Rosenheim – Wieder verabschiedet sich ein Rosenheimer Traditionsbetrieb: Das Unternehmen Angerer schließt am kommenden Wochenende – und damit eine der letzten Metzgereien Rosenheims. Metzgermeister Eugen Bruckdorfer ist erkrankt. Das und der Fachkräftemangel bedeuten das Ende für die Metzgerei, die seit 107 Jahren bestand.
In den 1960er-Jahren gab es im Stadtgebiet noch 32 Metzgereien. Übrig geblieben sind davon nur noch zwei große und drei kleinere Metzgereibetriebe – eine davon ist die Metzgerei Angerer. Gegründet wurde sie im Jahr 1916 von Georg Angerer. Als ältestes von sechs Kindern musste sich der junge Traunsteiner auf Drängen seines Vaters eine eigene Existenz aufbauen und erwarb gemeinsam mit seiner Frau Therese einen kleinen, bescheidenen Betrieb in der Nikolaistraße 3 im Herzen der Stadt. 1920 legte Georg seine Meisterprüfung ab und durfte sich, wie aus dem Gewerbekataster hervorgeht, ab 1921 „Viehaufkäufer für den eigenen Betrieb“ nennen.
Schwere
Gründerjahre
Die Gründerjahre müssen für den jungen Metzgermeister sehr schwer gewesen sein, denn seine Frau verstarb bereits im Alter von 38 Jahren und somit war es an ihm, neben der Arbeit auch noch die fünf Kinder zu erziehen. Der älteste seiner Söhne, auch er hieß Georg, übernahm den Betrieb 1928 und lenkte ihn mit Geschick und Können zusammen mit seiner Frau Katharina durch die folgenden unsicheren Krisen- und Kriegsjahre.
Bereits 1938 verfügte die Metzgerei Angerer über eine eigene Kühlanlage und galt damit als modernster Betrieb in der Stadt. Mit Tochter Maria Angerer stieg auch die nächste Generation in das Unternehmen mit ein. Maria heiratete 1952 den aus dem Sudetenland geflüchteten Josef Tschiesche. Die beiden erwarben das Nachbarhaus und damit stand der Expansion mit weiteren Kühlanlagen und umfangreichen Modernisierungsmaßnamen nichts mehr im Weg. Die Erfolgsgeschichte ging weiter, als mit Georg Tschiesche der älteste Sohn das Familienunternehmen übernahm. Zusammen mit seiner Ehefrau Eva führte auch er die Metzgerei 45 Jahre mit enorm viel Fleiß und Leidenschaft. Regionalität war den beiden von Anfang an enorm wichtig. Die Tiere hat Georg Tschiesche direkt bei den Bauern in der Region eingekauft und abgeholt. Vor sechs Jahren musste sich Georg Tschiesche dann aufgrund einer Erkrankung aus dem Arbeitsleben zurückziehen.
Es fehlt
an Personal
Das Unternehmen konnte aber weiter am Leben erhalten werden, weil sich mit Eugen Bruckdorfer, einem Metzger, der schon 30 Jahre bei der Metzgerei Angerer gearbeitet hat, jemand fand, der die Tradition weiterführte. Nun zwingt aber auch ihn eine Erkrankung zur Aufgabe des Geschäfts und damit steht Metzgerei Angerer nun endgültig vor dem Aus. „Das Hauptproblem ist der Fachkräftemangel. Es fehlt einfach an Personal und damit sehen wir leider keine Chance mehr weiterzumachen“, erklärt Eugen Bruckdorfer.
Von dieser Entscheidung betroffen ist auch der beliebte Angerer-Würstlstand auf dem Max-Josefs-Platz, den es seit dem Bau der Fußgängerzone gibt. „In den Würstlstand haben wir viel Herzblut hineingesteckt und unser Nachfolger auch“, sagt Georg Tschiesche. Er und seine Frau suchen nach einer Möglichkeit, den Würstlstand zu erhalten: „Damit ein Stück der Tradition am Leben bleibt“.