Kolbermoor – Ein Fall von eskalierender Gewalt in einem Bus sorgte für Aufsehen, als ein Busfahrer einen jugendlichen Fahrgast tätlich angriff. Der Vorfall ereignete sich im vergangenen Jahr, als der Schüler ohne FFP-II-Atemschutzmaske unterwegs war. Das Jugendgericht in Rosenheim hat nun ein Urteil gefällt.
Am 29. Juli des vergangenen Jahres verpasste der 15-jährige Schüler in Rosenheim seinen Zug und entschloss sich, mit dem Bus in Richtung Bad Aibling zur Zeugnisausgabe seiner Schule zu fahren.
Dabei vergaß er, die damals noch vorgeschriebene Atemschutzmaske FFP-II mitzunehmen. Als ihn der Busfahrer darauf ansprach, erklärte er, dass er sie in seiner Schultasche habe.
An Haltestelle rausgeworfen
Als der Busfahrer (56) über die Innenspiegel feststellte, dass der Jugendliche immer noch keine Maske trug, verließ er an der Haltestelle Mitterhart in Kolbermoor seinen Fahrersitz, um den jungen Mann darauf hinzuweisen, dass er eine Maske tragen müsse. Als dieser schließlich zugab, keine zu haben, warf er ihn aus dem Bus.
Vor Gericht erklärte er, der Jugendliche habe ihn grob beleidigt, weshalb er ihn auch dann nicht im Bus gelassen habe, als ihm eine Frau im Bus eine solche Maske anbot. Vielmehr habe er ihn aus dem Bus gedrängt, und als der Jugendliche mit den Fäusten auf ihn losgegangen sei, habe er ihn mit der flachen Hand geohrfeigt. Das sei zweifellos ein Fehler gewesen.
Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Andreas Grabmann, teilte mit, dass sein Mandant bereits ein Schmerzensgeld angeboten habe und er auch heute 750 Euro in bar dabei habe, die sein Mandant dem Schüler als Sofortentschädigung anbieten wolle. Der inzwischen 16-Jährige bestätigte, dass er an diesem Tag ohne Mundschutz in den Bus eingestiegen sei und den Busfahrer auf dessen Reaktion hin beschimpft habe. Vor dem Bus sei ihm der Fahrer körperlich so nahe gekommen, dass er ihn von sich weggeschubst habe. Daraufhin habe er von ihm einen heftigen Faustschlag gegen den Kopf erhalten, sodass ihm schwarz vor Augen geworden sei. Ob es nur dieser Schlag oder mehrere gewesen seien, habe er in diesem Moment nicht registrieren können.
Später habe er von Zeugen erfahren, dass es mehrere Schläge gewesen seien. Er habe ein blaues Auge und kleinere Platzwunden davongetragen. Er selbst habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, gegen den Mann handgreiflich zu werden. Zwei Augenzeuginnen berichteten, der Busfahrer sei auf ihn losgegangen und habe dem Jugendlichen mehrere heftige Faustschläge gegen den Kopf versetzt. Eine der Frauen hatte den Schüler in ihr Auto gebracht, um Hilfe zu organisieren und die Polizei zu rufen, damit gegen den gewalttätigen Busfahrer ermittelt werden konnte. Der Staatsanwalt war überzeugt, dass es sich tatsächlich um mehrere heftige Faustschläge gehandelt haben müsse. Zumal der Angeklagte in der Vergangenheit bereits siebenmal wegen Körperverletzungsdelikten vorgeahndet worden war. „Auch wenn diese Taten schon einige Zeit zurücklägen, zeige dies, dass der Angeklagte zu aggressivem Verhalten neige. Er forderte eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Andererseits habe der Angeklagte bewiesen, dass man davon ausgehen müsse, dass er in ähnlichen Situationen wieder ausrasten werde. „Ihm anvertraute Fahrgäste zu verprügeln, geht gar nicht. Deshalb ist ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen und ein Berufsverbot als Busfahrer aufzuerlegen.“
Der Verteidiger wies darauf hin, dass der junge Mann selbst nur einen Schlag gespürt habe und die Zeugen dies aus einiger Entfernung wahrgenommen hätten. Außerdem sei sein Mandant geständig und habe Schmerzensgeld gezahlt. Der Schüler habe dies akzeptiert und auch die Entschuldigung seines Mandanten angenommen. Der Entzug der Fahrerlaubnis und das Berufsverbot würden bei dem Alter seines Mandanten sozusagen lebenslang gelten. Dies sei sicherlich unverhältnismäßig. Das Strafmaß stellte er in das Ermessen des Gerichts.
Das Jugendgericht unter Vorsitz von Richter Bernd Magiera hielt die unabhängigen Zeugen, die ohne Strafverfolgungsinteresse und unbeteiligt die Faustschläge geschildert hatten, für glaubwürdig. Angesichts des Teilgeständnisses, der sichtbaren Reue und des Täter-Opfer-Ausgleichs könne es bei einer Bewährungsstrafe von acht Monaten bleiben.
Psychologische Therapie empfohlen
Gleichzeitig habe der Angeklagte aber gezeigt, dass er nicht in der Lage sei, mit jugendlichem Fehlverhalten angemessen umzugehen. Deshalb entzog ihm der Richter für 24 Monate den Führerschein. Denn: „Als Berufskraftfahrer im Straßenverkehr einen Fahrgast zu verprügeln – das geht gar nicht!“ Er stellte ihn unter Bewährungsaufsicht und riet ihm, eine bereits begonnene psychologische Therapie auch im Hinblick auf sein Aggressionspotenzial fortzusetzen.