Rosenheim – „Antreten zur Frühschicht“ heißt es für mich am Mittwoch um 5.30 Uhr. Für einen Tag begleite ich die Müllabfuhr auf ihrer „Wiesn-Tour“. Auf der Fahrt zum Betriebshof in Rosenheim kommt mir kein anderes Auto entgegen. Kein Wunder, es ist gerade einmal kurz vor 5. Ich bin müde und der Regen prasselt auf mein Autodach. Super Wetter für den Außendienst, denke ich mir.
Um kurz nach 5 Uhr erreiche ich mein Ziel. Von den Mitarbeitern werde ich herzlich empfangen. Luigi De Martin, der für den Dienstplan und Organisation zuständig ist, führt mich durch das Gebäude. Dann erhalte ich meine orangefarbene Uniform. Als ich mich im Spiegel betrachte, muss ich lachen. Eigentlich eine Farbe, die ich niemals tragen würde, doch irgendwie steht sie mir.
Einführung in
die Arbeit
Umgezogen und mit Block und Stift ausgestattet, lerne ich meine Gruppe kennen. Ludwig Brüchmann ist der Fahrer und damit zuständig für die Sicherheit seiner Männer. Zu seinem festen Team gehört Anton „Toni“ Dörfl. Weil ein anderes Mitglied der Gruppe gerade im Urlaub ist, springen Stefan Boros und Fatih Yovru ein.
Bevor es endlich auf die Straße geht, bekomme ich eine kurze Sicherheitseinweisung. Boros zieht eine leere, schwarze Mülltonne heran. Wir stehen am Ende des Müllwagens. „Die Tonne musst du dicht an die Greifzähne schieben“, erklärt er mir. Bevor die Tonne automatisch angehoben und ausgekippt wird, warnt mich Boros: „Vergiss nicht, immer einen Schritt zurückzugehen.“ Sofort trete ich zurück. „Nicht, dass du die Tonne gegen deinen Kopf bekommst.“
Dann bin ich an der Reihe. „Oje“, denke ich mir. Langsam gehe ich zur Mülltonne und mache es Boros nach. Zum Glück klappt alles ohne Probleme. Dann kommt Dörfl mit einem grünen Müllcontainer. „Die müssen wir immer zu zweit nehmen“, sagt er. Zusammen mit Boros macht er es vor. „Wenn alles passt, musst du deinem Kollegen ein Handzeichen geben oder kurz zurufen“, sagt Boros. Ich nicke. „Passt!“, rufen sich beide zu. Dann drückt Boros einen blauen Knopf an der Seite. Die Greifzähne fahren langsam nach oben. „Es gibt Müllwagen, die machen das automatisch“, sagt Brüchmann. Dieser aber noch nicht. Auch hier soll ich es einmal ausprobieren. Zusammen mit Boros setze ich den Container an. Leise rufe ich: „Joa, ich denke, das passt.“ Meine Kollegen schmunzeln. Dann fährt der Container ohne Probleme nach oben. Um kurz vor 6 Uhr verlässt der Müllwagen den Betriebshof. Zu fünft sitzen wir im Fahrerhaus. „Vielleicht haben wir heute Glück mit dem Regen“, sagt Boros. Die anderen pflichten ihm bei. Doch bislang hat der Regen noch nicht aufgehört. Der Müllwagen kommt zum Stehen. Ich springe hinter Boros und Dörfl aus dem Fahrerhaus. Gekonnt setzen die beiden die Mülltonnen an. Eine nach der anderen wird ausgeleert. Sie sind ein eingespieltes Team. Ich komme mir etwas unbeholfen vor. „Du musst immer auf den Verkehr achten“, ruft mir Dörfl zu. Oje, noch mehr, worauf ich achten muss.
Nachdem alle Tonnen geleert sind, darf ich mich auf das Trittbrett stellen – etwas, worauf ich mich von Anfang an gefreut habe. Boros und Dörfl stehen links auf dem Trittbrett und ich rechts. Dann fährt der Müllwagen weiter. Der Regen und der kalte Wind lassen mich frieren. Dennoch ist es ein aufregendes Gefühl. Ich schaue mich um. Durch die Dunkelheit habe ich die Orientierung verloren. Immer wieder springen wir ab und entleeren den Restmüll. Dann geht es für mich zurück ins Fahrerhaus. Endlich aufwärmen!
Brüchmann erzählt mir von seinem Beginn bei der Müllabfuhr. „Seit acht Jahren arbeite ich jetzt bei der Müllabfuhr“, sagt er. 13 Jahre hat er davor als Metzger gearbeitet. „Doch in der Lebensmittelbranche verdient man nicht so gut“, sagt Brüchmann. Nach seiner Zeit beim Kunststoffgewerbe landet er über einen Freund beim Baubetriebshof. „Der Job macht mir viel Spaß“, sagt er und lacht.
Das Herbstfest bedeutet für ihn vor allem eins: zusätzlicher Stress. Daran ändert auch das Wetter nichts. Bevor es endlich auf die Loretowiese geht, entleeren Brüchmann und Boros den Müllwagen. Insgesamt sechs Tonnen Restmüll haben wir bislang gesammelt.
„Beim Herbstfest müssen wir alles mitnehmen“, sagt Brüchmann und lenkt den Müllwagen gekonnt an den Buden vorbei. Normalerweise werden Säcke, die neben den Mülltonnen liegen, zurückgelassen. „Es können Scherben oder Spritzen drinnen sein“, sagt Brüchmann. In der Regel sind er und seine Kollegen bereits vor den Lieferanten im Einsatz, insgesamt dauert die Tour rund eine Stunde.
Zwei Tonnen
Müll am Dienstag
Wie viel Tonnen an Müll auf der Wiesn zusammenkommen, weiß Brüchmann nicht genau. „Am Dienstag waren es schon zwei Tonnen und manchmal werden es auch drei“, sagt er. Systematisch gehen wir die Gassen zwischen den Buden entlang. Brüchmann fährt mit dem Müllwagen neben uns her. In einer halben Stunde schaffen wir es, alle Mülltonnen zu leeren. Erst jetzt merke ich, wie erschöpft ich bin. Ich lasse mich auf einen Sitz in der Fahrerkabine fallen. Ich bin froh, dass es für mich nach Hause geht, während meine Kollegen noch eine weitere Runde fahren müssen.