Hilfe für Opfer von Gewalt und Mobbing

von Redaktion

Gewalt, Mobbing und Ausgrenzung: Seit Jahren ein Problem bei Kindern und Jugendlichen – selbst an Rosenheimer Grundschulen. Mit einem Präventionsprojekt wollen Polizei und Schulen das Thema mehr in den Vordergrund rücken und Tipps geben, wie Lehrer und auch Eltern Mobbing besser erkennen können.

Rosenheim/Pang – Viele Schüler machen bereits in der Grundschule Erfahrungen mit Mobbing und sowohl psychischer als auch körperlicher Gewalt. Das berichten Polizei und Lehrkräfte aus Rosenheim. Und das belastet in vielen Fällen den Schulalltag und die Gesundheit der Kinder. Ein Präventionsprojekt der Polizei und des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) soll nun alle Beteiligten in der Region Rosenheim besser auf solche Vorfälle vorbereiten. Den Anfang machte die Grundschule Pang.

Projekt seit zwölf
Jahren an Schulen

Seit zwölf Jahren gebe es das Projekt „Schule ohne Gewalt – pack ma´s“, welches von der Dominik-Brunner-Stiftung, die sich für öffentliches Bewusstsein gegen Gewalt einsetzt, gefördert wird, berichtet Tanja Stockmann, Seminardirektorin des Projekts und Lehrerin an der Grundschule Pang. Über 5000 Lehrkräfte seien seither zu Trainern für eine gewaltfreie Schule ausgebildet worden.

„Die präventive Schulung ist sehr wichtig, da es an Schulen immer mal wieder zu Gewalt oder Mobbing kommt“, sagt Stockmann. Für die Lehrkräfte sei es oftmals schwierig, insbesondere Mobbing-Vorfälle frühzeitig zu erkennen. „Das passiert bei den Schülern meist unterschwellig“, sagt die Lehrerin. Das bestätigt Ralph Kappelmeier, Seminarleiter des Projekts und Polizist aus München. Er berichtet, dass es unterschiedliche Formen von Gewalt und Mobbing gebe. Grundsätzlich gehöre Mobbing zur psychischen Gewalt. „Und da gehört vor allem die Ausgrenzung einzelner Schüler fast schon zur Tagesordnung“, sagt Kappelmeier am Telefon.

Dies zeige sich zum Beispiel, wenn Kinder im Pausenhof vermehrt alleine spielen anstatt sich Gruppen anzuschließen oder nicht zu Klassenchats in Sozialen Medien eingeladen werden.

Denn auch Cybermobbing nehme in den vergangenen Jahren bereits in den unteren Klassen zu. Vereinzelt komme es auch zu Prügeleien oder anderen Gewaltausbrüchen. Das seien aber eher Ausnahmen. „Bei uns gab es das glücklicherweise noch nicht“, sagt Stockmann.

Aktuelle Zahlen zu Vorfällen an Rosenheimer Schulen konnte Kappelmeier, ebenso wie die Rosenheimer Polizei, die für eine OVB-Anfrage nicht zu erreichen war, nicht nennen. In München seien es 2021 dem Seminarleiter zufolge rund 650 Fälle gewesen, welche die Polizei registriert hat. Diese Zahl sei seit einigen Jahren gleichbleibend. Die Dunkelziffer könne aber höher sein, so der Polizist.

„Man muss bedenken, dass Mobbing auch immer ein individuelles Empfinden ist“, sagt Kappelmeier. Es gehe darum, zu verstehen, dass jede Form von Gewalt für die betroffenen Kinder schmerzhaft ist. „Mobbing ist eben nicht nur ein bisschen ärgern.“ Es sei daher wichtig, die Lehrkräfte darauf zu schulen, besonders aufmerksam zu sein und auf kleinste Wesensveränderungen zu achten.

Das sei aber nur ein Teil des Kursprogrammes, an dem in Pang 27 angehende Lehrkräfte aus der Region im Rahmen ihrer beruflichen Ausbildung teilnahmen. Insgesamt seien fünf Themenkomplexe behandelt worden. Darunter Förderung von Zivilcourage, Stärkung von Gemeinschaft und Vertrauen, Umgang mit Konflikten und Gewalt, Aufzeigen von Handlungsalternativen sowie die Förderung der Empathie. Die Blöcke werden mit Rollenspielen, darunter viele Vertrauensübungen, umgesetzt. „So können sich die Erwachsenen besser in die Gefühlslage der Kinder hineinversetzen und nachvollziehen, wie es sich anfühlt, ausgegrenzt zu werden“, erklärt Stockmann.

Im Anschluss geht es darum, die gelernten Inhalte auch den Schülern zu vermitteln. „Die Spiele sollen regelmäßig über einen längeren Zeitraum in den Klassen wiederholt werden“, sagt die Lehrerin. Nach allen Übungen sollen sich die Schüler offen über ihre Gefühle und Erfahrungen austauschen. Auf diese Weise könne man den Kindern frühzeitig Möglichkeiten an die Hand geben, wie sie Konflikte gewaltfrei lösen können.

Gespräche
können helfen

Doch auch Eltern könnten Kappelmeier und Stockmann zufolge genauer auf Mobbing-Anzeichen achten. Diese seien zum Beispiel, wenn sich die Kinder zurückziehen, weniger von der Schule erzählen oder vermehrt ihre Unlust äußern. „Vor allem Jüngere wünschen sich eine Anlaufstelle zum Reden“, sagt Kappelmeier. Und viele Einzelgespräche – sowohl mit den Tätern als auch Opfern – zu führen, sei das A und O. Das gelte für die Eltern gleichermaßen wie für Lehrkräfte.

Die nächsten Fortbildungstage für Lehrer aus der Region finden am 6. und 7. Februar 2023 an der Mittelschule in Kolbermoor sowie am 2. und 3. März an der Grundschule Raubling statt.

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