Rosenheim – Jeden Sonntag begleitet Andreas Penninger die Messe in der Stadtteilkirche Rosenheim Am Wasen auf der Orgel. An kirchlichen Feiertagen und privaten Festen singt der Chor unter seiner Leitung. Seit 24 Jahren ist Penninger schon Kirchenmusiker und hat damit seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Die Sorge um den fehlenden Nachwuchs geht auch an ihm nicht spurlos vorbei. „Global gesehen, gibt es einen Nachwuchsmangel in der Kirchenmusik“, sagt er.
Viele Gründe für
fehlende Beteiligung
Doch in Rosenheim sei dieser bislang noch kein allzu großes Problem. Viel eher fehle die Beteiligung am Kirchenchor. Wofür es laut Penninger viele Gründe gibt. „Und die Auswirkungen werden wir in ein paar Jahren zu spüren bekommen“, sagt er. Ein Grund sei Corona gewesen. Denn als Kirchenmusiker konnte man nicht mehr mit „guter Qualität“ überzeugen. So fanden die Chorproben gar nicht oder nur online statt. Viele Mitglieder hätten diese Zeit genutzt, um sich aus dem Chor zurückzuziehen.
Neben dem Kirchenchor Am Wasen leitet Penninger zwei Ensembles und den Choriamos. Letzteres spielt Lieder aus dem Bereich Gospel oder klassischer Filmmusik. „Es besteht immer noch Interesse am Singen, wir müssen es nur mit Inhalt und Leben füllen“, sagt Penninger. Mit den beiden Ensembles nahm er an dem Festival „Rosenheim singt“ teil und probierte Pop-Songs, wie von Abba oder Queen aus. Die positive Rückmeldung gab Penninger den Mut, mehr zu wagen. „Man darf sich nicht vor dem Neuem verschließen und muss den Mut haben, alles mal auszuprobieren“, sagt der 42-Jährige.
Ein Kinderchor gegen
die Zukunftsängste
Die größte Sorge des Kirchenmusikers ist die schwindende Beteiligung der jüngeren Generation. An den musikalischen Angeboten nehmen vor allem ältere Menschen teil. Das jüngste Mitglied in seinem Chor ist 34. Also ist noch viel Luft nach unten, meint Penninger. Seit Mitte September gibt es deshalb den Kinderchor, an dem 40 Sechs- bis Zehnjährige teilnehmen. Die härteste Aufgabe sei es, die Kinder auch im Jugendalter noch für die Musik zu begeistern.
Penninger ist erst seit eineinhalb Jahren in Rosenheim. Er konnte noch nicht alles ausprobieren, um auch die Jugend wieder in den Chor zu holen. Dennoch sei das Interesse an der Musik noch nicht ganz verschwunden. In das Studium der Kirchenmusik schreiben sich seiner Meinung nach immer noch genug junge Menschen ein. Für Penninger ist klar, der Beruf ist etwas Besonderes. „Die Musik drückt etwas aus, was man vielleicht mit Worten nicht aussprechen kann“, sagt er.
Dem stimmt Christopher Ryser von der Sankt-Nikolaus-Kirche in Rosenheim zu. „Solange es attraktive Stellen gibt, wird es auch weiterhin qualifizierte Musiker für diese geben“, sagt er. Ryser selbst ist ein junger Kirchenmusiker. Der 28-Jährige kommt aus München und arbeitet erst seit September in Rosenheim.
Derzeit dirigiert er 20 Mitglieder im Kirchenchor und 25 im Kammerchor Rosenheim. Auch Ryser bemerkte, dass sich viele Chöre durch die Pandemie stark verkleinert haben. Zudem kämpfe die katholische Kirche weiterhin mit Vertrauensverlusten ihrer Mitglieder. Ob der Nachwuchsmangel auch damit zusammenhängt, sei schwer zu sagen. „Zumindest erlebe ich, dass man gerade in schwierigen Zeiten mit der Musik die Menschen besonders gut erreichen kann“, sagt der 28-Jährige.
Für ihn gibt es kaum etwas Schöneres, als die jungen und alten Menschen für die Musik zu begeistern. Daher soll auch in der Sankt-Nikolaus-Kirche ein Kinder- und Jugendchor aufgebaut werden. „Für mich ist die Nachwuchsförderung etwas Essentielles und gleichzeitig ein Fundament für die Zukunft der Kirchenmusik in dieser Gemeinde“, sagt Ryser.
Mit Musik
Hoffnung geben
Der junge Musiker war selbst im Kinder-, Jugend- und Kirchenchor aktiv. Sein Vater ist Kirchenmusiker in München und begeisterte Ryser für diesen Beruf. Nach der Grundschule besuchte er ein musisches Gymnasium und neben dem Chor erlernte er das Klavierspielen. Nach dem Abitur entschied er sich dann für das Kirchenmusik-Studium. Bereits zu Hause bekam er die Vielfältigkeit des Berufes mit.
Ziel: Nah an der
Gesellschaft bleiben
„Der Beruf Kirchenmusik verbindet für mich drei wichtige Ansätze: Musizieren, Spiritualität und soziale Arbeit“, sagt Ryser. Es sei schön, wenn die Menschen jedes Alters zusammenkommen und in der Gemeinschaft zusammen singen und sich miteinander austauschen. „Es bleibt mein Ziel, mit meiner Arbeit nah an der Gesellschaft zu bleiben und den Besuchern unserer Veranstaltungen mit musikalischen Stunden Lichtblicke im Alltag zu geben“, sagt Ryser.