Ein „Babyfenster“ für Rosenheim

von Redaktion

Romed-Klinik prüft mögliche Einrichtung auf ihrem Gelände – Zahlreiche Spenden

Rosenheim – Seit dem Fund eines Neugeborenen im Hinterhof eines Hotels ist in der Stadt eine Debatte über die Notwendigkeit einer Babyklappe entbrannt. Nachdem sich die CSU in einem Antrag für die Einrichtung stark gemacht hatte, verkündete Oberbürgermeister Andreas März im Stadtrat jetzt, wie es weitergehen soll.

Die Nachricht hatte sich März bis zum Schluss aufgehoben: In Rosenheim soll die Einrichtung einer Babyklappe am Romed-Klinikum geprüft werden. Dafür hatten sich die Mitglieder des Aufsichtsrats des Romed-Klinikums ausgesprochen. Das bestätigte auch Elisabeth Siebeneicher, Pressesprecherin der Romed-Klinik. „Die Einrichtung einer Babyklappe am Romed-Klinikum Rosenheim wird von allen Beteiligten nun mit höchster Priorität verfolgt“, sagt sie auf OVB-Anfrage.

Signalanlage
und Infobroschüren

Ihr zufolge sollte sich auf dem Klinikgelände ein geeigneter Ort finden lassen, um eine Babyklappe einzurichten, die sämtlichen Vorgaben entspricht. Wichtige Kriterien seien beispielsweise eine babygerechte Ausstattung mit einem gewärmten Bettchen, mehrsprachige Informationsbroschüren sowie eine Signalanlage für das zuständige Klinikpersonal, die mit geringem Zeitverzug aktiviert wird, wenn die Klappe geöffnet wurde. Eine Videoüberwachung gibt es laut Siebeneicher aktuell nur im Bereich der Zentralen Notaufnahme. „Eine Videoüberwachung im Bereich oder auf dem Weg zu einer Babyklappe würde dem Konzept einer Babyklappe widersprechen“, teilt die Pressesprecherin mit.

Anlass für die Debatte über die Notwendigkeit einer Babyklappe war das am Donnerstag, 9. März, aufgefundene Neugeborene im Hinterhof des Hotels „Wendelstein“.  Franz Reindl, der Eigentümer des Hotels, und einer seiner Gäste hatten am Morgen des 9. März, kurz vor acht Uhr, ein Wimmern im Hinterhof gehört. Als sie sich umsahen, entdeckten sie in einer Ecke einen Stoffbeutel – mit einem Neugeborenen darin. Das ausgesetzte Mädchen ist mittlerweile wohlauf und wird an eine Pflegefamilie vermittelt. Die mutmaßliche Mutter, eine 27-jährige Einheimische, sitzt in Untersuchungshaft.

Nur kurze Zeit nach dem Fund des Säuglings reagierte die CSU und forderte die Stadtverwaltung auf, unter Einbeziehung des Romed-Klinikums die Einrichtung einer Babyklappe im Rosenheimer Stadtgebiet zu prüfen. Unterstützung erhielten sie vom Förderverein der Kinderklinik Rosenheim um Schirmherrin und CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig. „Dass der Förderverein auch hier Verantwortung übernehmen will, ist großartig. Um das Leben von Säuglingen zu retten, darf nichts unterlassen werden, das helfen kann“, sagt Ludwig.

Bereits in der Vergangenheit kündigten sie und die Vereinsvorsitzende Mihaela Hammer an, die Einrichtung einer Babyklappe finanziell zu unterstützen. „Mittlerweile sind bereits Spenden in Höhe von 25000 Euro zusammengekommen“, sagte CSU-Stadtrat Florian Ludwig während der Sitzung des Stadtrates. Wieviel Geld die Einrichtung einer Babyklappe tatsächlich kostet, kann Elisabeth Siebeneicher im Moment nur schätzen. „Von Kosten in Höhe eines fünfstelligen Betrages ist auszugehen“, sagt sie. Der finanzielle Aufwand sei auch davon abhängig, wo auf dem Klinikgelände die Babyklappe eingerichtet werden kann und welche Installations- und Umbaumaßnahmen dafür notwendig sind.

Etwas mehr Aufschluss gibt ein Blick nach Landshut. Hier gibt es seit 2001 eine Babyklappe. „Die Klappe hat damals um die 10000 Euro gekostet“, sagt Bernhard Brand, Geschäftsführer des Kinderkrankenhauses St. Marien. Für die Einrichtung einer Babyklappe hat sich mittlerweile auch der Landkreis Traunstein ausgesprochen. Grund hierfür war der Fund eines toten Säuglings in der Gemeinde Ruhpolding. „Die Babyklappe wird – wegen der Kinderstation vor Ort – am Standort Traunstein installiert werden“, sagt Kathrin Bauer, Pressesprecherin des Landratsamtes Traunstein. Wieviel die Einrichtung kostet und wann sie abgeschlossen sein wird, könne erst festgestellt werden, sobald die Umsetzung konkretisiert ist. „Es handelt sich dabei nämlich um eine Maßanfertigung, die durch einen Fassadenbauer angefertigt werden muss. Voraussetzungen sind hier natürlich zeitliche und personelle Kapazitäten, die derzeit in der Baubranche beschränkt sind“, erklärt Bauer.

Die Lage der Babyklappe soll laut der Pressesprecherin Diskretion bieten, sodass eine Mutter unerkannt bleibt. Außerdem muss eine entsprechende Alarmsteuerung installiert und abgestimmt werden, welche Schritte konkret durch wen erfolgen. So muss beispielsweise das Jugendamt zeitnah informiert und in die Betreuung des Kindes eingebunden werden. „Die Einrichtung der Babyklappe ist – neben der bereits existierenden vertraulichen Geburt in unserem Landkreis – ein weiterer Baustein für den Schutz von Neugeborenen“, sagte Landrat Siegfried Walch.

Vertrauliche Geburt
mehr bewerben

Wie es in Rosenheim weitergeht, soll sich in den kommenden Wochen entscheiden. SPD-Stadträtin Elisabeth Jordan erinnerte während der Stadtratssitzung noch einmal daran, wie wichtig es sei, neben der Babyklappe auch auf das Angebot der vertraulichen Geburt aufmerksam zu machen. Diese ermöglicht eine anonyme Entbindung mit medizinisch betreuter Versorgung für die Frau und das Kind – in einem sicheren Umfeld. CSU-Stadträtin Ulrike Plankl schloss sich ihrer Vorrednerin an und setzte sich zudem dafür ein, in Zukunft nicht mehr das Wort „Babyklappe“ zu verwenden. „Ein Kind in die Klappe zu legen, ist mehr als unpassend“, sagte sie. Stattdessen schlug sie vor, von einem „Babyfenster“ zu sprechen.

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