Die gelbe Gefahr

von Redaktion

Das Jakobs- und Wasserkreuzkraut kommt immer häufiger vor und kann krank machen

Rosenheim – Irmgard Baumgartner ist es wichtig, die Menschen zu warnen. Seit vielen Jahren setzt sich die Rosenheimerin dafür ein, dass die Menschen wissen, wie gefährlich das Jakobskreuzkraut ist. Sie hat die gelbe Pflanze im Mangfallpark gesehen, einige Jahre später auch am Inndamm. „Am Anfang hab ich das Kraut noch selbst rausgerissen“, sagt sie.

Bauchschmerzen
und Leberschäden

Mittlerweile setzt sie auf den Dialog. Aus diesem Grund hat sich die Seniorin auch an die Zeitung gewandt. „Viele wissen nicht, wie giftig die Pflanzen sind“, sagt Baumgartner am Telefon. Schon des Öfteren habe sie Kinder dabei beobachtet, wie sie mit der Pflanze spielen und sich anschließend die Hände in den Mund stecken. „Das ist gefährlich“, sagt sie.

Das bestätigt Chefarzt Florian Eyer. Er ist Professor für Klinische Toxikologie am Universitätsklinikum rechts der Isar. „Das Jakobskreuzkraut enthält Pyrrolizidin-Alkaloide, die toxisch für den Menschen sind. Sie sind vor allem hepatotoxisch, können also zu einem Leberschaden führen“, sagt er auf OVB-Anfrage.

Symptome sind ihm zufolge Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Kopfschmerzen. „Gefährlich wird es bei einer Leberbeteiligung, wo es zum Verschluss zentraler und sublobulärer Lebervenen kommen kann“, sagt der Experte. Im schlimmsten Fall entstehe eine Leberzirrhose oder ein Leberversagen. „Auch Veränderungen der Nierenfunktion sind beschrieben“, sagt Eyer. Eine Diagnose zu stellen sei schwierig, weil die Symptome zum Teil erst nach einigen Tagen oder sogar Wochen auftreten.

Trotz allem komme es in der Regel selten vor, dass Patienten wegen des Jakobskreuzkrauts bei ihm landen. Häufiger seien „theoretische Anfragen“, beispielsweise was passiert, wenn man das Kreuzkraut berührt hat oder es beim Verzehr giftig ist. „Der letzte klinische Fall bei uns ist schon ein paar Jahre her“, sagt Eyer.

Häufiger seien ihm zufolge Vorfälle im Viehbetrieb. Das bestätigt auch ein Sprecher des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Problematischer als das Jakobskreuzkraut ist in seinen Augen allerdings das Wasserkreuzkraut. „Die beiden Pflanzen sind kaum zu unterscheiden. Das Wasserkreuzkraut stellt ein Riesenproblem dar und ist schwer zu bekämpfen“, sagt der Sprecher auf OVB-Anfrage.

„Das Kraut muss händisch gestochen werden“, sagt er. Zwar sei auch der Einsatz von Herbiziden möglich, allerdings darf im Gründland nur eine Einzelpflanzenbekämpfung durchgeführt werden. „Für flächigen Einsatz braucht es eine Ausnahmegenehmigung von der Unteren Naturschutzbehörde“, sagt der Sprecher. Doch genau das scheint notwendig zu sein, um die Gefahr komplett von den Tieren abzuwenden. „Weidetiere meiden in der Regel die Aufnahme von Wasserkreuzkraut und Jakobskreuzkraut aufgrund des Geschmacks.

Dieser geht allerdings bei der Futterkonservierung in Heu und Silage verloren. Das Pyrrolizidin-Alkaloide bleibt jedoch erhalten“, so der Sprecher. Der Inhaltsstoff führt bei den Tieren zu irreversiblen Leberschäden – und in einigen Fällen zum Tod.

Und genau das will Irmgard Baumgartner verhindern. Doch das scheint alles andere als einfach zu sein. „Die Samen waren bis vor einigen Jahren in gängigen Saatmischungen enthalten“, sagt Wolfgang Syrowatka vom Verbund Kraftwerken, die sich um den Unterhalt am Inndamm kümmern. Dort, in der Nähe der Innbrücke, hat Irmgard Baumgartner erst vor einiger Zeit die gelben Pflanzen entdeckt.

Eine Seltenheit, wie Syrowatka auf OVB-Anfrage mitteilt. „Die beim Verbund angewandten Pflegepläne sind dazu geeignet, die Verbreitung zu hemmen und die Etablierung eines üppigen Bestands zu verhindern“, sagt er. Maßgeblich dafür sei die erste Mahd vor der Blütenbildung. „Da sich der Name des Jakobskreuzkrauts von der Blüte zu beziehungsweise rund um Jacobi, welcher am 25. Juli gefeiert wird, herleitet, sind frühere Mahd-Zeitpunkte mit deutlichem, zeitlichem Abstand zu bevorzugen“, erklärt Syrowatka. Beim Verbund sei das durchwegs der Fall.

Das Staatliche Bauamt – das unter anderem für den Unterhalt der B15 zuständig ist – versucht durch einen dreimaligen Schnitt pro Jahr und durch Ausreißen oder Ausstechen von Einzelpflanzen die Verbreitung einzudämmen. „Herbizide kommen aus Naturschutzgründen nicht zum Einsatz“, sagt eine Sprecherin auf OVB-Anfrage. Sie erinnert daran, dass sich die Bayerische Staatsbauverwaltung zum Ziel gesetzt hat, an den Bundes-, Staats- und Kreisstraßen, die der Freistaat Bayern betreut, arten- und blütenreiche Flächen zur Stärkung der Artenvielfalt und Förderung des Biotop-Verbunds zu schaffen.

Regulierung durch wiederholte Mahd

„Auf den Straßennebenflächen – so auch der B15 – ergreift das Staatliche Bauamt Rosenheim deshalb nur dann Maßnahmen zur Regulierung der Kreuzkräuter, wenn es nötig ist“, sagt die Sprecherin. Nötig ist es ihr zufolge dann, wenn Gefahr für Nachbarflächen besteht. Also wenn Nachbarflächen durch eine lückige Grasnarbe Etablierungspotenzial besitzen, in geringem Abstand zur betroffenen Straßengrünfläche liegen oder die Nutzung dazu führen kann, dass Kreuzkraut ins Futter gelangt.

„Ein verstärktes Aufkommen des Jakobskreuzkrautes ist nicht pauschal zu beobachten, punktuell kann jedoch eine Zunahme von Beständen vorkommen“, sagt die Sprecherin. In diesen Fällen werde versucht durch wiederholte Mahd den Bestand zu regulieren.

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