Rosenheim – Bunte Blumensträuße, selbst geschriebene Karten und Pralinenschachteln verdecken den kleinen Wohnzimmertisch von Elisabeth Hundseder. Die Rentnerin sitzt in ihrem Sessel im Wohnzimmer ihrer Wohnung. Um sie herum haben sich zwei ihrer Kinder versammelt. Denn es gibt einiges zu feiern: Am Montag (31. Juli) feierte die Rosenheimerin ihren 95. Geburtstag und kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken.
Über Grafing nach
Rosenheim gekommen
Elisabeth Hundseder wurde 1928 in München geboren. Doch dort blieb die Familie nicht lange. Aufgewachsen ist sie mit ihren Eltern und ihren fünf Geschwistern in Grafing. An die Gegend kann sich die Rentnerin noch heute gut erinnern. Allerdings seien das nicht nur schöne Erinnerungen. Eine eher unschöne Erfahrung sei für die 95-Jährige der damalige Schulweg gewesen. Hier habe sie immer durch einen Wald gehen müssen. „Da haben wir uns gefürchtet, dass hinter jedem Baum jemand steht“, sagt Hundseder.
Und auch der Wohnort sei eher ungewöhnlich gewesen. „Wir haben im Bahnhofsgebäude gewohnt“, sagt Hundseder. Der Grund dafür sei der Beruf ihres Vaters gewesen. „Er war Werkmeister bei der Eisenbahn“, so Hundseder. Die Tätigkeit des Vaters sorgte für mehrere Umzüge. „Er wurde immer wieder versetzt“, sagt sie. So ging es von Grafing weiter nach Treuchtlingen. Doch in der Stadt in Franken blieben sie auch nicht lange. Während ihrer Schulzeit kam es erneut zu einem Umzug. Und damit auch zum letzten. Für die Familie ging es weiter nach Rosenheim.
„Dort haben wir in einem alten privaten Haus gewohnt“, erinnert sich Hundseder. In Rosenheim habe sie auch den Krieg miterleben müssen. „Die Gegend um euer Haus wurde zerbombt, oder?“, fragt ihre Tochter Elisabeth Riedler. Hundseder sitzt nachdenklich in ihrem Sessel und nickt zustimmend. Die Erinnerungen an die Zeit kommen wieder hoch. „Ja, das war schlimm damals“, sagt sie leise vor sich hin.
Mit dem Ende der Kriegszeit beendete Hundseder auch ihre Schullaufbahn. Der Beginn ihrer Karriere und auch ihres Ehelebens. Ihren Mann Sepp habe die Rentnerin eines Tages auf der anderen Straßenseite erblickt. „Er lebte gegenüber im Haus“, sagt die Tochter Josefine Ditsch. Hundseder beginnt zu lächeln. 1951 heirateten die beiden. „Bis er dann verstorben ist“, sagt die Rosenheimerin. Und das sei sehr früh passiert. 1979 verlor sie ihren Ehemann und blieb mit den vier gemeinsamen Kindern zurück. Neben ihren Töchtern habe sie noch Zwillinge. Doch die dritte Tochter Christine Piegsa verlor ihren Zwillingsbruder sehr früh. „Er ist bei einem Autounfall verunglückt“, so die Familie.
Christkönig ganz
allein saubergehalten
Allerdings habe Hundseder auch im Berufsleben so einiges erlebt. Zuerst arbeitete sie im Haushalt. „Und dann habe ich die Christkönigskirche geputzt“, sagt sie. Wohlgemerkt: „Ganz alleine“. Und das sei ein Knochenjob gewesen. „Mit einem Putzlappen habe ich die Kniebänke geputzt und mit dem anderen den Boden“, erinnert sich Hundseder. Bank für Bank sei sie durchgegangen. Doch als anstrengend habe sie ihren Beruf nie empfunden. „Es war schon viel zu tun, so ganz alleine“, sagt sie. Einmal die Woche arbeitete sie in der Kirche. Neben dem Putzen habe sie sich auch gerne um den Blumenschmuck gekümmert.
Danach arbeitete sie als Reinigungskraft bei Gabor. „Vier Jahre habe ich dort gearbeitet“, sagt Hundseder. Bei ihrer neuen Tätigkeit gab es eine bedeutende Verbesserung. „Da hatte ich dann eine Maschine, mit der ich geputzt habe“, sagt die Rosenheimerin und lacht. „Die Arbeit ist leichter gegangen.“ Als ihre Kinder älter wurden, übernahm Hundseder ihren wohl schönsten Beruf – den der Oma. Sie habe immer gerne auf die vier Enkelkinder aufgepasst, erzählt ihre Tochter Riedler. „Und dann bin ich auch noch Uroma von fünf Urenkeln geworden“, sagt Hundseder.
Mit 80 Jahren noch
im Theater
Und das sei auch eines ihrer Rezepte zum Älterwerden. „Die Enkel und Urenkel haben sie schon auf Trapp gehalten“, sagt Tochter Ditsch. Hundseder lacht und nickt zustimmend. Aber auch gesunde Ernährung und viel Bewegung seien ihr Geheimnis. Jeden Tag gehe die 95-Jährige spazieren. Bewegung sei schon immer ein großer Teil ihres Lebens gewesen. Ob bei ihren Berufen oder Spaziergängen. Früher habe sie auch gerne in ihrem Schrebergarten Zeit verbracht oder für ihre Familie gekocht.
Neben diesen Tätigkeiten habe Hundseder auch eine andere Leidenschaft für sich entdeckt: das Theater in Rosenheim. „Vier Jahre habe ich dort mitgespielt“, sagt sie. Das Theater habe ihr viel Freude bereitet, vor allem unter der Leitung von Horst Rankl. Auch heute stehen die Familien noch im sehr guten Kontakt. Mit 80 Jahren stand Elisabeth Hundseder das letzte Mal auf der Bühne. Jetzt genieße sie vor allem die Zeit mit ihrer Familie.
Und noch etwas begleite die 95-Jährige schon gefühlt ein Leben lang: Zu ihrer Tagesroutine zähle seit nun schon 50 Jahren auch das allmorgendliche Lesen der OVB-Heimatzeitung.