Rosenheim – Dass es nicht gerade günstig ist, einen Hund oder eine Katze zu halten, ist nichts Neues. Seit November müssen Besitzer eines Haustieres aber noch viel tiefer in die Taschen greifen. Mit welchen Kosten man rechnen muss und was die Neuerungen für Tierärzte bedeuten.
Die Kritik an der neuen Gebührenverordnung der Tierärzte (GOT) ist für viele Veterinärmediziner nichts Neues: Sie ist zu teuer und es besteht die Angst, dass vermehrt Haustiere im Tierheim abgegeben werden. Doch geht es nach den Veterinären, war die Erhöhung der Verordnung schon lange fällig. Für sie kommt es einige Jahre zu spät.
Anpassung
schon längst nötig
„Wir sind die Prügelknaben der Nation“, sagt Tierärztin Dr. Heike Stengel. Für sie sei die Veränderung der GOT schon längst nötig gewesen. Denn seit über 20 Jahren, seit 1999, hat sich bei diesen Kosten nichts geändert. Zwar könne sie die Sorgen der Tierbesitzer in der aktuellen Situation verstehen, doch die Erhöhung der GOT sei unvermeidlich gewesen. „Wir Tierärzte unterliegen dieser Gebührenverordnung, daran haben wir uns zu halten. Wir dürfen sie weder unterschreiten noch überschreiten, außer in Sonderfällen“, sagt Tierärztin Dr. Kati Rahn. Was der Veterinärmediziner also für seine Leistung berechnen darf, ist in der Gebührenverordnung festgelegt. Dem Kunden kann je nach Behandlung der ein- bis dreifache Satz in Rechnung gestellt werden.
Unter anderem ist die Allgemeinuntersuchung bei einem Hund von 13,47 Euro auf 23,62 Euro gestiegen. Dies betrifft den Mindestpreis nach dem einfachen Satz. Denn der Preis kann durch viele Faktoren weiter nach oben steigen. „Je umfangreicher die Leistung und der Zeitaufwand ist, desto höher können die Preise ausfallen.“, sagt Tierarzt Dr. Roman Mikus. Bei einem braven Hund daure die Allgemeinuntersuchung meistens nur wenige Minuten, da könne dem Kunde der einfache Satz in Rechnung gestellt werden. Bei einem aggressiven Hund müssen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, daher könne die Untersuchung länger dauern. Die Rechnung würde dann mit einem höheren Satz ausfallen. Doch nicht nur die Allgemein-Untersuchung bei einem Hund ist gestiegen. Laut Dr. Stengel betreffe die Erhöhung der Allgemeinuntersuchung auch die Katzenbesitzer. Der Preis ist von neun Euro ebenfalls auf 23,62 Euro gestiegen. Dies sorge bei vielen Besitzern für wenig Verständnis, doch für Dr. Stengel sei dies schon längst überfällig. In der Regel sei eine Katzenuntersuchung zeitaufwendiger als bei einem Hund. Sie könne daher nicht verstehen, wieso der Preis vorher so viel geringer war. Die Erhöhung der Gebührenverordnung betreffe außerdem Nager, Reptilien und landwirtschaftliche Tiere. „Die Tiermedizin hat sich gewandelt“, sagt Tierärztin Dr. Kati Rahn. So seien die Personalkosten, die Miete und die Gerätschaften teurer geworden. Diese Kosten können laut Rahn nicht mehr mit der alten Gebührenverordnung gedeckt werden. Allein für das Personal musste die GOT steigen. So kam es vor Kurzem zu einer Tarif-Lohnerhöhung von 20 Prozent für die Tiermedizinischen Fachangestellten. „Meinen Angestellten steht diese Lohnerhöhung zu, doch mit den vorherigem GOT hätte ich diese kaum bezahlen können.“, sagt Stengel. Aufgrund der schlechten Bezahlung sei der Beruf nicht mehr attraktiv. Es gäbe immer weniger Fachangestellte und wenn diese schwinden, dann können Tierärzte auch nicht mehr arbeiten. Doch mit der neuen Änderung treten bereits die ersten Probleme auf. Laut Dr. Rahn sei die neue Gebührenverordnung bereits 2019 in ihrer jetzigen Form erarbeitet worden. Das Gesetz wurde jedoch erst jetzt unterschrieben. „Die Gebührenverordnung wird jetzt schon der aktuellen Situation nicht gerecht. Denn die derzeitig steigenden Kosten werden nicht berücksichtigt.“, sagt Dr. Rahn. Daher sei es auch mit dieser neuen Verordnung schwierig wirtschaftlich eine Tierarztpraxis zu halten. Alle drei Tierärzte haben vor der neuen Gebührenverordnung ihre Patienten informiert. Vor ihrer Einführung wurden viele Operationen und Impfungen durchgeführt, damit die Besitzer nach der alten GOT bezahlen konnten. Auch wenn die meisten Kunden Verständnis hatten, sei für Dr. Mikus klar, dass sich im Laufe der Zeit mehr Menschen beschweren werden. „Man hätte den Ärger der Bürger umgehen können, wenn die Kosten in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen wären.“ Laut Mikus sei man dann auch bei den aktuellen Preisen, doch die Kunden hätten sich besser daran gewöhnen können. Die neue Gebührenverordnung führt bei Dr. Rahn auch zu Sorgen. „Ich habe Angst, dass die Tiere zu spät vorgestellt werden!“ Denn auch die Notdienste wurden teurer. Und dies könne viele Besitzer abschrecken. Viele Kunden wollen diese Situation umgehen und lassen dafür ihr Tier leiden. Auch für Dr. Mikus sei dies ein wichtiger Aspekt. „Kein Tier muss leiden wegen Geld!“. Ein Tier nicht zu behandeln, weil der Besitzer kein Geld hat, widerspreche seinem Berufsbild.
Nachdenken
über Versicherung
„Die Menschen müssen über eine Tierversicherung nachdenken, denn das wird die Zukunft sein.“, sagt Dr. Stengel. Dieser Vorschlag ist jedoch bei Experten für Krankenversicherungen umschritten. Während der Corona-Pandemie habe Dr. Stengel miterlebt, wie viele Menschen sich ein Haustier als psychische Stabilisierung angeschafft haben. Nach der Pandemie seien viele mit dieser Situation überfordert gewesen. Und diese Überforderung sehe sie auch bei den steigenden Tierarztkosten. „Viele Menschen kaufen sich ein Tier ohne über die Kosten nachzudenken.“ Beim Tierschutzbund könne man sich zum Beispiel ausrechnen lassen, wie viele Kosten auf einen zukommen können.