Der Meister lebt die „Bohème“ als Gast in Kolbermoor

von Redaktion

Professor Markus Lüpertz will in seinen Sommerkursen an der Akademie der Bildenden Künste Kolbermoor schöpferische Energie freisetzen

Kolbermoor – Eine intensive künstlerische Atmosphäre herrscht an der Akademie der Bildenden Künste. „Das Haus ist voller Maler“, beschreibt Geschäftsführerin Anna Eisner die große Resonanz auf die Sommerakademie. In Kolbermoor tauchen Künstler – Fortgeschrittene und Profis – als Schüler wieder in einen intensiven Lernprozess ein. Sie arbeiten konzentriert an ihren Bildern, üben sich in Akt- und freier Malerei. Und mittendrin ihr Meister: Professor Markus Lüpertz, einer der bekanntesten deutschen Künstler der Gegenwart.

Woraus der Reichtum
der Kunst erwächst

Lüpertz beugt sich über ihre Arbeiten, begegnet ehrfurchtsvollen Blicken und der Erwartung, in der eigenen schöpferischen Kreativität mit seinem Rat zu reifen. „Ich bin mit dem Wollen, Kunst zu machen, konfrontiert. Und in diesem Wollen versuche ich, meinen Schülern zu helfen“, erklärt er. Das fange beim Handwerk an. Doch um ein Kunstwerk zu schaffen, so erklärt Lüpertz, brauche es nicht nur den „Wunsch, sondern auch Talent“, vor allem aber die Gabe, das „Mystische und Poetische“ der Dinge zu erkennen, die man sieht und daraus ein individuelles Werk zu schaffen. „Das ist der Reichtum der Kunst.“

Auseinandersetzung
mit sich selbst

Kunst sei eine ewige Auseinandersetzung mit sich selbst, eine immer wiederkehrende, nagende Unzufriedenheit und ein ständiger Wettbewerb mit den wirklich Großen, beschreibt Lüpertz sein eigenes Schaffen. „Ich lebe in einer Künstlergemeinschaft und bin bereit, etwas von meiner Erfahrung abzugeben“, sagt er.

Mit guten Gesprächen, der künstlerischen Auseinandersetzung und seinem Free Jazz Konzert will der 82-Jährige dafür die kreative Atmosphäre schaffen. So wie einst an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, die er von 1988 bis 2009 als Rektor zu einer „Geniebude“ machte. „Das ist Bohème“, sagt er und meint damit den Freiraum des Geistes und der künstlerischen Arbeit, der schöpferische Kräfte freisetzt.

Lüpertz lässt sich auf die Menschen ein, die an seiner Seite reifen wollen. Er fördert und fordert sie, denn: „Wenn sie sich auf mich und meine Assistenten einlassen, können sie ihre künstlerische Spanne vergrößern.“, betont er. Er erkennt an den Arbeiten, was die Künstler vorhaben und sieht es als seine Aufgabe, ihnen in genau diese Richtung zu helfen. „Solange sie mir glauben, haben sie etwas davon.“

Seit neun Jahren unterrichtet Professor Markus Lüpertz an der Akademie der Bildenden Künste in Kolbermoor. Sechsmal im Jahr ist der Meister hier zu Gast. Höhepunkt ist seine Sommerakademie, die in diesem Jahr neben der Malerei erstmals auch eine Modellier-Klasse anbietet. Sie hat im Zelt vor der Akademie ein Domizil mit großer Außenwirkung gefunden. Genau das wünscht sich Anna Eisner, „damit die Kolbermoorer sehen, was bei uns an der Akademie passiert“.

Wobei das „Modellieren“ im laienhaften Verständnis wohl viel zu tief gestapelt wäre für das, was den Teilnehmern in diesem Kurs begegnet. Ihnen steht neben Professor Markus Lüpertz auch Alexander Knych als Lehrmeister zur Seite. Ein Bildhauer, der „eine herausragende Rolle in Deutschland spielen wird“, wie Lüpertz 2008 prophezeite. Auch wenn viele der Teilnehmer seit Jahren die Malerei-Seminare von Professor Markus Lüpertz in Kolbermoor besuchen: Die Arbeit mit Schamott – einem Gemisch aus Ton und Sand – war für die meisten von ihnen neu. „Bildhauerei ist ein schwieriges Metier. Ich bringe ihnen den Kern des Handwerks bei“, beschreibt Knych seinen Ansatz.

Dabei gehe es um das Spiel aus Masse, Volumen, Licht und Schatten. Besonders schwierig sei es am Anfang, beim Aufbau einer Skulptur auf die Masseverlagerung zu achten, beschreibt er und weiß: „Die Leute quälen sich, und ich quäle sie auch, aber der klassische Weg zur Kunst führt über das Handwerk, und am Ende dieser Woche werden sie glücklich sein.“

Blick für das
Wesentliche schärfen

Während dieses schöpferischen Prozesses ist es Professor Lüpertz, der den Blick vom Handwerk wieder auf die Essenz der Dinge lenkt. Denn auch wenn beim „Modellieren nach Vorlage“ ein Greifvogel im Raum steht, ist es nicht das, was er als Skulptur von seinen Schülern erwartet.

„Es ist ein großes Geschenk, dass so ein bedeutender Künstler sechsmal im Jahr bei uns unterrichtet“, sagt Anna Eisner. Lüpertz‘ Kurse an der Akademie für Bildende Künste sind gefragt. Die Schüler kommen aus aller Welt, zum aktuellen Sommerkurs aus Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich und der Schweiz.

Premiere für
Bildhauerei

Nach der Premiere in diesem Jahr wird die Sommerakademie auch 2024 wieder für Malerei und Bildhauerei angeboten. „Fast alle Kursteilnehmer haben sich schon wieder angemeldet“, berichtet sie von der Begeisterung der Künstler.

Am heutigen Samstag endet die Modellier-Premiere in Kolbermoor. In den kommenden Monaten trocknen die Arbeiten der Künstler, ehe sie im Keramikatelier von Romana Gömmel in Siegsdorf gebrannt werden. Im Dezember kehren die Studenten dann noch einmal nach Kolbermoor zurück, um ihre Skulpturen zu bemalen – wiederum eine Technik, die sie sich von ihrem Meister abschauen können.

Kathrin Gerlach

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