Der Achterbahn-Checker

von Redaktion

Interview Marcel Winterberg sorgt für Sicherheit auf dem Rosenheimer Herbstfest

Rosenheim – Marcel Winterberg klettert für seinen Beruf auch mal mehrere Meter in die Höhe. Der Münchner arbeitet als Sicherheitsingenieur der Prüforganisation TÜV Süd und ist unter anderem für das Rosenheimer Herbstfest zuständig. Drei Tage lang haben er und sein Team die Fahrgeschäfte auf der Loretowiese unter die Lupe genommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Kinderkarussell oder eine Wasserachterbahn handelt.

TÜV-Prüfer müsste man sein. Dann könnte man den ganzen Tag lang Karussell fahren.

Marcel Winterberg: „Ganz so ist es tatsächlich nicht. Mein Beruf beinhaltet sehr viel Papierkram. Ich arbeite jetzt seit fünfeinhalb Jahren beim TÜV Süd und prüfe unter anderem Fahrgeschäfte.

Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?

Ich habe Bauingenieurwesen in München studiert und war schon während dieser Zeit großer Fan von Freizeitparks. Anschließend habe ich in einem Ingenieurbüro gearbeitet und habe Achterbahnen konstruiert. Es war eine spannende Aufgabe, allerdings habe ich einen Großteil meiner Zeit nur vor dem Computer verbracht. Zumal ich die Achterbahnen, wenn sie fertiggestellt wurden, selbst kaum zu Gesicht bekommen habe. Weil mir die Aufgabe dort zu theoretisch war, bin ich zum TÜV Süd gewechselt und kümmere mich jetzt um die Prüfung von Fahrgeschäften.

Sind diese Prüfungen vergleichbar mit dem TÜV beim Auto?

Wir sprechen von einer Verlängerungsprüfung, welche die Grundlage der sogenannten Ausführungsgenehmigung ist. Dabei handelt es sich um eine Baugenehmigung auf Zeit, die die Schausteller brauchen. Ich schaue mir alles an, was in irgendeiner Form sicherheitsrelevant ist. Also beispielsweise die Bremsen oder die Rückhaltesysteme. Ich überprüfe, ob jeder Bügel funktioniert und ob gewährleistet ist, dass beispielsweise bei der Wasser- oder Achterbahnen die Boote beziehungsweise Züge nicht ineinander fahren. Man überprüft aber auch, ob Teile des Fahrgeschäfts möglicherweise morsch sind oder Transportschäden davongetragen haben.

Dinge, um die sich die Herbstfest-Besucher
hoffentlich keine Gedanken machen müssen.

Beim Herbstfest in Rosenheim haben alle Fahrgeschäfte bestanden. Wir arbeiten dort mit sehr zuverlässigen Schaustellern zusammen, die dafür sorgen, dass alles seine Richtigkeit hat. Am ersten Tag verschaffe ich mir in der Regel immer einen groben Überblick. In den beiden darauffolgenden Tagen wird es oft stressig, weil viele Schausteller erst wenige Tage vor dem Auftakt des Herbstfests anreisen. Deswegen ist der Freitag vor dem Wiesnstart oft sehr voll gepackt mit Terminen.

Wo sind Sie noch
im Einsatz?

Auf dem Oktoberfest. Wenn ich nicht bei Volksfesten bin, schaue ich im Europa-Park oder einem unserer anderen vielen Kunden in Deutschland, Europa oder dem mittleren Osten nach dem Rechten. Jedes Jahr im Frühjahr werden von mir und meinen Kollegen die Wasserrutschen in den Freibädern geprüft. Hin und wieder prüfe ich auch Spielplätze.

Wie fit muss man als Fahrgeschäfte-Prüfer
eigentlich sein?

Relativ fit würde ich sagen – und schwindelfrei. Denn mein Beruf setzt auch voraus, dass ich hin und wieder auf die Fahrgeschäfte klettern muss. Beim Rosenheimer Herbstfest bin ich auf die Riesenschaukel „Mexican Flight“ geklettert und habe mir dort angesehen, ob alles passt. Einer meiner Kollegen ist aufs Riesenrad geklettert.

Wie läuft eine solche Prüfung ab?

Ich schaue mir zuerst das Prüfbuch an. Darin steht unter anderem, bis wann die Ausführungsgenehmigung gilt. Ohne diese dürften Schausteller gar nicht erst aufbauen. Anschließend nehme ich das Fahrgeschäft unter die Lupe. Hin und wieder kommt es beispielsweise vor, dass ein Splint oder eine Holzunterlage fehlt. Das wird in der Regel aber immer schnell behoben. Am Ende folgt die Funktionsprüfung.

Ich schaue mir an, wie schnell sich das Karussell dreht und ob die jeweiligen Programme funktionieren. Wenn die Fahrgeschäfte entsprechend der Unterlagen im Prüfbuch aufgebaut wurden und alle Prüfungen bestanden sind, bekommen die Schausteller ihre Genehmigung.

Man hört immer wieder von Unfällen mit
Karussells.

Es gibt verschiedene Gründe, wieso es zu solchen Unfällen kommen kann. Es kommt vor, ist aber selten. Wenn etwas passiert, können zum Beispiel menschliches Versagen oder Wartungsmängel die Ursache sein. Hin und wieder liegen die Gründe jedoch auch beim Fehlverhalten der Fahrgäste.

Ich habe auch schon von Fällen gehört, wo Fahrgeschäfte absichtlich manipuliert worden sind oder Sicherheitsvorkehrungen ignoriert wurden. Beispielsweise damit mehr Menschen in ein Abteil passen, als eigentlich erlaubt sind.

Hat man nach der Arbeit überhaupt noch Lust darauf, auch privat mal in ein Fahrgeschäft zu steigen?

Ich fahre schon gerne. Allerdings meide ich beispielsweise Fahrgeschäfte, bei denen ich nicht weiß, wie lange ich unterwegs bin. Mir gefallen Achterbahnen, wo ich genau weiß, wann ich am Ende bin.

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