Rosenheim – Seit Jahren besucht Musikliebhaberin Eva-Maria Glofke-Schulz Veranstaltungen im Kultur- und Kongress-Zentrum – obwohl sie blind ist. Möglich macht ihr das ihr Assistenzhund Mäxchen. Der Anspruch, dass Personen mit Assistenzhund Zutritt zu öffentlichen Veranstaltungen haben, ist per Gesetz geregelt. Nie hatte Glofke-Schulz im Kuko Probleme – nur am vergangenen Donnerstag war es anders – ausgerechnet bei der Show des Hundetrainers Martin Rütter.
Eigentlich ruft Eva-Maria Glofke-Schulz nicht vorher im Kuko an. Aber am vergangenen Donnerstag tat sie es ausnahmsweise: „Als ich erfuhr, dass es in der ausverkauften Veranstaltung freie Platzwahl gab, hielt ich es für ratsam, um eine Platzreservierung zu bitten“, erklärt sie.
Viele Auflagen für
die zwei Vierbeiner
Doch an diesem Donnerstag ist das alles plötzlich schwierig. Der Veranstalter, so heißt es, will ihr und ihrer Freundin Sarah Kamhuber, die ebenfalls mit Assistenzhund kommt, keinen Einlass gewähren. Sie hätte sich fünf Tage im Voraus anmelden müssen. Dies sei auch auf der Homepage des Veranstalters zu lesen. „Doch wer schaut schon auf die Homepage des Veranstalters?“, fragt Glofke-Schulz. Aber am Ende ruft der Veranstalter an, Eva-Maria Glofke-Schulz und Sarah Kamhuber seien willkommen.
Aber es gibt Auflagen. So sollen sie diverse Unterlagen mitbringen, wie die Haftpflichtpolice für die Hunde und ein ärztliches Attest. Außerdem dürften sie erst 30 Minuten nach offiziellem Einlass kommen und freie Platzwahl hätten sie auch nicht. Glofke-Schulz ist irritiert, genauso wie die Mitarbeiter im Kuko. Als sie um 19.40 Uhr vor dem Kuko eintrifft, steht da bereits ein Empfangskomitee. „Ein Aufmarsch an Security – die Sicherheit am Flughafen ist ein Dreck dagegen“, sagt sie.
Drohung
mit der Polizei
Glofke-Schulz soll die Haftpflichtpolice für ihren Hund, ihren Schwerbehindertenausweis und ein ärztliches Attest über die Notwendigkeit des Assistenzhundes vorzeigen. Das will sie aber nicht. Denn es gehe niemanden etwas an und Mäxchen ist klar als Assistenzhund gekennzeichnet. Nach langen, wenig fruchtbaren Diskussionen und unter der Androhung, die Polizei zu rufen, berichtet Glofke-Schulz, habe man ihr und ihrer Freundin dann Zutritt gewährt. Spaß hatten sie keinen nach dieser Vorgeschichte, einen guten Platz gab es ohnehin nicht mehr.
Der Veranstalter, Groß-Obermeier-Konzerte, wollte sich auf OVB-Anfrage nicht zu den Vorgängen äußern. Geschäftsführer Alfred Obermeier verweist lediglich darauf, dass man bestehende Gesetze einhalten wolle. Das Behindertengleichstellungsgesetz regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie eben die zwingend vorgeschriebene Haftpflichtversicherung und dass der Assistenzhund kenntlich sein muss. Und entscheidend: Assistenzhunde dürfen auch dorthin, wo ihre unausgebildeten Artgenossen nicht hinein dürfen – eben zum Beispiel ins Kuko. Ob der Veranstalter all die Auflagen kontrollieren muss, oder überhaupt darf, steht dort allerdings nicht.
Verweis auf
die Homepage
Obermeier verweist auf die gleiche Veranstaltung einen Tag später in Passau. Dort hätten ebenfalls Menschen mit Assistenzhunden teilgenommen und sich an die genannten Auflagen gehalten, die auch auf seiner Homepage nachzulesen seien.
Der aus seiner Fernsehsendung bekannte Hundetrainer Martin Rütter äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage der OVB-Heimatzeitungen. Aus seiner Agentur war lediglich zu hören, dass „wir auch alle baff waren, als wir das gehört haben“, so ein Sprecher.
Der Veranstalter habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, dass es vor Ort zu der Situation gekommen ist, sei natürlich bedauerlich. Am Ende sei es Martin Rütter selbst zu verdanken, dass Eva-Maria Glofke-Schulz und Sarah Kamhuber doch noch teilnehmen durften.
Auch Rosenheims Beauftragte für Menschen mit Behinderung ist entsetzt: „Ich kann es gar nicht fassen“, erklärt Christine Mayer gegenüber dem OVB: „Das ist ja der Wahnsinn, dass das ausgerechnet bei einer Hundeshow passiert.“ Ähnliche Berichte, dass Assistenzhunde irgendwo nicht hinein dürften, kennt sie nur aus grauer Vorzeit und da wäre es um Lebensmittelgeschäfte gegangen. Inzwischen sei die Gesetzeslage eindeutig: Die Hunde dürften überall hin. Für Mayer ist – wenn das alles so passiert ist – das ein klarer Fall von Diskriminierung. „Der Hund ist ein Hilfsmittel“, erklärt sie, „und das ist ungefähr so, als ob der Rollstuhlfahrer seinen Rollstuhl nicht mitnehmen dürfte.“
Dass Glofke-Schulz die geforderten Dokumente nicht vorweisen wollte, kann Mayer verstehen. „Das geht niemanden etwas an, warum genau jemand den Assistenzhund braucht.“ Wieder strebt sie den Vergleich zu Rollstuhlfahrern an: „Da sagt auch keiner, jetzt stehen Sie mal auf, damit wir sehen können, ob Sie wirklich nicht laufen können.“
Kuko spendiert Freikarten
Das Kuko selbst habe da leider keine Handhabe, wie Leiterin Susanne Baumgartner gegenüber den OVB-Heimatzeitungen erklärte: „Wir sind da nur der Vermieter“, und als solcher trete man das Hausrecht – also auch den gesamten Einlass – an den Veranstalter ab. „Von den Schilderungen von Frau Glofke-Schulz war ich selber erschüttert“, erklärt sie. Bei anderen Veranstaltungen habe es mit Mäxchen nie ein Problem gegeben.
Aber etwas Gutes hat der Abend vielleicht dennoch: Das Kultur- und Kongress-Zentrum schenkt Eva-Maria Glofke-Schulz eine Freikarte für eine Veranstaltung ihrer Wahl. Und darauf freut sich der geschätzte Stammgast bereits.