Rosenheim – Der erste Notruf ging gegen 11.40 am Sonntagmorgen bei der Polizeiinspektion Rosenheim ein. Einige Passanten sei etwas Ungewöhnliches in der Innenstadt aufgefallen: ein verdächtiges Brummen und Summen mitten in einem Busch auf dem Salinplatz. Als die Beamten eintrafen fanden sie schnell den „Verbrecher“: einen Bienenschwarm.
Die Polizei rief um Verstärkung: Markus Heimbuchner, Imker und Erster Vorsitzende des Landesverbands Bayerischer Imker, rückte mit seinem Schutzanzug an. „So ein Einsatz mit Bienen passiert fünf- bis zehnmal im Jahr“, sagt Heimbuchner.
„Die Leute waren neugierig und hatten keine Angst“, schildert der Experte. Und das zu Recht, denn die Bienen seien ganz friedlich gewesen. „Sie hatten auch keine Zeit zum Stechen, weil gerade Schwarmzeit ist“, erklärt der Experte. Diese findet während des Frühsommers statt. Ein Bienenstaat hat dann den größten Bestand seiner Population erreicht. Dadurch wird es zu eng im Bienenstock und das Volk teilt sich auf. Die alte Bienenkönigin wird aus ihrem Volk vertrieben und sucht sich mit einem Teil ihrer alten Gefolgschaft einen neuen „Wohnort“.
Auf der Suche nach einem neuen Zuhause legen die Bienen weite Strecken zurück: „Nach ungefähr drei Kilometer legen sie eine Pause ein“, sagt der Imker. So war es wohl auch bei dem Bienenschwarm am Sonntagmorgen.
Große Blumenvielfalt
in der Stadt
Laut dem Bienenexperten Christian Czech besteht ein Bienenvolk normalerweise aus etwa 10000 bis 20000 Mitgliedern. Der Rosenheimer Schwarm umfasste laut Polizeibericht hingegen 500 Tiere. Czech ist der Zweite Leiter des Imkervereins Rosenheim und befasst sich seit 15 Jahren mit Bienen. Er kann sich gut vorstellen, warum sich die Insekten in die Innenstadt verirrten. „Der Biene ist es egal, wo sie hinzieht, solange genug Nektar und Pollen da sind“, sagt er. Die Stadt kann für Bienen viel attraktiver sein als das Land. „Hier in der Stadt gibt es eine größere Blumenvielfalt“, sagt Czech. Hingegen können großflächige Äcker auf dem Land für die Tiere störend sein.
Auch wenn die Bienen aus Rosenheim sich „artig“ verhalten haben, ist das nicht immer die Regel. Denn so ein Bienenschwarm kann an einem belebten Ort Risiken bergen.
„Normalerweise stechen die heimischen Bienen nicht, außer sie sind hungrig oder krank“, erklärt Czech. Doch wild lebende Bienen wären ohne Schutz und Pflege des Imkers Parasiten und Krankheiten ausgeliefert. Dadurch könne die Aggressivität der Bienen steigen und damit vor allem Bienenallergiker gefährden. Aber auch die Bienen befinden sich in einer gefährlichen Situation. „Ohne den Imker überlebt die Biene den Winter in der Regel nicht mehr“, sagt der Bienenexperte.
Einsatz bis in
die Abendstunden
Damit das später nicht passiert, müssen die Bienen gerettet werden. Dazu stellt ein Imker eine spezielle Bienenkiste auf, in der das Volk gefangen wird. Czech erklärt, dass es ausreicht, wenn die Königin als erstes von dem Imker in die Kiste gelegt wird. Denn das loyale Bienenvolk folgt ihr anschließend. „Da das alles eine natürliche Sache ist, brauchen wir keine Betäubungsmittel oder Ähnliches“, erklärt Czech.
Und das ist auch am Sonntag in der Rosenheimer Innenstadt geschehen. Die ersten Bienen schüttete Markus Heimbuchner gegen 13 Uhr in die Bienenkästen aus Rosenholz. Bis zum Abend ließ er sie dort stehen, damit die Bienen nach und nach hineinfliegen konnten. Dann nahm Heimbuchner sie mit nach Hause. Inzwischen seien die Bienen in ihrem endgültigen Bienenkasten, berichtet er, wo sie auch bleiben sollen.
Nicht nur für die Passanten war es ein spektakulärer Einsatz, sondern auch für die Polizei Rosenheim. „Es war eine Polizeistreife vor Ort“, sagt Johanna Heil, Pressesprecherin der Polizeiinspektion Rosenheim. So ein tierischer Einsatz sei auch für sie neu gewesen. Heil ist nicht bekannt, dass sich schon einmal so ein großer Bienenschwarm in der Rosenheimer Innenstadt niedergelassen hat. Auch wie viel der Einsatz letztendlich kostet und wer die Kosten übernimmt, wusste die Pressesprecherin bis gestern zu Redaktionsschluss noch nicht.