Rosenheim – Christine A. ist verärgert und traurig zugleich. „Wir Rentner haben in Rosenheim nichts“, sagt die 73-Jährige, die ihren vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Vor allem, weil sich die Rentnerin oft einsam fühlt. Das Gefühl sei besonders stark, wenn sie alleine in ihrer Wohnung sei. Und so wie ihr gehe es auch vielen anderen Senioren in der Stadt. Deshalb habe sie einen Wunsch: „Wir brauchen etwas, denn wir vereinsamen hier.“
„Mit Gleichaltrigen ratschen“
Seit dem Tod ihre Mannes, der vor Kurzem starb, vermisst vor allem eines: „Einfach wieder mit Gleichaltrigen zu tratschen.“ Man bräuchte einen Seniorentreff. „Wir brauchen einen Treffpunkt, wo wir uns wenigstens einmal die Woche treffen können“, so die Rentnerin. Auch Bekannte, Nachbarn und Freunde seien darüber empört. „Jeder ist stinksauer und bleibt dahoam“, sagt sie.
Auch die Senioren hätten während der Corona-Pandemie mit den Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen zu kämpfen gehabt. Doch auch jetzt seien Treffen kaum möglich. „Einige sind gestorben, die meisten können sich kaum noch fortbewegen und andere können sich so etwas nicht leisten“, sagt die Rosenheimerin. Denn auch die steigenden Preise würden viele Senioren immer mehr von sozialen Aktivitäten abhalten. „Ein Kaffee, ein Stück Kuchen und ein Mineralwasser kosten doch fast schon zehn Euro“, sagt die Rentnerin.
Sie hätte in den vergangenen Monaten rumtelefoniert, bei Zeitungen nachgefragt und auch ihre Söhne durchforsteten das Internet. „Doch von Seniorentreffen in Rosenheim, keine Spur“, sagt sie.
Diese Kritik möchte Werner Pichlmeier, Leiter der Sozialen Stadt Rosenheim, so nicht stehen lassen. „Beim Thema Senioren sind wir in Rosenheim sehr gut aufgestellt“, sagt er auf OVB-Nachfrage. Seine Organisation betreibt drei Bürgerhäuser. Das Bürgerhaus Miteinander, das Haus Happing und das Bürgerhaus E-Werk. „Wer unsere drei Bürgerhäuser kennt, der weiß, dass es genug Angebote gibt“, sagt Pichlmeier. So finden an verschiedenen Tagen in allen drei Häusern Treffen für Senioren statt. „Jeder kann sich etwas Schönes aussuchen oder Wünsche äußern“, sagt er.
Das sagt auch Irmgard Oppenrieder. „Wenn ich irgendetwas in Rosenheim suche, dann finde ich auch etwas“, sagt die Vorsitzende des Seniorenbeirats Rosenheim. „Wir arbeiten eng mit den Wohlfahrtsverbänden zusammen“, so Oppenrieder. Zum Beispiel veranstaltet der Seniorenbeirat zusammen mit der Arbeiterwohlfahrt an jedem Mittwoch im Monat ein gemeinsames Essen für die Senioren. „Für sieben Euro gibt es eine warme Mahlzeit, Kaffee und Kuchen“, sagt die Vorsitzende. Auch in Zusammenarbeit mit den Pro-Senioren würden viele Ausflüge für die ältere Generation entstehen. „Vor Kurzem waren wir gemeinsam auf den Spuren der Rosenheim Cops“, sagt Oppenrieder.
Auch der AWO-Kreisverband Rosenheim kann die Kritik nicht nachvollziehen. „Unser Ortsverein Rosenheim hatte gerade in der vergangenen Zeit eine Reihe von Veranstaltungen, Seniorenfrühstück, Sommerfest. Es gibt wöchentlich Termine“, sagt Geschäftsleiter Anton Reiserer.
Auch das Mehrgenerationenhaus biete Veranstaltungen an. So werden vom Generationen-Mittagstisch über das Café Miteinand auch kreative Nachmittage angeboten. „Wir sind aber nicht nur auf Senioren ausgelegt, sondern bei uns sind die Kurse generationenübergreifend“, sagt Tina Matousek, Koordinatorin des Mehrgenerationenhauses. Hier sollen Jung und Alt zusammenkommen. „Es entstehen viele neue Freundschaften“, sagt Matousek. Und das nicht nur zwischen Gleichaltrigen. Denn auch Kinder spielen oder basteln mit den Senioren zusammen.
Wunsch nach mehr Kommunikation
Viele Angebote also, aber Christine A. weiß nichts davon. Wie kann das sein. „Es muss mehr öffentlich gemacht werden“, sagt sie. Denn die Möglichkeiten seien ihr zufolge ohne Internet schwer zu finden. Ihr fehle die direkte Kommunikation mit der älteren Generation. So würden zum Beispiel Annoncen in Zeitungen schon einmal eine Erleichterung sein, um im Alter nicht alleine sein zu müssen.