Rosenheim – Ein warmer Donnerstagabend. Kurz vor Beginn der Podiumsdiskussion mit Jesuitenpater und Klimaaktivist Jörg Alt war der Saal noch ziemlich leer. Nur langsam füllten sich die Plätze. Um 19 Uhr dann war etwa die Hälfte der Stühle belegt. Von jungen Menschen aber keine Spur. Nur drei junge Erwachsene saßen im Saal. Die Eltern der Schüler fehlten gänzlich.
Das kann auch Alt nicht verstehen, wie er später mitteilen wird. Er sei extra noch einmal aus Nürnberg angereist. Natürlich mit dem Zug. Vor allem wegen der Eltern des Karolinen-Gymnasiums wurde der Abend veranstaltet. Denn nach seinem ersten Vortrag Ende Juni sei Kritik laut geworden. Eröffnet wurde die Veranstaltung zunächst mit einer kurzen Rede von Christof Langer. Er ist theologischer Referent am Bildungswerk Rosenheim. Gleich darauf erhielt Pater Alt das Wort. Zuerst machte er auf die Probleme des Klimawandels aufmerksam. Stellte auch Lösungsansätze vor, wie den Verzicht auf Fleisch oder Autos. Machte klar, wieso seine Klimakleber-Aktionen unbedingt notwendig seien. Er erzählte, was er den Schülern an besagtem Tag im Juni mitgegeben habe. Sie sollten etwas für das Klima tun. Ihre Zeit in den Ferien nutzen, um sich Gedanken über die eigene Zukunft zu machen. Er schlug vor, Briefe an Politiker zu schreiben, in denen sie deren Handeln fordern. Der Vortrag endete mit einem Video der letzten Generation. „Komm in den Widerstand“ heißt es dort. Auf diese Worte von Pater Alt hätten die Eltern kritisch reagiert, berichtet er. Sie sagten, die Schulen hätten damit ihre Neutralitätspflicht verletzt, erklärte Christof Langer bereits vor einigen Tagen. Auf Alts Statement folgte die Diskussion. Dazu wurden fünf Politiker eingeladen, drei davon sind erschienen.
Rupert Heindl, stellvertretender Landesvorsitzender der CSU Oberbayern, Thomas Frank, stellvertretender Vorsitzender der SPD Rosenheim und Valentin Weigel, Mitglied des Kreisverbandes Rosenheim und Landtagskandidat der Grünen, waren vor Ort. Von der FDP und den Freien Wählern waren keine Politiker gekommen.
Heindl betonte, sich selbst als Klima-Aktivist zu bezeichnen. Er wolle in der CSU einen Wandel in Sachen Klima erreichen. Auch Frank liege das Klima-Thema am Herzen. „Es ist nicht mehr fünf vor zwölf, es ist schon zehn nach zwölf“, sagte der SPD-Politiker. Jeder könne etwas für den Klimaschutz tun. Und dafür könne man sich auch in Parteien oder Verbänden engagieren.
Weigel von den Grünen erklärte, man sehe die Folgen des Klimawandels auch schon deutlich in Rosenheim. Ob an sinkenden Wasserspiegeln oder vermehrtem Starkregen. „Was wir jetzt unternehmen, ist nicht genug“, sagte er. Alle drei Politiker würden hinter den Zielen der letzten Generation stehen.
In der anschließenden Diskussionsrunde wurden von den Gästen viele verschiedene Themen angesprochen: Heizungsgesetz, mögliche Verbote, ÖPNV und besonders die Untätigkeit der Politik. Doch die erwartete Kritik der Eltern an den Klimakleber-Aktionen blieb aus.
Nur eine Stimme äußerte sich dazu. Sebastian Spiegelberg, ein Abiturient, sagte: „Aktionen wie diese werfen ein schlechtes Licht. Warum geht man nicht mit Positiv-Beispielen voran?“ In anderen Ländern wie Spanien würden Plastik-Sammler am Strand auch eine Resonanz erhalten.
Alt sehe diese positiven Beispiele aber nicht. Da die „Fridays for Future“-Proteste gescheitert sind, müsse man sich mit dem Festkleben an Straßen Gehör verschaffen, sagte der Pater. Andere Aktionen würden von den Medien auch nicht gesehen werden. Denn positive Meldungen würden medienwirksam nicht ziehen.
Nach der Diskussion leerte sich der Saal langsam. Ein paar Besucher redeten noch untereinander. Darunter auch eine Lehrerin des Ignaz-Günther-Gymansiums, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Der Vortrag sei von den Schülern, als auch Lehrern gut aufgenommen worden. „Den Schülern ist womöglich der Sprung in die Politik zu groß“, sagte die Lehrerin. Dennoch hätte der Vortrag die Schüler aufgerüttelt.
Die Kritik der Eltern, dass der Pater zu Straftaten auffordere, könne sie nicht nachvollziehen. In der Q11 seien die Schüler durchaus in der Lage für sich selbst nachzudenken und zu entscheiden. Die Lehrerin hatte ihren Schülern von der Podiumsdiskussion erzählt und auf rege Teilnahme gehofft. Es sei aber niemand gekommen.
Pater Jörg Alt hatte den Saal zu diesem Zeitpunkt schon verlassen. Sein Zug nach Nürnberg fährt bald ab, sagte er zuvor. Mit in seiner Tasche hat er bereits sechs Strafverfahren und eine Verurteilung. Das werde ihn aber weiterhin nicht davon abhalten, sich für seine Meinung einzusetzen. Und auch nicht davon, weiterhin zusammen mit der letzten Generation für das Klima zu protestieren.