„Dieses Mal hat es eben mich erwischt“

von Redaktion

Verprügeltes Opfer möchte überraschend keine Strafanzeige erstatten

Rosenheim – Ein 41-jähriger Schreiner musste sich jetzt am Amtsgericht Rosenheim wegen einer Schlägerei nach der Wiesn im vergangenen Jahr verantworten. Das Opfer reagiert darauf überraschend. Die handfesten Auseinandersetzungen ab 23 Uhr zur Herbstfestzeit in der Ruedorfferstraße sind geradezu ein Klassiker für die nächtliche Polizeistreife.

Mehrere Nachtlokale dort sind nach der Wiesn beliebte Ziele. So auch am 4. September 2022. Gegen 1.20 Uhr war die Polizei innerhalb weniger Minuten an einem Lokal vor Ort, wo ein 42-jähriger Fliesenleger mit mehreren Faustschlägen niedergestreckt am Boden lag. Der Täter war bereits geflüchtet, konnte aber durch Hinweise mehrerer Zeugen als 41-jähriger Schreiner identifiziert und ausfindig gemacht werden.

Vor der Strafrichterin Dr. Stephanie Oberländer am Amtsgericht Rosenheim war nun der 41-jährige Schreiner nicht zum ersten Mal angeklagt. Er ist wegen einer Vielzahl von Straftaten, auch einschlägigen Vorstrafen, bei der Polizei und im Gericht bekannt. In Bezug auf den angeklagten Vorfall hat er vor Gericht keinerlei Aussagen getätigt, was seinem Recht entspricht.

Der Türsteher des Lokals erkannte ihn eindeutig als Täter aus der fraglichen Nacht und bezeugte, er habe das Opfer nicht nur niedergeschlagen, sondern auch bei dem Versuch, wieder aufzustehen, erneut mit einem Faustschlag zu Boden geschickt. Das Opfer musste schließlich auf einer Trage ins Krankenhaus gebracht werden. Eine Frau, die möglicherweise Auslöser dieser Schlägerei gewesen war, konnte nicht mehr ausfindig gemacht werden.

Überraschend war darauf allerdings die Reaktion des Opfers. Der Fliesenleger verzichtete ausdrücklich darauf, eine Anzeige zu erstatten. Auch vor Gericht machte er deutlich, dass er kein Interesse an einer Strafverfolgung habe: „Ich hatte fünf bis sechs Mass Bier intus und dazu noch etliche Whiskys. Ich bin auch kein Kind von Traurigkeit. Dieses Mal hat es eben mich erwischt. Das ist nichts Besonderes.“ Die vorhandenen Aussagen der Zeugen genügten dem Staatsanwalt völlig, um in seinem Plädoyer den Angeklagten eindeutig für schuldig zu erklären.

Obwohl die vielen einschlägigen Vorstrafen zu einer Strafschärfung führen würden, müsste die klare Aussage des Betroffenen, keine Strafe gegen den Angeklagten zu wollen, dennoch positiv berücksichtigt werden. Eine Haftstrafe von acht Monaten wäre dennoch notwendig. Zumal der sich zu der Tatzeit noch in offener Bewährung aus einer früheren Straftat befunden hatte. Dabei sei eine erneute Aussetzung zur Bewährung sicher unmöglich. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Peter Dürr, hielt die Beweislage für keineswegs so eindeutig. Diese nächtliche Gemengelage lasse verschiedene Szenerien zu, deshalb sei sein Mandant freizusprechen. Sofern das Gericht aber zu einem Schuldspruch käme, so legte er eine mögliche Strafe in das Ermessen des Gerichts. Die Strafrichterin erklärte den Angeklagten schuldig der vorsätzlichen Körperverletzung. Hielt ihm – trotz der erheblichen Vorstrafenliste – aber zugute, dass es weder erhebliche Verletzungen beim Tatopfer gab, noch dieser ein Interesse an dessen Bestrafung hatte. So fand sie eine erhebliche Geldstrafe von über 10000 Euro für Tat und Schuld angemessen. Damit ersparte das Gericht dem Angeklagten nicht nur eine Haftstrafe, sondern auch den Widerruf der vorausgegangenen Bewährungsstrafe. „Damit bringt er dem Staat Geld, anstatt ihn Geld zu kosten“, meinte die Richterin. Theo Auer

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