Rosenheim – Über die Rosenheimer Stadtgrenzen hinweg ist seit Jahresbeginn Pfarrer Fabian Orsetti im Einsatz. Neben dem Pfarrverband Stephanskirchen leitet er zusätzlich die Stadtteilkirche Am Wasen als Nachfolger von Domkapitular Pfarrer Daniel Reichel. Seit 50 Tagen arbeitet er dort als Pfarradministrator – solange, bis ein neuer Pfarrer für den Rosenheimer Süden gefunden ist. Wie er die ersten 50 Tage erlebt hat, was ihm an seinem neuen Arbeitsweg besonders gut gefällt und warum er sich als Wegbegleiter sieht, verrät er im OVB-Interview.
Sie sind seit 50 Tagen Pfarradministrator der Stadtteilkirche Am Wasen. Wie wurden Sie empfangen?
Überaus freundlich und wohlwollend. Da ist anfangs natürlich auch ein wenig Neugierde dabei: Wer ist denn dieser Neue überhaupt? Das gehört dazu. Außerdem muss ich immer wieder erklären, was denn ein Pfarradministrator ist und, dass ich nur übergangsweise mit der Leitung der Stadtteilkirche beauftragt bin. Diese Aufgabe und Herausforderung habe ich gerne angenommen.
Hatten Sie bereits die Möglichkeit, die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter in den drei Pfarreien kennenzulernen?
Mit dem Seelsorgeteam und dem Kirchenmusiker bin ich von Anfang an in engem Austausch. Denn ich nehme an den Dienstbesprechungen teil. Auch mit dem Verwaltungsleiter und den Pfarrbüros stehe ich in wöchentlichem Kontakt. Es ist wirklich schön, dass es so viele engagierte Ehrenamtliche in unserer Stadtteilkirche gibt, die für ein lebendiges kirchliches Leben in den Pfarreien sorgen. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich kann jedoch neben meiner Hauptaufgabe als Pfarrer des Pfarrverbands Stephanskirchen nur punktuell vor Ort sein. Ich freue mich aber auf hoffentlich viele Begegnungen mit den Ehrenamtlichen.
Konnten Sie schon alle Kirchen und Kapellen besuchen?
Ich arbeite mich jedenfalls gut vor. In den meisten Kirchen konnte ich sogar bereits Gottesdienste feiern, da erlebt man einen Kirchenraum ja nochmal ganz anders. Was mir aber schon besonders auffällt ist, wie gut die Kirchen am Wasen in Schuss und gepflegt sind. Da spürt man die Liebe der Gemeinden zu ihrem Gotteshaus.
Was gefällt Ihnen besonders im Rosenheimer Süden?
Jedes Mal, wenn ich bei klarer Sicht von Stephanskirchen Richtung Süden fahre, fasziniert mich der wunderbare Blick auf die Bergkulisse, vor der sich die Kirchen der Stadtteilkirche auftun. Abgesehen davon, habe ich nicht nur einen schönen Blick, sondern auch ein gutes Gefühl. Denn ich konnte schon viele so positiv eingestellte Menschen kennenlernen, dass man sich doch schnell wohlfühlt.
Wo sehen Sie Ihre Schwerpunkte als Seelsorger?
Den Schwerpunkt sehe ich tatsächlich in der Weitergabe des Glaubens und der Feier der Sakramente. Und zwar in dem Sinne, dass sie ganz besonders die Nähe Gottes zum Ausdruck bringen. Den Menschen zu vermitteln, dass Gott da ist und mitgeht ist mir in meiner Arbeit sehr wichtig, denn daraus speist sich alles andere – gerade in den Unsicherheiten, Umbrüchen und Aufbrüchen dieser Tage.
Funktioniert das „Nebeneinander“ Ihres bisherigen Pfarrverbandes Stephanskirchen und der neuen, benachbarten Stadtteilkirche Am Wasen?
Den Stephanskirchnern muss ich da erstmal ein großes Lob aussprechen, denn sie tragen die Situation mit und unterstützen mich! Wenn ich vermehrt in Rosenheim präsent bin und Gottesdienste übernehme, bedeutet es nun mal, weniger in Stephanskirchen zu sein. Ich denke, dass sich das aber auch mit der Zeit einspielen wird. Mir ist wichtig zu betonen, dass dies nur möglich ist, weil ich mich auf starke pastorale Teams – sowohl in der Stadtteilkirche Am Wasen, als auch im Pfarrverband Stephanskirchen – stützen kann.
Welche Herausforderungen gibt es in diesem Zusammenhang? Kann die gewohnte Gottesdienstordnung weiter angeboten werden?
Die Gottesdienstordnung wurde nach der Verabschiedung von Pfarrer Reichel bereits angepasst und braucht aktuell nicht verändert zu werden. Eine Herausforderung sehe ich im gemeinsamen Ringen in der Frage, was eine Pfarrgemeinde heute leisten kann und leisten soll und was auch aufgegeben werden darf oder muss. Was ist unser Auftrag als Christen unserer Zeit und an unserem Ort? Dies ist nicht allein Aufgabe des Pfarrers oder des pastoralen Teams, sondern wir müssen uns dem gemeinsam stellen – mit den Gremien und allen Ehren- und Hauptamtlichen.
Grundsätzlich soll ein neuer Pfarrer für den Rosenheimer Süden gefunden werden. Wie lange dies dauert, ist jedoch ungewiss. Erschwert dies Ihre Aufgabe?
Die Frage, wie es personell weitergeht und wann ein neuer Pfarrer kommt, ist derzeit in der Stadtteilkirche sehr präsent. Ich sehe mich als Wegbegleiter der derzeitigen Situation, der diese Ungewissheit ein Stück mitträgt und mit aushält. Ich neige aber nicht dazu, nun alles schlecht zu sehen, sondern diese Zeit als Aufbruch zu sehen, aus dem wieder etwas Neues erwachsen kann. Die Kirchengeschichte steckt voller Aufbrüche. Nur dadurch ist Weiterentwicklung möglich.
Haben Sie sich schon mit Ihren Stadtpfarrer-Kollegen Prodekan Sebastian Heindl und Andreas Maria Zach ausgetauscht?
Ja, ich bin als Pfarrer von Stephanskirchen schon lange Mitglied im Dekanatskapitel Rosenheim. Wir standen also bereits bisher in gutem Austausch. Nun werde ich auch an den Stadtpfarrer-Treffen teilnehmen. Von meinen Pfarrerskollegen Heindl und Zach wurde mir schon signalisiert, dass ihnen an einem guten Miteinander gelegen ist. Darauf freue ich mich.
Interview: Martin Aerzbäck