„Zum Drogendealer degradiert“

von Redaktion

Die Bundesregierung mit Gesundheitsminister Lauterbach will Cannabis legalisieren. Der Erwerb der Droge könnte dann auch in Apotheken möglich sein. Ob ab 2024 tatsächlich Marihuana in Rosenheim verkauft wird, stellt die Pharmazeuten vor viele offene Fragen.

Rosenheim – Kiffen soll legal werden. Das plant Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Ab 2024 soll der Erwerb und der Besitz von Genusscannabis bis zu einer Höchstmenge von 30 Gramm straffrei sein. Das geht aus einem Eckpunktepapier hervor, das der Minister vergangene Woche vorstellte. Der Verkauf der Droge mit dem Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) soll laut dem Papier in „lizenzierten Fachgeschäften“ oder „gegebenenfalls in Apotheken“ möglich sein. Die Rosenheimer Apotheker sehen diese Pläne skeptisch.

Noch stehen
viele Fragen offen

„Da ist noch vieles unklar“, sagt Markus Bauer, Apotheker der Alten Apotheke in Rosenheim. Deshalb sei es etwas verfrüht, sich intensiver damit auseinanderzusetzen, ob sich seine Apotheken im Falle am Verkauf beteiligen werden. Wirklich vorstellen könne er es sich allerdings nicht, da der bisherige Entwurf keine Rückschlüsse zulasse, ob das erhoffte Ziel der Entkriminalisierung überhaupt erreicht werden kann. Der Gesundheitsminister bezeichnete die Legalisierung in der Pressekonferenz zur Vorstellung der Pläne als „Königsweg, den Schwarzmarkt auszutrocknen“. Zudem wolle man den Kinder- und Jugendschutz verbessern.

Daran zweifelt Bauer. „Es könnte auch das Gegenteil eintreten.“ Denn kaufen dürfen das Marihuana dem Eckpunktepapier zufolge nur volljährige Personen. „Es wird schwer zu kontrollieren sein, dass ein 18-Jähriger die Drogen nicht einem 16-Jährigen weitergibt“, betont der Pharmazeut. Bauer spricht von einem „Ding der Unmöglichkeit“.

Zudem könne die Straffreiheit überhaupt erst dazu führen, dass Jugendliche Cannabis ausprobieren wollen. Ob das den Schutz Minderjähriger gegenüber der momentanen Lage verbessere, sei zumindest fraglich. Nur weil Cannabis legalisiert werde, werde die Droge dadurch nicht weniger gefährlich, zeigt sich der Apotheker besorgt.

Ähnlich sieht das Dominik Simon, Apotheker der Heilig-Geist- und Rathausapotheke. Der Pharmazeut wolle zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass es ab 2024 Cannabis bei ihm zu kaufen gebe. Allerdings schließe er sich „mehrheitlich der Meinung der Mediziner an“, welche die geplante Legalisierung größtenteils kritisieren.

Da ist Vorsicht geboten, denn Cannabis habe Nebenwirkungen, die berücksichtigt werden müssen, sagt Simon. Vor allem bei Menschen unter 25 Jahren könne sich der Konsum schädigend auf das Wachstum des Gehirns auswirken. Das sei nachgewiesen worden.

Grundsätzlich seien Apotheken für den Verkauf geeignet, findet Simon. „Ich denke, dass wir fachlich etwas besser beraten können, als die Fachgeschäfte“, sagt der Apotheker. Der Vertrieb bringe allerdings auch einige Probleme mit sich, die vorher von der Politik gelöst werden müssten.

„Das geht schon damit los, dass es ein riesiger Aufwand wäre, für jeden einzelnen Kunden das passende Produkt bereitzustellen“, bestätigt Markus Bauer. Das Eckpunktepapier des Gesundheitsministeriums sieht vor, dass 18-Jährige nur Cannabis mit geringerem THC-Gehalt – also eine abgeschwächte Form der Droge – kaufen dürfen. Für Menschen, die das 21. Lebensjahr erreicht habe, soll es keine Grenzen geben. Zusätzlich bürge er auch für die Qualität der Waren, die er verkaufe, betont Bauer. „Das müssten wir stand jetzt alles kleinteilig kontrollieren. Ich weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob das alles so umsetzbar ist.“

Probleme gibt
es im Notdienst

Ein weiteres Problem könnten die Not- und Nachtdienste der Apotheken sein. Der Pharmazeut der Alten Apotheke befürchtet, dass dort mehr Kunden als sonst kommen könnten, da sie sich mit Cannabis für die Nächte und Wochenenden ausstatten wollen. „Da fühlt man sich schon ein wenig zum Drogendealer degradiert“, beklagt Bauer.

Ob es überhaupt dazu kommt, steht in den Sternen. Obwohl das Bundeskabinett dem Eckpunktepapier zugestimmt hat, muss es auch einer Prüfung der EU-Kommission standhalten. Erst dann könne ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet werden, ansonsten sei das geplante Gesetz wieder vom Tisch, wie Lauterbach mitteilte.

„Die Hoffnung ist, dass es bei der Legalisierung keinen Zeitdruck gibt und das Papier alle Instanzen durchlaufen kann“, sagt Dominik Simon. Denn vor allem rechtlich sei einiges nachzubessern, da sind sich die Rosenheimer Pharmazeuten einig.

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