„In Rosenheim sind wir zu Hause“

von Redaktion

Die kroatisch katholische Gemeinde in Rosenheim feiert am 30. September ihr 50-jähriges Bestehen. Vorab blickt Pfarrer Frano Cugura auf die vergangenen Jahre zurück. Er erzählt von bewegenden Zeiten – und erklärt, was das Besondere an Rosenheim ist.

Rosenheim – Aus Rosenheim wegziehen, das ist für Pfarrer Frano Cugura zurzeit undenkbar. Der 62-Jährige hatte geplant, sechs Jahre in Deutschland zu arbeiten. „Nun sind es 35 Jahre geworden“, sagt Cugura und lacht. Aber inzwischen hätten das Land und insbesondere Bayern für ihn eine besondere Bedeutung. Als vor sechs Jahren die kroatisch katholische Gemeinde in Rosenheim ohne Pfarrer war, stand für Cugura fest: Hier hin möchte er.

„In Bayern war ich bereits verwurzelt“, sagt der 62-Jährige. Vor 35 Jahren bekam er die Anfrage, die Stelle des Kaplans in München zu übernehmen. Danach ging es für ihn nach Stuttgart und Berlin. Doch das Heimweh nach Bayern stieg. „Ich habe immer nach Bayern geschielt“, sagt er. Gefehlt haben ihm die Berge und die Seen. „Ich hatte schöne Trauungen am Schliersee und am Tegernsee. So etwas vergisst man nie“, sagt er.

Als die Stelle in Rosenheim frei wurde, ging es „endlich wieder zurück nach Bayern“. Rosenheim sei der perfekte Ort, um an die eigene Heimat erinnert zu werden. „Wir können hier in unserer Muttersprache unseren Glauben, Tradition und Kultur bewahren“, sagt er.

Gastarbeiter vermissten
Heimat und Familien

Nun feiert die Gemeinde, zu der auch die Landkreise Rosenheim und Miesbach zählen, ihr 50-jähriges Bestehen. An ihre Entstehung kann sich Pfarrer Cugura noch gut erinnern. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg seien viele Kroaten nach Rosenheim gekommen. „Sie waren unter anderem an dem Bau der Zahnradbahn auf den Wendelstein beteiligt“, sagt der 62-Jährige.

Nach dem Krieg kamen weitere Kroaten nach Deutschland. „Sie flohen vor dem kommunistischen Regime“, erinnert er sich. In den 60er-Jahren erhielten sie die Erlaubnis, als Gastarbeiter in Deutschland zu arbeiten. Immer mehr Kroaten kamen nach Deutschland, um Geld für ihre Familie zu erarbeiten. Die meisten von ihnen wollten nicht lange in dem fremden Land bleiben. Vielen fehlten die Heimat und die zurückgelassene Familie. „Sie hatten religiöse, kulturelle und soziale Bedürfnisse“, sagt Cugura.

Die kroatische Gemeinschaft wuchs und mit ihr der Wunsch nach der heiligen Messe. „Vor 75 Jahren wurde in München die erste kroatisch katholische Gemeinde gegründet“, sagt Cugura. Ein Pfarrer habe sich um alle Gläubigen Kroaten in Bayern gekümmert. Bis 1973 die Erzdiözese die heutigen Kroatischen Katholischen Missionen in Rosenheim, Traunreut und Freising gründete. Mittlerweile gehören rund 8000 Katholiken zur Gemeinde in Rosenheim. Zu den Messen von Pfarrer Frano Cugura kommen meist 400 Leute. Kleinere Andachten hält er im Gemeindehaus in der Heilig-Geist-Straße. Der Gottesdienst am Sonntag findet in der Christkönig-Kirche statt.

Über die wachsende Gemeinde freut sich Cugura. „Vor allem kommen junge Pärchen mit ihren Kindern zu uns“, sagt er. Für die Jüngeren gebe es daher viele Angebote: von Kinderbibeltagen bis hin zum Pfannkuchen-Essen. Das ist Cugura wichtig. Denn auch an seiner Gemeinde gehen die Missbrauchsskandale in der Kirche nicht einfach vorbei.

Einige Male ist er von Mitgliedern darauf angesprochen worden. „Das Entsetzen ist da – und es ist groß“, sagt Cugura. Doch deswegen seien noch keine Mitglieder aus der Gemeinde ausgetreten.

„Sie gehen in die Kirche um Gott, Jesus und anderen Mitgliedern nah zu sein“, sagt er. Er glaubt, das Vertrauen in die Kirche sei bei den Gemeindemitgliedern groß, weil sie gute Erfahrungen mit seinen Vorgängern, den Ortspriestern und mit ihm gemacht haben.

„Wir wollen kein
Getto bilden“

Dieses Vertrauen ist ihm wichtig. Und das bereits seit seinem ersten Tag als Franziskaner. 1961 wurde Cugura in Senj, einer kleinen Stadt in Kroatien, geboren. Dort gibt es ein großes Kloster, in dem Franziskaner leben, darunter auch viele junge Männer. Das habe ihn als Kind sehr begeistert. „Es war schon immer mein Traum, einer von ihnen zu werden“, sagt Cugura. 1986 verwirklichte er diesen Traum und ging ins Kloster.

Nun lebt er in Rosenheim. In das Kloster in seiner Heimat zurückzukehren – das kann er sich erst in vielen Jahren vorstellen. „Entweder wenn ich ausgedient habe oder ich dorthin berufen werde“, sagt der 62-Jährige.

Für die Zukunft wünscht er sich, dass die kroatisch-deutsche Freundschaft weiter wächst. „Wir wollen mit unserer Gemeinde kein Getto bilden, sondern nur unsere Heimat in uns bewahren“, sagt Frano Cugura. Dennoch sei ihm und auch vielen Mitgliedern seiner Gemeinde eines klar: „In Rosenheim sind wir zu Hause.“

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