Rosenheim – Wer heuer Abitur gemacht hat, der hat in seinem Leben schon zahlreiche Krisen gesehen: Finanzkrise, Migrationskrise, Pandemie, Klimakrise und den Krieg in Europa. Manch einer sorgt sich um die Demokratie, und was die neuesten technischen Entwicklungen bringen werden, weiß auch keiner so genau. Die Welt scheint immer komplizierter, anstrengender und unsicherer zu werden. Und in solchen Zeiten dann auch noch Schulabschluss!
Das Abitur als Anfang
Das Abitur sei allerdings gar kein Abschluss, bekannten Hélène Schneider und Lukas Klaus, die für ihren Abiturjahrgang eine humorvolle Abiturrede hielten. „Das Abitur ist ein Anfang. Nämlich der von noch mehr Verwirrung und Ratlosigkeit. Es ist der Moment, in dem wir unsere Flügel in die Hand nehmen und planlos im Kreis rennen, während wir uns fragen, wohin wir überhaupt fliegen sollen!“
Der Vorsitzende des Elternbeirates, Anton Maier, erinnerte sich daran, dass es auch schon Verwirrung und Ratlosigkeit gab, als er selbst vor vielen Jahren auf der Bühne des „Ignaz“ sein Abiturzeugnis erhielt. Dem Jahrgang 2023 gab er zur Ermutigung ein Zitat aus dem Filmklassiker „Zurück in die Zukunft“ mit auf den Weg: „Deine Zukunft ist bis jetzt noch nicht geschrieben. Wie bei allen Menschen. Deine Zukunft ist immer das, was du daraus machst.“
Das „Reifezeugnis“
Und da gelte es, kreativ zu sein, empfahl Schulleiter Dieter Friedel und erinnerte damit an das Motto, das sich das Gymnasium für dieses Schuljahr gegeben hatte: Kreativität. Für „creare“ lernt man im Lateinunterricht „wählen“ und „schaffen“. Im wahrsten Sinne des Wortes, so der Schulleiter, sei jetzt Kreativität gefragt. Aus der schier unendlichen Zahl an möglichen Wegen gelte es, jetzt den einen Weg zu wählen, auf dem man etwas schaffen könne. Und da dürften die Absolventen durchaus zuversichtlich sein, hätten sie doch genau das in den letzten Jahren erfolgreich geübt. Ständig hätten sie Schulzweige, Sprachen, Kurse, Abiturfächer wählen müssen. Und was war bis zum erfolgreichen Abitur nicht alles zu schaffen! Das „Reifezeugnis“ bestätige, dass die jungen Erwachsenen nun so weit seien, ihre eigenen Wege nach der Schulzeit zu wählen. Und wenn man mal den falschen Weg erwische, sei das auch nicht schlimm: „Wechselnde Pfade, / Schatten und Licht – / Alles ist Gnade, / fürchte dich nicht!“ Diesen Hausspruch, so Friedel, könnten die Abiturienten finden, wenn ihr Weg sie einmal auf die Hohe Asten führt.
Die Abiturienten erhielten dann, dirigiert von Friederike von Koskull, die den Jahrgang als Oberstufenkoordinatorin fürsorglich bis zum Abitur begleitet hatte, aus der Hand des Schulleiters ihr Abiturzeugnis. Jana Schmidbauer, Louisa Widmann und Maxi Corsi erreichten die besten Gesamtergebnisse der Schule. Etliche Absolventen bekamen außerdem Urkunden, Preise oder Ehrennadeln für herausragende Leistungen in einzelnen Bereichen oder für außerordentliche Verdienste um das Schulleben.
Für die musikalische Umrahmung der Abiturfeier sorgte der Abi-Jahrgang selbst: Magdalena Schmidmayer spielte auf der Violine, begleitet von ihrem Musiklehrer Stefan Unterhuber, „Affettuoso“ aus der Händel-Sonate in D-Dur und tauchte damit die voll besetzte Aula in eine erhabene Feststimmung. Nicolas Mohr entlockte gefühlvoll seiner Gitarre einen bewegenden „Tango“ von Francisco Tárrega. Fiona Kent und Magdalena Schmidmayer verzauberten schließlich stimmgewaltig das ganze Publikum mit dem Duett „For Good“ aus dem Musical Wicked – Die Hexen von Oz.
Nach der Verleihung der Abiturzeugnisse trafen sich die Absolventen mit Eltern, Geschwistern, Großeltern und Lehrkräften zum Stehempfang. Die frisch gebackenen Abiturienten erinnerten sich wehmütig an die vergangenen Jahre am Ignaz und tauschten sich über Ideen aus, welche Wege man künftig einschlagen könnte.