Rosenheim – Wenn voraussichtlich im Jahr 2025 die Bauarbeiten für den innerstädtischen Hochwasserschutz an der Mangfall in Rosenheim beginnen, geht ein Projekt in die Endphase, das fast schon als Jahrhundertprojekt bezeichnet werden kann. Bereits vor dem Jahr 2000 wurde mit dem Ausbau des unteren Mangfalltals von Feldkirchen-Westerham bis zur Mündung der Mangfall in den Inn bei Rosenheim begonnen.
Die Bedeutung des Projektes ist aber noch größer, als es die Dauer vermuten lässt: Vor den Maßnahmen wären bei einem 100-jährlichen Hochwasser 42000 Menschen von Überschwemmungen betroffen gewesen, die Schadenshöhe bei einem solchen Ereignis war mit einer Milliarde Euro hochgerechnet worden. Manchem ist vielleicht auch das Hochwasser des Jahres 2013 noch in Erinnerung, als die Innenstadt im Gegensatz zu anderen Ortsteilen wie Oberwöhr zwar trocken blieb, die bestehenden Dämme aber kaum noch „Freibord“ hatten. Mit der kommenden Maßnahme, deren Entwurfspläne das Wasserwirtschaftsamt unlängst der Öffentlichkeit vorstellte, ist dann auch der Innenstadtbereich zwischen Eisenbahnbrücke und Schwimmbadsteg für ein 100-jährliches Hochwasser ausgelegt sowie einem Klimaänderungszuschlag von 15 Prozent.
Dieses Plus an zusätzlicher Sicherheit für alle Anlieger der Mangfall bringt ein riesiges Rückhaltebecken, das derzeit im Westen des unteren Mangfalltales, bei Feldolling, gebaut wird. Im Hochwasserfall kann dieses Areal, das dann vorübergehend geflutet wird, bis zu 6,6 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten.
Hochwasserschutz ist aber stets nur ein Ziel, wenn heutzutage Maßnahmen entlang von Flüssen ergriffen werden. Immer geht es auch darum, die Flusslandschaften sowohl ökologisch zu stärken wie auch als Erholungslandschaft interessant zu machen. Die Mangfall sei dafür ein hervorragendes Beispiel, meint Dr. Tobias Hafner, der Chef des Wasserwirtschaftsamtes. Und Bernhard Unterreitmeier vom Ingenieurbüro „aquasoli“ ergänzt: „Hier ist es gelungen, einen einfachen, das heißt, zweckoptimierten Fluss, der zudem bis zum Jahr 2000 noch einer der bayerischen Hotspots in Sachen Überschwemmung war, zu einem attraktiven Erlebnisraum umzugestalten.“
Gut zehn Prozent der Kosten von 175 Millionen Euro, auf die das Gesamtprojekt veranschlagt wurde, werden allein für Renaturierung aufgewendet. Von dieser Renaturierung profitiert auch der Mensch, denn die Flusslandschaft wird schöner, zugänglicher und erlebbarer. Auch beim kommenden Innenstadtausbau hat man deshalb viel Acht auf die Bedürfnisse von Fahrradfahrern und Fußgängern gegeben. Ihre Wege werden, wo immer möglich, getrennt, auf jeden Fall aber verbreitert.
Auch die Deichböschungen Richtung Fluss werden in ihrer Form „weicher“ gestaltet mit sanfterem Auslauf zum Wasser hin, wie Iris Reitinger-Eß, die Projektleiterin, erläutert: „Kein unnahbarer ‚Canyon‘ mehr, sondern auch hier eine Landschaft, die zum Schauen und auch Verweilen an den Dammböschungen einlädt.“ Nicht nur für Reitinger-Eß, sondern auch für Behördenleiter Hafner ist die Entwurfsplanung des Ingenieurbüros neben dem Hochwasserschutz echte Stadtbildgestaltung im besten Sinn. jt