musik und Reisen.

Für mich ist die Bereicherung meines Geistes mit Kunst und Kultur etwas ganz Tolles und Wichtiges. Ähnlich ist es bei mir mit Musik. Ich gehe unheimlich gerne auf Konzerte. Das Leben ist vielfältig und ich finde es schade, wenn man sich nur auf einen kleinen Teil begrenzt. Reisen ist für mich auch sehr wichtig. Die Offenheit für etwas Neues. Durch Marc O’Polo hatte ich das große Glück viel reisen zu dürfen. Ich hatte ungefähr 100 Reisetage im Jahr. Natürlich war ich da auch mal in Düsseldorf. Aber eben auch in Moskau, New York, London, Paris, Barcelona, Singapur, Peking und Shanghai. Das war ein großes Privileg, das ich lieben gelernt habe.

Falls zwischen den ganzen Aktivitäten dafür überhaupt noch Zeit bleibt: Sind weitere Bücher geplant?

Ich habe das Buch gemeinsam mit Dr. Stefan Rieß geschrieben, der tatsächlich schon mit zwei neuen Vorschlägen zu mir gekommen ist. Eines davon ist ein Fachbuch mit dem Titel „Die Macht der drei M‘s“. Darin geht es darum, wie man eine Modefirma führt. Das Buch ist schon fertig, wir suchen gerade einen Verlag. Der Titel des dritten Buches lautet: „Kunst sammeln ohne Ahnung“ (lacht). Die Gliederung ist schon fertig, allerdings brauchen wir dafür vorher einen Verlag.

Interview: Anna Heise

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