Rosenheim – Hin und wieder bekommt Till Hofmann dann doch Ärger mit seiner Frau. „In unserem Haus liegt immer etwas rum. Aber wenn man etwas kreieren will, ist das eben so“, sagt der „Igl-Bua“. Der 64-Jährige ist der Sohn des bekannten Designers Ernest „Igl“ Hofmann und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Entwürfe und Ideen seines Vaters für die Nachwelt zu erhalten – und manche von ihnen weiterzuentwickeln.
Neue Märkte
für einen Zirkel
Erst vor zwei Jahren erschloss er gemeinsam mit seinem Sohn Tom neue Märkte für einen Zirkel, dessen Kugelkopf extra so angefertigt wurde, dass Kinderhände ihn besser greifen können. Die entsprechenden Skizzen dazu fand er in den Unterlagen seines Vaters. Denn als Ernest Hofmann im Alter von 81 Jahren starb, hinterließ er seinem Sohn nicht nur sämtliche Rechte, sondern auch Hunderte von Skizzen und Entwürfen. Einen ersten Einblick, wie groß dieses Vermächtnis tatsächlich ist, gab es bei der Ausstellung „Made in Rosenheim – Design und Werbung aus 100 Jahren“, die 2020 in der Städtischen Galerie gezeigt wurde.
Seitdem verging kaum ein Tag, an dem Till Hofmann nicht durch die Unterlagen seines Vaters blätterte. Er las seine Notizen, machte sich Anmerkungen und tüftelte an neuen Ideen. So entstand auch der Plan, einen Klebefilmroller auf den Markt zu bringen. „Wir haben mit den Arbeiten vor rund drei Jahren begonnen – zum 100. Geburtstag meines Vaters“, erinnert sich Till Hofmann. Bereits sein Vater habe davon geträumt, einen Klebefilmroller zu entwerfen, der gut in der Hand liegt und bei der sich ein Stück Klebestreifen einfach – und wenn möglich einhändig – abtrennen lässt.
„Alle unsere Produkte, die jetzt auf den Markt kommen, sollen aus recyceltem, beziehungsweise recycelbarem Material bestehen. Das haben wir uns auf die Fahne geschrieben“, sagt Hofmann. Aus diesem Grund kann die Klinge seines Klebefilmabrollers – anders als bei den meisten Modellen – herausgenommen werden. „Das haben wir hinsichtlich des Werkzeugbaus der Rosenheimer Firma Innovasia zu verdanken“, sagt der „Igl-Bua“.
Während der Klebefilmabroller in der Schweiz bereits auf dem Markt ist und dort für 5,99 Euro das Stück verkauft wird, ist der Absatz in Deutschland Hofmann zufolge mit mehr Aufwand verbunden. „Dort wird im Einkauf um jeden Cent gekämpft, den schließlich konkurriert man vornehmlich mit asiatischen Preisen“, sagt er.
Davon aus der Ruhe bringen lässt sich Till Hofmann nicht. Auch weil er von dem Produkt überzeugt ist. „Die Kreativität liegt bei uns in der Familie. Ganz normal waren wir alle nicht“, sagt er und lacht. Schon als Bub habe er seinem Vater über die Schulter geschaut und dessen Genialität bewundert.
1920 in Prag geboren, verbrachte Ernest „Igl“ Hofmann den Beginn seiner Karriere damit, Schulbücher zu illustrieren, Aktbilder zu malen und Gießkannen zu entwerfen. Über die Jahre wurde er immer bekannter – unter anderem auch in Hollywood. Die Filmemacher des Blockbusters „Men in Black 3“ statteten die Agentenzentrale mit Schreibtischen aus, die Hofmann entworfen hatte. Zudem entwickelte er ein Präzisionsmikroskop für Leica, einen Rodelschlitten für das Unternehmen Fritzmeier und Gummistiefel für Romika. Zahlreiche dieser Ideen entstanden in seinem Haus Am Mitterfeld, in dem er gemeinsam mit seiner Frau und den drei Kindern lebte. „Ich habe viele Ideen überarbeitet und überlegt, wie man sie funktionaler, moderner und langlebiger machen kann“, sagt Till Hofmann.
So auch den Klebefilmabroller. Eine ähnliche Idee hatte Ernest „Igl“ Hofmann – so geht es aus seiner Biografie hervor – bereits am Anfang seiner Karriere. Der Gedanke sei gewesen, ein „Ei“ zu entwickeln, welches Grafiker und Dekorateure wie ein Werkzeug in der Tasche tragen konnten – aber auch als Spielzeug während des Telefonierens oder zum Abreagieren von Nervosität nutzen konnten. Die Ei-Form sei damals jedoch relativ schnell von einer Trapezform abgelöst worden, nur um Jahrzehnte später von Till Hofmann aus der Schublade geholt zu werden. Modernisiert und perfektioniert, wie er sagt.
Er habe bereits knapp 100000 Klebefilmroller von der in Rott ansässigen Firma Fun GmbH herstellen lassen – eine große Anzahl für ein vierköpfiges Unternehmen. Bedenken, diese unter die Leute zu bringen, hat Hofmann nicht. „Die Arbeit macht mir unheimlich viel Spaß. Und der großartige Absatz in der Schweiz sowie das Interesse großer Unternehmer aus dem EU-Markt zeigen, was künftig noch möglich ist.“