Rosenheim – Der Verein „Pro Arbeit“ unterstützt jährlich mehr als 700 Jugendliche beim Übergang von der Schule in den Beruf. Am heutigen Freitag feiert der Verein sein 25-jähriges Bestehen. Eine Geschichte über Erfolge, Veränderungen und junge Menschen, die es trotz aller Widrigkeiten weit geschafft haben.
Veränderung in
der Kommunikation
Die Probleme sind in den vergangenen Jahren nicht weniger geworden. Im Gegenteil. „Es wird immer schwieriger und komplexer“, sagt Claudia Georgii. Seit 23 Jahren ist die Geschäftsführerin das Gesicht des Vereins. Er wurde von Dr. Michael Stöcker gegründet – ein Event bei dem auch der heutige Jugendamtsleiter Christian Meixner dabei war – und erhielt unter anderem den Sozialpreis der Kultur- und Sozialstiftung Dr. Michael Stöcker.
Georgii weiß, mit welchen Herausforderungen ihre Mitarbeiter täglich zu kämpfen haben. „Der Umgang und die Kommunikation haben sich verändert“, stimmt ihr Dilek Mermer-Kollmuß zu. Zehn Jahre lang hat sie an der Grund- und Mittelschule in Fürstätt als Fachkraft für Jugendsozialarbeit an Schulen gearbeitet, mittlerweile ist sie die fachliche Leitung des Vereins. Sie hat Hunderte Kinder auf dem Weg ins Berufsleben begleitet und weiß, welche Schwierigkeiten es gibt.
„Wenn Probleme auftreten, haben sie oft einen Hintergrund“, sagt Georgii. Sie erinnert sich an Kinder, die schlecht angezogen sind, keine Hausaufgaben gemacht haben und schon seit Längerem nicht mehr beim Zahnarzt waren. All das seien Indizien dafür, dass in den eigenen vier Wänden nicht alles rund läuft. „Wo es keine funktionierende Familie gibt, hilft Pro Arbeit“, sagt Harald Neu. Er ist der Vorsitzende des Vereins und seit Anfang an dabei. Damals sei es noch nicht üblich gewesen, dass Jugendsozialarbeiter an den Schulen tätig waren. „Mittlerweile wissen viele Schulen gar nicht, was sie ohne uns machen würden“, sagt Neu.
Die Arbeit der „Jugendhilfe an der Schule“ – die an 27 Schulen an 21 Standorten vertreten ist – sei dabei ganz unterschiedlich und reiche vom Zuhören bis hin zur Motivation. „Unser Ziel ist es junge Menschen zu befähigen am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“, sagt Claudia Georgii.
Dabei helfen soll auch das Bewerbungsplanspiel, das die Jugendsozialarbeit in den achten Klassen der Mittelschulen bereits seit 20 Jahren veranstaltet. Die Schüler werden so auf die Berufs- und Ausbildungssuche vorbereitet. Je nachdem, wie überzeugend sie im Bewerbungsprozess aufgetreten sind, erhalten die Jugendlichen fiktive Zu- oder Absagen. „Diese ersten Erfahrungen sind sehr wertvoll“, weiß Dilek Mermer-Kollmuß.
Nicht weniger wertvoll ist das Projekt „Qualipaten“, das seit 2009 in der Trägerschaft des Vereins ist und unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Andreas März steht. Die Qualipaten begleiten Mittelschüler auf ihrem Weg zum Schulabschluss sowie bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz. „Im Moment haben wir 30 Ehrenamtliche“, sagt Georgii.
Die Betreuung während der Schulzeit findet ihre Fortsetzung in der Ausbildungsvermittlung samt Nachbetreuung und dem Vermittlungscoaching. Im Auftrag des Jobcenters helfen die Mitarbeiter nicht nur bei der Suche nach Ausbildungsplätzen, sie stehen den Menschen auch als Anlaufstelle zur Verfügung, falls es Probleme im Betrieb gibt.
„Die Jugendlichen brauchen oft nur einen kleinen Stupser. Nicht jeder von ihnen hat ein Riesenproblem“, sagt Harald Neu. Gemeinsam mit den Mitgliedern des Vereins – allen voran dem Ehrenvorsitzenden Jürgen Krause – setzt er sich deshalb dafür ein, dass die jungen Menschen eine Chance bekommen – ganz unabhängig davon, wo sie herkommen oder wie sie aufgewachsen sind. „Jugendsozialarbeit ist mehr als die Arbeit mit unangepassten Schülern, die durch ihr Verhalten den Schulbetrieb stören“, ergänzt Neu. Sie sei vielmehr ein fester Bestandteil der Schule und könne entscheidend für die Entwicklung sein. Dies sei aber nur dank des finanziellen Engagements der Stadt und des Landkreises möglich.
Ein Blazer
alleine reicht nicht
„Wir sind auf Spenden angewiesen, die uns eine gewisse Flexibilität geben“, sagt Claudia Georgii. Damit könnten nicht nur Projekte finanziert werden, sondern hin und wieder auch Kleidung für das bevorstehende Bewerbungsgespräch.
Doch dass ein „schicker Blazer“ nicht ausreicht, um den Job zu bekommen, weiß auch Sabine Stelzmann vom Kreisjugendamt Rosenheim. „Es braucht auch Selbstbewusstsein und ein gutes Selbstwertgefühl“, sagt sie. Und auch hierfür würden die Mitarbeiter des Vereins „Pro Arbeit“ sorgen. Lob gibt es auch von Christian Meixner: „Pro Arbeit ist ein überaus verlässlicher Partner des Jugendamtes der Stadt Rosenheim.“
„Ein Jugendlicher hat mir einmal gesagt, dass die Jugendsozialarbeiter die Ersten gewesen sind, die an ihn geglaubt haben“, erinnert sich Neu. Es sind Momente wie diese, die sowohl ihm als auch Claudia Georgii und Dilek Mermer-Kollmuß bewusst machen, warum sie tun, was sie tun – auch nach 25 Jahren.