Ein Frontbrief auf Birkenrinde erinnert an Vater

von Redaktion

Volkstrauertag Anneliese Flori bewahrt besondere Erinnerung an vermissten Papa

Rosenheim – Wenn Anneliese Flori aus Rosenheim einen Brief der besonderen Art herzeigt, dann liegen ganze 80 Jahre zwischen der Absendung und dem heutigen Betrachten. Es ist auch auf andere Weise ein besonderer Brief, denn er ist auf Birkenrinde geschrieben und das auch noch in Gedichtform. Anneliese Flori war zwei Jahre alt, als ihr Vater am 8. Januar 1943 aus seinem Kriegseinsatz den Brief an seine Frau Anni und an seine kleine Tochter sandte.

Den Brief ihres Vaters – geschrieben auf Birkenrinde mit feiner Feder und Tinte – entdeckte Anneliese, als ihre Mutter im Jahr 1969 im Alter von nur 62 Jahren verstarb und sie ihren Nachlass sichtete. Als sie den Brief an das Tageslicht holte, war ihr erster Gedanke: „Der Brief bekommt einen Gedenk- und Ehrenplatz. Er hat in mir sofort die Gefühle wieder geweckt, die ich in mir von meinem Vater trug. Ich habe zwar keine persönliche Erinnerung, aber bevor mein Vater in den Krieg musste, nahm er mich auf den Arm, ich klammerte mich stark an ihn und er tanzte mit mir. Dieses Rhythmusgefühl ist in mir wachgeblieben.“

Anneliese hat ihren Vater nicht mehr gesehen. Wegen Malaria kam er zwar einmal von der Front, aber dann wurde er nach Serbien versetzt und gilt dort als vermisst. Ihre Mutter unternahm viele Anstrengungen, um von ehemaligen Kameraden Näheres über seinen Verbleib zu erfahren, dazu aber weiß sie nur: „Von den Kameraden und Kontakten hat sie nur Fürchterliches erfahren, darüber sollte man schweigen.“ Deswegen ist für Frau Flori jedes Gedenken wie der Volkstrauertag und auch die aktuellen Kriegsmeldungen auf der Welt eine Erinnerung, was Menschen mit Menschen getan und was Menschen den Menschen angetan haben.

Anton Hötzelsperger

Der Briefim Wortlaut

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