Rosenheim – Patrick Heigenmoser ist sauer. Schließlich könne es sein, dass der Geschäftsführer eines Personaldienstleisters in der Frühlingstraße nach dem Herbstfest um seine geschäftliche Existenz fürchten muss. Ab da an soll das Parken – sofern der Rosenheimer Stadtrat der Entscheidung zustimmt – auf der Loretowiese kostenpflichtig sein. Dort parken fast alle seine Mitarbeiter – bisher kostenlos.
Furcht um
die Mitarbeiter
„Alle Unternehmen in der Innenstadt befürchten, dass Mitarbeiter zu Firmen wechseln, die Parkflächen anbieten können – das können viele in der Innenstadt nicht“, sagt Heigenmoser. Schließlich gebe es im Rosenheimer Umland Firmen, die kostenlose Parkplätze direkt vor der Tür haben. Seine Angestellten seien auch weitestgehend auf ein Auto angewiesen. „Viele wohnen auf dem Land. Eine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln funktioniert hier kaum“, sagt der Geschäftsführer. Fürs Fahrrad sei die Entfernung zu weit.
Zudem ist sein Unternehmen im Außendienst tätig. „Unsere Mitarbeiter brauchen ein Auto, um zu unseren Kunden zu fahren. Dies muss in der Nähe greifbar sein, denn wir müssen oft spontan unsere Kunden besuchen.“ Genau das Gleiche habe er von vielen anderen Rosenheimer Unternehmen in den vergangenen Tagen gehört. „Der Ärger über die derzeitige Verkehrspolitik ist bei mir und meinen Unternehmer-Kollegen groß, weil konstruktive Lösungen fehlen.“
Es sei zwar im Sinne der Umwelt wünschenswert, dass mehr auf Elektrofahrzeuge und Fahrräder gesetzt wird, allerdings müssten dafür die Voraussetzungen stimmen. Und das sei weder auf Bundesebene noch in Rosenheim der Fall. Für Heigenmoser sei es auch kein Thema, privat beim Wochenendeinkauf „ein paar Euro zu zahlen“, für seine Mitarbeiter werde es in Zukunft jedoch unangenehm.
Auch, weil die Parkplatzsituation in der Innenstadt in den vergangenen Jahren generell schlechter geworden sei. „Alle Stellplätze in der Innenstadt sind mittlerweile Anwohnerparkplätze“, sagt Heigenmoser. Er habe zwar schon öfters versucht, feste Stellplätze über Anzeigen zu mieten, der Rücklauf sei aber jedes Mal gering gewesen. Deshalb bleibe als einzige Alternative die Loretowiese.
Dort parken auch viele Lehrkräfte und Schüler des Karolinen-Gymnasiums, berichtet Schulleiterin Sigrid Rechenauer. Die kommenden Parkgebühren seien für die Schule daher als „unmittelbarer Anlieger problematisch“. Erschwert werde die Situation durch die Umbaumaßnahmen am Gymnasium. „Im Moment stehen den Kollegen nur wenige Parkplätze direkt vor der Schule zur Verfügung“, sagt Rechenauer. Zwei davon seien auch noch vermietet. „Als Alternative können wir am Gelände des Kaiserbads parken.“ Dort sei allerdings keine Schranke, weshalb viele Auswärtige auf dem Parkplatz stehen.
Die Gebühren könnten Rechenauer zufolge auch für Eltern zum Problem werden, bei Schulveranstaltungen zum Beispiel. „Der Elternsprechtag beginnt um 17 Uhr, da kostet es noch was.“ Noch gravierender sei die Belastung für die Lehrer, die dann täglich fünf Euro zahlen müssten.
Zahlen müssen dort künftig auch die Angestellten des Romed-Klinikums in Rosenheim. Über 30 Prozent der Mitarbeiter, größtenteils im Schichtdienst, lebten im Landkreis und kämen notgedrungen mit dem Auto, teilt Elisabeth Siebeneicher, Pressesprecherin der Klinik, auf OVB-Anfrage mit.
Daher reichen ihr zufolge die Parkplätze auf dem Klinikgelände nicht aus. Es sei zwar möglich, einen festen Stellplatz anzumieten, dies koste allerdings 30 Euro im Monat. Aus diesem Grund nutzten viele der Beschäftigten gerne die Loretowiese – bisher.
Wie viele andere Menschen aus der Region auch. Dementsprechend groß ist der Aufschrei in den sozialen Medien. „Das ist der Todesstoß für Rosenheim“, schreibt zum Beispiel Barbara H. auf Facebook. Ein anderer User glaubt, dass dadurch die „Innenstadt systematisch kaputtgemacht“ wird. Für „diese Schlaglochwiese“ Geld zu verlangen, sei eine „bodenlose Frechheit“.
Vereinzelt gibt es auch positive Stimmen. Ulrike M. zufolge sei die Entscheidung sinnvoll. „Ein riesiges Gelände, innenstadtnah, und das kostenlos den ganzen Tag – wo gibt es das noch“, schreibt sie. Die Mehrheit ist sich allerdings einig: keine Parkgebühren auf der Loretowiese.
Zu diesem Zweck wurde inzwischen eine Online-Petition im Internet ins Leben gerufen. Darin wird gefordert, dass das Parken kostenlos bleibt und die Fläche flexibel genutzt werden kann. Bis Redaktionsschluss kamen 55 Unterschriften zusammen. Insbesondere Pendler sollen von der Aktion profitieren.
Für diese will sich nun auch die CSU-Stadtratsfraktion einsetzen. In einem Eilantrag am Freitag, 21. Juli, an Oberbürgermeister Andreas März wird gefordert, dass für Beschäftigte im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge auf dem Gelände des Kaiserbades Parkmöglichkeiten geschaffen werden.
„Das ist gerade mit dem Hintergrund des Fachkräftemangels und zur Sicherstellung der Daseinsvorsorge im Gesundheits- und Pflegebereich notwendig“, sagt Daniel Artmann, Zweiter Bürgermeister (CSU). Er hatte bereits in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses eine Lösung für Angestellte gefordert.
Ein Ausweis
als Vorschlag
Nach einer Lösung sucht auch Patrick Heigenmoser. Sein Vorschlag ist, dass zum Beispiel die Anwohnerparkplätze von 8 bis 17 Uhr auch von Angestellten mit einem Ausweis genutzt werden könnten. Im Zweifel sei er auch bereit, die Parkgebühren für seine Mitarbeiter auf der Loretowiese zu bezahlen. Dann wäre es aber schön, wenn die Stadt eine Jahres- oder Monatskarte anbiete.