Rosenheim – Betont bürgernah präsentierte sich Oberbürgermeister Andreas März beim zweiten Teil der Bürgerversammlung am Dienstagabend im Kultur- und Kongresszentrum. Gut 100 engagierte Bürger waren gekommen, um sich über die Pläne der Verwaltung in Sachen Stadtentwicklung, Müll und Verkehr im Rosenheimer Norden zu informieren. Und wie schon vergangene Woche schickte der OB voraus, dass „nichts im stillen Kämmerlein“ passiere. Alles sei transparent, und er werde wahrheitsgemäß antworten, „auch wenn Sie diese Antwort vielleicht dann nicht hören möchten“.
Mit Stadtwerken
gut aufgestellt
Im Folgenden gab März sich sichtlich Mühe, potenzielle Sorgen um drohende Energiearmut zu zerstreuen: Rosenheim sei mit den eigenen Stadtwerken gut aufgestellt. Selbst im Falle eines Blackouts könne man in kurzer Zeit ein unabhängiges Inselnetz aufbauen, mit dem man zwei Drittel bis drei Viertel des Strombedarfs decken könne: „Ich bin vorsichtig optimistisch, dass es nicht zu einer Mangellage kommt“, erklärte März. Auch einige Fragen im Anschluss konnte der OB zur Zufriedenheit des Publikums beantworten – etwa ob die Trinkwasserversorgung im Falle eines Blackouts sichergestellt sei.
Etwas weniger detailreich präsentierte er die zahlreichen Bauvorhaben der Stadt: Am Bahngelände Nord etwa freute sich März, „dass ein Investor so viel Vertrauen in unsere Stadt hat, dass er einen dreistelligen Millionenbetrag investiert“. Der Erwerb der 70000 Quadratmeter großen Fläche war an Bedingungen geknüpft, „die Sie jetzt langweilen“. Aber, so der Tenor, es gehe voran – auch auf dem Südtiroler Platz, dessen westliche Hälfte fast fertig sei. Die östliche soll Mitte kommenden Jahres auch so weit sein mit Bäumen, Sitzgelegenheiten und Wasserspiel. Die Bürger sollen aber auch ihren Teil leisten und ihre Räder nicht kreuz und quer abstellen, sondern bitte das Fahrradparkhaus benutzen.
Auch im Plan sei man am Brückenberg. Die Baustelle habe sich aufgrund der Deutschen Bahn verzögert, die Fahrpausen auf den Schienen müsse man drei Jahre im Voraus anmelden, das hätte die Arbeiten – die ja auch länger still standen – verzögert. „Mich hat‘s auch genervt“, sagte März, aber Ende des Jahres werde die Brücke wieder voll befahrbar sein.
Wehren will sich der OB gegen die Pläne der Bahn bezüglich des Brennernordzulaufs. Zwar sei die Unterquerung des Inns besser als eine Brücke, aber der anschließende „Trog“, der sich 30 Meter tief und 40 Meter breit durch die Landschaft ziehe, habe den gleichen Effekt wie ein Bahndamm: einen „Einschnitt in unsere Kulturlandschaft“. März will lieber dafür werben, die Trasse nach Norden zu verschieben. „Wir werden uns da aufmandeln“, erklärte März kampflustig.
Im Anschluss an die Präsentation stellte sich die Verwaltung den Fragen der Bürger: Gleich die erste Frage betraf den Dauerbrenner Kitaplätze. Zunächst konnte März noch verkünden, dass die Situation zwar angespannt, aber in Ordnung sei: Alle Kinder hätten einen Platz bekommen und man plane weitere Kitas. Sozialdezernent Michael Keneder, „der Mann, der hier das meiste Geld ausgibt“ (OB März), vergaß auch nicht, den Betreuungsschlüssel zu erwähnen, der in Rosenheim besser sei als im bayerischen Durchschnitt. Ins Stocken gerieten die Herren allerdings, als die Fragestellerin von ihrem Alltag berichtete: Die Mutter zweier Kinder, die in einem systemrelevanten Beruf arbeitet, konnte die jüngere gar nicht erst eingewöhnen – zu hoch war die Fluktuation beim Personal. Die ältere Tochter habe in den vergangenen anderthalb Jahren über 20 verschiedene Erzieher gehabt. Immer wieder schließe die Kita von einem Tag auf den anderen.
Keneder verwies auf das Betretungsverbot für Schwangere und die bundesweit angespannte Personalsituation. Der OB versprach weiterhin alles zu tun, damit sich die Situation entspanne. Zufriedenstellend waren die Antworten offenbar nicht. Zu wenig konkret seien die Angaben, sagte eine andere Bürgerin. Die Anfrage beinhaltete auch eine Abstimmung, bei der es unter anderem darum ging, nicht nur den gesetzlichen Anspruch auf einen Kitaplatz zu gewährleisten, sondern auch eine räumliche Nähe zwischen Kita und Wohnort zu schaffen. Die Mehrheit der anwesenden Bürger stimmte für den Antrag, sodass dieser nun in den Stadtrat wandert.
Krähen lassen sich
nicht vergraueln
Bei den weiteren Anfragen konnte März mit Detailwissen glänzen. Etwa bei der Anfrage eines Bürgers, der sich von einem Schwarm Krähen massiv beeinträchtigt fühlt, der unweit seines Hauses nistet. Leider könne man wenig machen, erklärte der OB und zählte fünf verschiedene Methoden auf, die zwar aufwendig seien, aber selten etwas bringen würden. „Die Krähe darf also einen Menschen vergraulen, aber nicht umgekehrt“, fragte der Herr. „Ja, wenn Sie es so formulieren wollen, aber Sie sind ja noch da“, antwortete März lächelnd.