Wo Kinder und Jugendliche Hilfe finden

von Redaktion

Stress, Prüfungsängste, Depressionen oder Liebeskummer: Viele Kinder und Jugendliche fühlen sich überfordert. Die Corona-Pandemie hat den Druck noch einmal verstärkt. Mit welchen Problemen die Anlaufstellen in der Stadt zu kämpfen haben – und wo es Hilfe gibt.

Rosenheim – Der Schock am Ignaz-Günther-Gymnasium sitzt tief. Am Dienstagvormittag, 15. November, ist es an der Schule zu einem größeren Polizei- und Rettungseinsatz gekommen. „Die Hintergründe für den Einsatz lagen im privaten Umfeld des Schülers“, sagte Erster Polizeihauptkommissar Robert Maurer.

Dass die Probleme bei Kindern und Jugendlichen seit der Pandemie zugenommen haben, bestätigen auch Experten. „Die Anrufzahlen am Kinder- und Jugendtelefon des Kinderschutzbundes, das in Kooperation mit ‚Nummer gegen Kummer‘ angeboten wird, sind im Oktober, Juni und Juli häufig am höchsten“, sagt Barbara Heuel, Geschäftsleiterin des Kinderschutzbundes und verantwortlich für diesen Bereich.

Männliche Anrufer
überwiegen leicht

Ein Großteil der Anrufenden sei zwischen 13 und 18 Jahre alt, wobei männliche Anrufer mit 53,7 Prozent im Jahr 2022 leicht überwogen haben. „61,7 Prozent der Anrufenden haben ein Problem mit sich selbst, wobei psychische Themen und Gesundheit fast ein Drittel aller Anrufenden bewegen“, sagt Barbara Heuel. Neben psychischen Problemen stehen bei den Jugendlichen auch die Themen Liebeskummer und Partnerschaft im Vordergrund. „Hierzu bekommen wir ebenfalls eine Vielzahl von Anrufen“, sagt Barbara Heuel.

Im Themenkreis Sucht und selbstgefährdendes Verhalten, das 7,4 Prozent aller Anrufe im Jahr 2022 ausmacht, bewegen Selbstverletzung und Suizidgedanken laut der Geschäftsleiterin je ein Drittel der Anrufer zu diesem Bereich. „Neben der Klärung von Problemen und dem Bedürfnis, sich auszusprechen, konnten die ehrenamtlichen Berater ein Drittel aller Anrufenden an andere Beratungsstellen und Einrichtungen vermitteln“, sagt Barbara Heuel.

Dass der Bedarf an Beratungs- und Therapieangeboten in den vergangenen Jahren gestiegen ist, weiß auch Christian Eichinger. Er ist Referent für Schulpastoral und der stellvertretende Leiter des Schüler- und Studentenzentrums Rosenheim. Zwar liegen ihm keine wissenschaftlich fundierten Erhebungen und Zahlen vor, in Gesprächen mit Schulleitungen und Schulpsychologen würde sich aber immer wieder herauskristallisieren, dass der Bedarf steigt – es gleichzeitig aber zu wenig Angebote gibt.

Die Ursache für psychische Belastungen von Schülern sieht Eichinger in „allen Arten von krisenauslösenden Ereignissen und Situationen“. Hinzu kommen Leistungsdruck, die Pubertät, Identitätsthemen sowie ein mögliches Beziehungsende. Lehrkräfte, die in guter Beziehung zu ihren Schülerinnen und Schülern stehen, achten laut dem Experten auf Verhaltensveränderungen, Absenzen oder Verschlechterung der Leistung und suchen das Vieraugengespräch mit den Schülern. „Wenn sie ihre eigenen Beobachtungen mit denen der Kollegen abgleichen, erhöht das die Chance, Kinder und Jugendliche frühzeitig zu unterstützen“, sagt Christian Eichinger.

Vertrauenspersonen
benennen

„Für Eltern und Lehrer ist es wichtig, in Kontakt mit dem Kind oder Jugendlichen zu bleiben, um Veränderungen frühzeitig bemerken zu können“, ergänzt Barbara Heuel. Es sei wichtig, ein offenes Ohr zu haben, ohne sich aufzudrängen.

Zudem rät sie dazu, gemeinsam mit dem Kind oder Jugendlichen weitere Vertrauenspersonen zu benennen. „Bei Fragen und Unsicherheiten ist es ein Zeichen der Stärke und immer hilfreich, sich externe Unterstützung zu suchen“, fügt die Geschäftsleiterin hinzu.

Haben Sie suizidale Gedanken oder haben Sie diese bei einem Angehörigen/Bekannten festgestellt? Hilfe bietet die Telefonseelsorge: Anonyme Beratung erhält man rund um die Uhr unter den kostenlosen Nummern 0800/1110111 und 0800/ 1110222. Auch eine Beratung über das Internet ist möglich unter www.telefonseelsorge.de.

Übersicht über die verschiedenen Anlaufstellen