Rosenheim – Südlich der Bahngleise entlang der Enzensperger- und Klepperstraße soll ein neues Stadtquartier entstehen. Nachdem sich die Mitglieder des Hauptausschusses einstimmig für die Pläne ausgesprochen hatten, gab es im Bauausschuss dann doch einige Anmerkungen.
Antwort auf
steigende Mieten
Für Abuzar Erdogan liegt der Fokus bei den Planungen rund um das Bahnareal Süd vor allem auf der Schaffung von Wohnraum. „In den nächsten Jahren wird es aufgrund der Zinslage wenig Neubauten geben“, sagte der Fraktionsvorsitzende der SPD während der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungs- und Baugenehmigungsausschusses. Als Antwort auf die steigenden Mieten, aber auch um die Stadt für Erzieher und Pflegekräfte bezahlbarer zu machen, schlug er vor, entlang der Enzensperger- und Klepperstraße Wohnheime für diese Berufsgruppen zu schaffen. „Es muss dort mehr Wohnraum als Gewerbe geben“, fügte er hinzu und erinnerte an die Planungen im nördlichen Teil des Bahnhofsgeländes. Dort habe man sich überwiegend für die Ansiedlung von Gewerbeflächen ausgesprochen – allerdings nur unter der Prämisse, dass das Augenmerk im Süden auf Wohnraum liegt.
„Unser Hauptaugenmerk sollte auf Wohnraum liegen, nicht Gewerbe“, sagte auch Dr. Beate Burkl (Freie Wähler/UP). Ihr sei zudem wichtig, ein eigenes Energiekonzept für das Viertel zu entwickeln und dass die Fuß- und Radwegebrücke Bestandteil der Ausschreibung ist. „Das ist für mich ganz entscheidend“, sagte sie. Nur so könne es ihr zufolge gelingen, die Verkehrssituation in Rosenheim zu entlasten. Oberbürgermeister Andreas März erinnerte daran, dass die Nachhaltigkeit in der Ausschreibung eine hohe Priorität habe, er sich nicht auf eine Brücke festlegen wolle und das Thema Wohnen „ausreichend berücksichtigt“ werde.
So hatte beispielsweise das Bundeseisenbahnvermögen einem Verkauf der Flächen nur dann zugestimmt, wenn 52 Prozent der Fläche für Wohnraum genutzt werden. Mindestens 33 zusätzliche Wohneinheiten sollen zudem auf der westlichen Teilfläche entstehen. Dabei soll es allerdings nicht bleiben. Jedenfalls wenn es nach den Stadträten geht. Denn anders als die Verwaltung, die sich ursprünglich dafür einsetzte, den Anteil der Wohnungen aufgrund des Lärms und des Bedarfs an Gewerbeflächen so gering wie möglich zu halten, forderte man aus dem Gremium genau das Gegenteil.
Warum das Thema Gewerbe trotz allem nicht vernachlässigt werden darf, erklärte Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl einige Tage nach der Sitzung auf OVB-Anfrage. „Gewerbeflächen sind die Voraussetzung, um Unternehmen ansiedeln zu können, Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen und Gewerbesteuereinnahmen zu erwirtschaften“, sagte er. Ohne Gewerbeflächen wären die finanziellen Möglichkeiten jeder Kommune eng begrenzt.
Für das Bahnareal Süd sei Bugl zufolge ein urbanes Gebiet geplant. „An dieser Grundsatzentscheidung hat der Stadtrat festgehalten“, sagte der Wirtschaftsdezernent. Ein urbanes Gebiet sehe die Unterbringung von Gewerbebetrieben ausdrücklich vor. „Es geht also nicht um Wohnraum statt Gewerbe, sondern um eine städtebaulich spannungsfreie Ansiedlung sowohl von Wohnen als auch von Gewerbe“, fügt er hinzu. Wobei die Lärmimmissionen des Gewerbes seiner Meinung nach höher sein dürften als beispielsweise in einem Mischgebiet.
Bleibt die Frage, ob mit Blick auf das vermehrte Homeoffice überhaupt noch zusätzliche Gewerbeflächen in der Stadt benötigt werden. „Nach Einschätzung unserer Wirtschaftsförderungsagentur sind die Defizite beim Angebot an Büroflächen in Rosenheim weniger gravierend als bei robusten Gewerbeflächen“, erklärte Bugl. Gemeint seien beispielsweise Flächen für Industrie- und Handwerksbetriebe.
Supermärkte,
Drogerien und Bäcker
Während im Bahnhofsareal Nord ein großes Angebot an Büroflächen auf den Markt komme, fehle es an robusten Gewerbeflächen. „Da haben wir trotz des neuen Gewerbegebiets Brucklach erheblich mehr Nachfrage als Angebot“, sagte der Wirtschaftsdezernent. Doch diese Situation wird sich auch nach der Entwicklung des Bahngeländes Süd nicht ändern. Zumindest dann nicht, wenn es beim urbanen Gebiet bleibt. Denn hier darf sich – laut Gesetz – nur Gewerbe ansiedeln, das keinen Lärm verursacht. Heißt: Lebensmittelgeschäfte, Drogerien, eine Bäckerei oder aber kleine Handwerksbetriebe, die das Wohnen lärmtechnisch nicht beeinträchtigen. Anna Heise