Rosenheim – Der Fachkräftemangel in den Kitas in Rosenheim ist immens. Weil Personal fehlt, müssen einige Kindertagesstätten früher schließen. Das bekommt nun auch das Romed-Klinikum zu spüren. Denn nicht selten müssen Ärzte früher Schluss machen, um ihre Kinder abzuholen. Für alle Beteiligten ein Riesenspagat.
Für Alexandra Mayer-Karle waren die vergangenen Wochen alles andere als einfach. Die junge Mutter hatte viel zu organisieren. Sie arbeitet als Ärztin in der Notaufnahme des Romed-Klinikums, ihre Kinder besuchen eine Rosenheimer Kita. Während sie und ihr Mann Beruf und Familie in der Vergangenheit gut unter einen Hut bringen konnten, ist es seit April zunehmend schwerer geworden. Denn aufgrund des Personalmangels hat die Kita die Öffnungszeiten verkürzt – und stellt damit die Familie Mayer-Karle ebenso wie zahlreiche weitere Eltern vor große Probleme.
Reduzierte
Öffnungszeiten
Statt ihre Kinder – wie üblich um 16.30 Uhr abzuholen – muss Alexandra Mayer-Karle jetzt anderthalb Stunden früher in der Kita sein. Das wiederum bedeutet für die Ärztin, dass sie früher aus der Notaufnahme aufbrechen und Aufgaben, die sie bis dahin nicht geschafft hat, an ihre Kollegen übergeben muss. Ein zusätzlicher Stress für die 37-Jährige, der noch einmal durch die Tatsache verstärkt wird, dass sie auch am Vormittag von der Kita zum Arbeitsplatz hetzen muss. Denn statt um 7 Uhr öffnet die Kita jetzt erst um 7.30 Uhr. Um 7.45 Uhr muss Alexandra Mayer-Karle aber bereits umgezogen in der Notaufnahme stehen. „Mit zwei Kleinkindern ist das leider alles andere als einfach“, sagt sie. Weil sie in ihrer Kita Elternsprecherin ist, weiß die 37-Jährige, dass sie kein Einzelfall ist. „Wir haben Ingenieure, Lehrer, Erzieher und Krankenschwestern bei uns. Alle Berufsgruppen sind davon betroffen“, sagt sie. Sie erzählt von Familien, bei denen beide Eltern aufgrund der gestiegenen Lebenserhaltungskosten auf ihre Berufstätigkeit angewiesen sind, denjenigen, die es sich nicht erlauben könnten, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, aus Angst ihren Job zu verlieren, und den Alleinerziehenden, die vollkommen auf sich gestellt sind. „Eine Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, wir hoffen eher, dass es sich nicht verschlechtert“, sagt Alexandra Mayer-Karle.
Ihr ist es wichtig, deutlich zu machen, dass sie keineswegs die Kita ihrer Kinder kritisieren will. „Wir stehen hinter dem Personal. Trotz des Mangels sind sie hoch motiviert“, sagt sie. Vielmehr wünscht sie sich, dass die Politik das Thema Kinderbetreuung endlich ernst nimmt. Denn durch das fehlende Kita-Personal kommt es zu Fachkräftemangel andernorts. Das bestätigt Elisabeth Siebeneicher, Pressesprecherin des Romed-Klinikums. „Der Fachkräftemangel im Kinderbetreuungsbereich ist durchaus schon heute spürbar und wird die Romed-Kliniken sicherlich in Zukunft vermehrt betreffen“, sagt die Sprecherin auf OVB-Anfrage.
Es gebe regelmäßig Anfragen von Bewerbern bezüglich Kindergarten- und Krippenplätzen. „Zum Teil scheitern daran auch die Einstellungen“, sagt Siebeneicher. Viele Mitarbeiter würden gerne früher aus der Elternzeit zurückkommen oder mehr arbeiten – doch wegen fehlender Betreuung komme das oft nicht zustande. Dies betreffe sowohl Pflegekräfte als auch junge Ärzte. „Die aktuelle Verknappung der Betreuung durch Schließung von Gruppen und Verkürzung von Betreuungszeiten bringt immer mehr Familien und somit auch die Romed-Kliniken als Arbeitgeber in echte Schwierigkeiten“, sagt Siebeneicher. Sie erinnert daran, dass das Klinikum früher eine betriebseigene Kinderkrippe hatte, die jetzt von der Stadt Rosenheim betrieben wird und Plätze für Klinikmitarbeiter vorhält. „Es gibt Gespräche über eine Ausweitung der Kooperation auch für Kindergärten“, ergänzt die Romed-Sprecherin. Außerdem werden ihr zufolge aktuell Konzepte für weitere Kooperationen entwickelt, um Lösungen für die Mitarbeiter anbieten zu können – unter anderem mit Tagesmüttern oder mit der Technischen Hochschule. Im Moment gibt es im Stadtgebiet laut Christian Schwalm, Pressesprecher der Stadt Rosenheim, drei Einrichtungen, in denen die Öffnungszeiten aufgrund des Personalmangels reduziert werden mussten. Eine davon befindet sich in städtischer Trägerschaft, zwei werden von den Freien Trägern betrieben.
In die Offensive mit
einem Image-Film
Um Erzieher nach Rosenheim zu locken, sprachen sich die Stadträte erst kürzlich für eine Wohnraumoffensive aus. Neben einem Image-Film wurde beschlossen, dass eine Verwaltungskraft für die städtischen Kitas eingesetzt wird, die Leitungen entlasten soll.