Boarisch a eigne Form vom Hochdeitschn

von Redaktion

Interview mit Heinz Schober-Hunklinger, Förderverein Bairische Sprache und Dialekte

Rosenheim – Die bairische Sprache ist gefährdet. Bereits seit 2009 steht der Dialekt auf der Liste der bedrohten Sprachen der Unesco. Damit das Bairische nicht ganz von der Bildfläche verschwindet, dafür setzt sich der Förderverein Bairische Sprache und Dialekte ein. Im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen erklärt der Vorsitzende Heinz Schober-Hunklinger, warum vor allem junge Menschen kaum noch Bairisch reden, wieso es für Rosenheim Hoffnung gibt und was sich dennoch ändern muss.

Wann haben Sie das letzte Mal Hochdeutsch gesprochen?

Eigentlich fast oiwei, weil´s Boarische ja aa a eigene Form vom Hochdeitschen is. Des wissn aber de Wenigsten. Für vui is Hannover-Deitsch as typische „Hochdeitsch“, des stimmt aber hint und vorn ibahauptsgorned. Ois Hochdeitsch werd freile aa oft as Standard- oder Schriftdeitsch vastandn. Bei da Aussproch gibt´s aber ned wia bei da Schrift de gleichn Regeln, aa ned amoi beim Duden.

Aber mit bairischem Dialekt reden Sie immer?

Zwischen Dialekt und Standardsproch gibt’s mehrane Ebenen. Dass i moi ned mein Ortsdialekt redt, ko ma fast jädn Dog passiern, weil i hauptberuflich im Versicherungswesen bin und do muass ma aa moi in olle Richtungen redn kenna.

Dann sollte man im Berufsleben auf den Dialekt verzichten? Zum Beispiel, wenn man als Bayer geschäftlich in Hamburg ist.

Auf gor koan Foi! Da Dialekt kimmt meistens guat o. An Onfang soiat ma se scho umstejn und dem Gegenüber de Zeit gebm, se drauf eizustejn. Aber dann, warum ned? Des macht ja nix aus, wann ma aussaheard, woher ma kimmt. Neamds soi desweng diskriminiert werdn, dass er redt wia a redt!

Aa ned im Gschäftslebm. Mia soiatn ins da ein bissei wos von den Franzosen ooschaung, fia de is eahna Akzent fast woos Heiligs.

Es gibt allerdings Stimmen, die sagen, dass die bairische Sprache ausstirbt.

Das as Boarische ganz aussterbm werd, sehg i grod ned. Ja, da Dialekt werd freile in diam Landstrich komplett verdrängt und oiwei mehra zua Minderheitssproch. Aber Boarisch werd ned komplett sterbm. Aa weil´s zum Sehng und zum Spian is, dass do woos dageng gibt. Ma hod scho as Gfii, dass as Boarische aa wieder „in“ ist. Des sehgt ma zum Beispie aa in da Musi, wo boarische Liada und Radiosender recht gfrogt han.

Sie haben also keine Angst, dass der Dialekt verschwindet?

De Zoih, des wo’s redn, gäht scho zruck. Aber dabei kimmt´s aa oiwei auf des Gebiet drauf o. Auf´m Land wia im Landkreis Rousnhoam wird´s Gegenden gebm, wo de Dialektsprecher no de Mehran han. In da Stood und bsondas in Minga schaut´s anderschd aus. Und es is aa scho moi schlimmer gween mid da boarischn Sproch. Vor 20 Joahr iss‘ Boarische a ganz ogschaugt wordn. Des is dro gleng, dass in de 1970er Joahr jäda, wo Hochdeitsch red woit, aa so redn hod miassn, wia ma´s in Hannover redt. Do hod´s ghoaßn: Wann i an Lebm wos erreicha wui, mua ma ohne Dialekt redn. Des ist leider no oiwei in vii Kepf drinn.

Was sind die Gründe für den Rückgang?

In de Schuin werd leider oiwei weniger Boarisch gredt. An de mehran Gymnasien moanan de mehran Lehrer, dass Hannover-Deitsch de richtige Aussproch waar. Lehrer soiatn aber scho aa vermittln, dass da Dialekt koa Nochteil is, sondern sogar a Vorteil. Aber aa in de Medien wia Fernsehn, Internet oder Radio kimmt as Boairische ja kaum vor und wenn nur in oana gwissn Spartn. A weidana Grund is, dass´s bei ins vui zuawandern, wo aber, bei da innerdeitschn Migration, des zoang sprachwissenschaftliche Untersuchungen, do eindeitig da Hund begrobm is.

Wenn die Menschen, die nach nach Bayern kommen, Bairisch lernen, könnte das die Integration vereinfachen?

Freile hejffa duat‘s gwieß, wannma boarische Grundbegriffe lernt. Zum Beispui, dass‘s in Bayern statt Junge, Bub hoaßt oder beim Bäcker Semmel und nicht Brötchen. Des dat de Zuagroaßtn aa im Berufsleben hejffa. Unter anderem im Pflegedienst, wo aa äidtdane Leit dabei han, de wo no broat Dialekt redn. Das is ebenfalls wissenschaftlich nach-gwiesn wordn.

Und wie schafft man es, dass auch Jüngere wieder mehr im Dialekt sprechen?

Man muss se oafach mit da Sproch identifizieren kenna. Und do dazua brauchts bei de jungan Leit Vorbilder. Da konn moderne Musi helfa. Die Lieder von der Spider Murphy Gang zum Beispiel sind ja immer noch beliebt. Sowas gheart mehr gfördert, damit se de Jungan aa wieder mehra traun, im Dialekt zum redn. Oder aa scho im Kindergarten gheats vermittelt, dass da Dialekt dazugehört, do soin olle Kinda mehra boarische Liada singa.

Ist es eine Option, dass „Bairisch“ ein Schulfach wird?

Ma soiats oafach mehra an Deitschunterricht integriern. Ma muass lerna, dass Deitsch ned nur Schriftdeitsch is, sondern aa olle gredtn Variationen dzuaghearn. Und, dass de gleichberechtigt han und das er Vorteil is, wann ma mehrene Varianten beherrscht.

Und was unternimmt Ihr Verein, dass der Dialekt erhalten bleibt?

Mia ham aa nur begrenzte Zeit, da mia des ehrenamtlich machan. Mia machan vui Infostände zum Beispiel bei an Kirtdog oder oana Duit. Aber aa bei eigane Veranstaltungen. Dazua gebm mia de Zeidung „Rundbriaf“ aussa. Mia versuachan aa vie mid Sprachwissenschaftler zsammzumoarbatn, mia vasuachan dann, dass ma de Ergebnisse, Infos und Botschaften an de Leit und aa an de Politik und de Medien weida vermitteln kenna.

Was ist denn das Besondere am Dialekt in Rosenheim?

In Oberbayern gibts a L-Vokalisierung. Das hoaßt, dass bei Wörtern wie „Wald“ oder Kalt, dass „L“ zum „I“ wird und man „Woid“ und „koid“ sogt. Des is typisch fia ´s Mittelbairische. Ab Innsbruck wirds dann zum Südbairischen, wo das „L“ wieder ganz anderscht betont werd.

Und was ist Ihr liebster bairischer Ausdruck?

Das waar „ja mei“. A kloana Satz, mit dem ma Vui sogn ko. Dafia gibts koa Übersetzung und des is des Scheene. Aber do gab´s no an ganzn andene Wearta im Boarischen, de ma ned scheena song ko.

Interview Julian Baumeister

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