Vater Inn und seine Geschichten

von Redaktion

Stadtkirche von St. Nikolaus behütet – Schutzpatron der Flößer

Rosenheim – Wenn der Inn erzählen könnte, dann würde er sich auslassen über die ersten Einbäume und Kähne, die auf ihm fuhren sowie über die römischen Töpfer aus dem Ort „Pons Aeni“, die ihre Fracht auf ihm bis nach Ungarn brachten. Plaudern würde der Fluss über die ersten Glaubensboten, die ihn als Weg über die Alpen nach Rom nutzten, sowie über Schiffszüge und schmale Zillen – besondere Kähne, die mühselig von Menschen und Tieren gegen den Strom gezogen wurden.

An die Geschichte der Schiffleute und der Flößer erinnert der „Vater Inn“, das Reliefbild in der Hafnerstraße in Rosenheim. Der Bildhauer und Architekt Georg Albertshofer schuf das Werk. Es stellt den alten Flussgott „Pater Aeni in Pons Aeni“ dar. Dieser trägt ein von drei Pferden gezogenes Innschiff. Auf einem der Pferde sitzt ein Reitknecht. Seit 1995 schaut das Reliefbild nicht mehr über den Max-Josefs-Platz, sondern in die Hafnerstraße.

In der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus beten Gläubige gerne vor dem Altarbild. Sie zünden vor dem alten Marienbild, mit der Darstellung der Muttergottes mit dem Jesuskind, eine Fürbittkerze an.

Die Schiffleute auf dem Inn leisteten mühevolle Arbeit in der Blütezeit der Innschifffahrt – von 1450 bis 1852 – für den Transport von Waren auf der „nassen Strass“. Transportiert wurden Kalk von den Kalkbrenneröfen in Nußdorf sowie Mühlsteine aus den Steinbrüchen in Hinterhör bei Altenbeuern und bei Brannenburg. Im Austausch von Bier und Mühlsteinen aus dem Inntal wurden Wein und Getreide von Ungarn nach Bayern in großen Fässern transportiert. Fassmacher, Wagner und Schäffler sowie Reifendreher schufen diese.

„Gott segne das ehrbare Handwerk“, so lautete der Spruch der Handwerksgesellen und Meister. „Nahui in Gott’s Nam“, der Gruß der Schiffsleute auf dem Inn: Bis heute werden in der Schiffleutvereinigung Nußdorf, in der Schiffleutbruderschaft Neubeuern und in der Nikolai-Bruderschaft Wasserburg die alten Spuren der Innschifffahrt gepflegt.

Auch die Stadtkapelle Rosenheim und der Spielmannszug Rosenheim erinnern bei Auftritten beim Herbstfest und bei anderen festlichen Anlässen an die Arbeitskleidung und Werktracht der Schiffleute: mit Haferlschuhen, Bundlederhose, Trachtenjanker sowie Krempenhut.

Die Schiffleute bauten ihre Plätten, flache, aufgekränzte Schiffszüge, nicht selber. Sie entstanden in der Bootsbauerwerkstatt. Im Winter wurden diese in der Schopperwerkstatt überholt, geteert, kalfatert und geschoppt. Kalfatern bezeichnet das Abdichten der Nähte zwischen den Schiffsplanken. Im Unterschied dazu waren die Flößer in der Regel Holzarbeiter und Bauern mit großem Holzbesitz. Die Holzstämme für die Flöße wurden zusammengebunden, mit 180 Wieden. Eine Wiede ist ein verdrehter Zweig, aus dem Bänder oder Seile geflochten werden. Nach der Industrialisierung erfolgte dies mit Schlingen und Eisenkeilen. stb

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