Bußgeld nach Konzertbesuch

von Redaktion

Nächtliches Durchfahrverbot in der Münchener Straße sorgt für Diskussion

Rosenheim – Ärger um das nächtliche Durchfahrtsverbot in der Münchener und Kufsteiner Straße. Seit dem 31. August darf der Bereich rund um den Salingarten zwischen 22 und 6 Uhr nicht mehr mit dem Auto befahren werden – ausgenommen sind Anlieger (wir berichteten). Die Stadt will so die „Autoposerszene“ in Rosenheim stoppen.

Polizei und Stadt sind
sich uneinig

Das Problem: Einige Besucher von Abendveranstaltungen im Kultur- und Kongresszentrum verlassen das Parkhaus des Kuko – unerlaubterweise – in Richtung Nordwest, über die Kufsteiner und die Münchener Straße. Über die Konsequenzen sind sich Stadt und Polizei nicht ganz einig. Für die Besucher kann das teuer werden.

So geschehen Anfang November: Beamte der Rosenheimer Polizei kontrollierten gegen 22.30 Uhr auf Höhe des Bekleidungsgeschäfts „H&M“ alle Fahrzeuge, die trotz Durchfahrtsverbots auf der Münchener Straße unterwegs waren. Darunter auch Besucher eines Konzerts im Kuko. „Die Polizisten haben mich belehrt und sofort ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro ausgesprochen“, sagt einer der Konzertbesucher, der aus beruflichen Gründen namentlich nicht genannt werden möchte.

„Übelste
Abzocke“

Der Mann aus dem nördlichen Landkreis berichtet, dass „sehr viele Autos“ hinter ihm ebenfalls durch die Zone gefahren seien. „Das ist die übelste Abzocke, wenn man gezielt das Konzertende abwartet“, sagt der Mann. Er habe zwar angesprochen, dass er im Kuko gewesen sei, dies habe die Beamten aber nicht interessiert. „Da hieß es nur, dass ich mich bei der Stadt beschweren kann.“

Da er die Zahlung vor Ort abgelehnt hat, habe er Anfang Dezember einen Bußgeldbescheid der Polizei per Post erhalten. „Den habe ich bezahlt, auch wenn ich die 50 Euro zu hoch finde“, sagt der Mann. Zudem seien die Verkehrsschilder auf Höhe des Sparkassengebäudes schlecht zu erkennen.

Dem widerspricht die Stadt Rosenheim. „Die Schilder zum Durchfahrtsverbot sind gut wahrnehmbar“, sagt ein Sprecher der Stadt. Die verkehrsrechtliche Anordnung gelte auch für alle Verkehrsteilnehmer, Ausnahmen für Kuko-Besucher oder Ortsfremde gebe es nicht, heißt es aus dem Rathaus.

Das bedeutet: Nur Anlieger dürfen nach 22 Uhr zwischen der Münchener Straße, Ecke Salinstraße, und der Kufsteiner Straße, Ecke Brixstraße, sowie dem letzten Teilstück der Gillitzerstraße zwischen Herzog-Otto-Straße und Münchener Straße fahren.

„Das Schwierige ist, dass im Gesetz nicht steht, wer ein Anlieger ist“, sagt Dr. Marc Herzog, Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Rosenheim. Der Advokat verweist aber darauf, dass sich vor Gericht eine Definition durchgesetzt habe. Danach sind Anlieger Personen, die ein „berechtigtes Anliegen“ zur Durchfahrt haben. Das seien meistens Anwohner oder Eigentümer der angrenzenden Grundstücke. „Das können aber auch Menschen sein, die ihren Arbeitsplatz in der Zone haben, dort zum Einkaufen oder Arzt gehen oder beispielsweise jemanden abholen oder besuchen wollen“, sagt Herzog.

Kein Grund sei hingegen, wenn die verbotene Strecke kürzer als die anderen Möglichkeiten ist. „Man kann das Parkhaus problemlos über die Brixstraße oder die südwestliche Kufsteiner Straße verlassen, daher ist das Kongress-Zentrum kein anliegendes Objekt“, erklärt Herzog. Kuko-Besucher hätten damit kein berechtigtes Interesse an der Durchfahrt, so der Anwalt.

„Gewisser
Spielraum“

Die Polizeiinspektion Rosenheim sieht bei der Auslegung der Anwohner-Regelung „einen gewissen Spielraum“. Da es im Straßenverkehrsrecht keine Definition zu „Anlieger frei“ gebe, könne das Anliegen, der Besuch des Kukos sein, sagt Robert Maurer, Polizeihauptkommissar der Rosenheimer Inspektion. Die Auslegung sei immer eine Einzelfallentscheidung. Den Vorwurf des Mannes, dass die Polizei das Durchfahrtsverbot gezielt nach Veranstaltungen kontrolliere, könne Maurer nicht nachvollziehen. „Unsere Kontrollen erfolgen punktuell und nicht gezielt“, sagt der Hauptkommissar.

Bei Florian Englert, Geschäftsführer des Veranstaltungs- und Kongress GmbH Rosenheim, hat sich hingegen noch niemand beklagt. „Wir haben am Anfang befürchtet, dass sich viele Besucher beschweren werden“, sagt Englert. Vor allem, da es in der Tiefgarage des Kukos nach den Veranstaltungen nun zu längeren Staus kommen könne. „Die Ausfahrt ist ja nur noch geradeaus oder nach rechts möglich, aber bisher klappt das gut“, sagt Englert.

Rückgang der
Beschwerden

Ob das nächtliche Durchfahrtsverbot, das sich in einer halbjährigen Testphase befindet, dauerhaft bestehen bleibt, ist noch nicht klar. „Anfang 2023 erfolgt eine genaue Bewertung, ob und wie sich das Verbot ausgewirkt hat“, teilt der städtische Sprecher mit. Allerdings, so der Sprecher weiter, seien die Beschwerden zu den Autoposern bereits zurückgegangen.

Artikel 3 von 11