Rosenheim – Das Jugendschöffengericht Rosenheim verhängte gegen einen 18-jährigen Rosenheimer wegen gefährlicher Körperverletzung eine Geldbuße über 500 Euro und ein Anti-Aggressions-Training. Zudem hat er eine siebenmonatige Untersuchungshaft verbüßt und bereits im Gerichtssaal 1500 Euro als Anzahlung auf die zu erwartenden Schmerzensgeldansprüche bar an den Geschädigten übergeben.
„Es tut mir
sehr leid“
Sein 18. Geburtstag wird dem Rosenheimer vermutlich noch lange in Erinnerung bleiben, denn die geplante Sause in einer Bar endete schon, bevor sie begonnen hatte. Nun musste sich der junge Mann vor dem Jugendschöffengericht verantworten. Er soll kurz nach seiner Ankunft vor dem Lokal einen 27-Jährigen aus dem Altlandkreis ohne jegliche Vorwarnung mit einem einzigen Faustschlag ausgeknockt haben. Der Geschädigte erlitt dabei mehrere Hämatome, eine Prellung mit Nasenbeinfraktur sowie jeweils zwei Zahnkronenfrakturen und Mikrofrakturen an zwei Zähnen.
„Es tut mir sehr leid“, beteuerte der Angeklagte und entschuldigte sich beim Geschädigten und beim Gericht. Über seinen Verteidiger Peter Dürr räumte er den Tatvorwurf vollumfänglich ein. Demnach ist der Angeklagte am 23. Dezember von Freunden in einer Stretch-Limousine abgeholt worden. Während der Fahrt habe der Angeklagte im Auto ein Glas Sekt getrunken. Bei der Ankunft vor dem Lokal seien einige Betrunkene – darunter auch der Geschädigte – nahe an die Limousine herangetreten. Die schwangere Freundin des Angeklagten habe die Männer gebeten, wegzugehen.
Die Situation habe sich dann schnell aufgeschaukelt und sein Mandant habe dem Geschädigten einmal mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Dann habe er sich entfernt, sei aber umgekehrt, um seine aufgebrachte Schwester von der Gruppe zu entfernen und die Lage zu deeskalieren, schilderte der Verteidiger den Auslöser für den Ausraster seines Mandanten. Dieser war bereits im vergangenen Jahr wegen gefährlicher Körperverletzung mit einem einwöchigen Jugendarrest und Sozialstunden vorgeahndet.
„Eigentlich hat es nicht wirklich eine Konfrontation gegeben“, sagte der Geschädigte. Deutlich angetrunken habe er mit seinen beiden ebenfalls alkoholisierten Freunden den Club verlassen, um sich abholen zu lassen. Da sei ihm und seinen Freunden die weiße Limousine aufgefallen. Man habe das Auto betrachtet und ein Fahrgast habe rumgebrüllt, deshalb sei man weggegangen. Plötzlich habe er einen Schlag bekommen, von dem er total benommen gewesen sei. An Pöbeleien seiner Gruppe konnte sich der Geschädigte nicht erinnern. Auch den Angeklagten hat er im Gerichtssaal nicht wiedererkannt.
Laut dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe hat die siebenmonatige Untersuchungshaft den Angeklagten stark belastet. Seit letztem Herbst habe er sich jedoch stabilisiert und den Gefängnisaufenthalt genutzt, um seinen Quali zu machen. Aufgrund der vielen Brüche wurden Reifeverzögerungen nicht ausgeschlossen und eine Ahndung nach Jugendstrafrecht angeregt. Staatsanwalt Krug sah den Tatvorwurf bestätigt und forderte eine Jugendstrafe von einem Jahr und zwei Monaten zur Bewährung und ein Anti-Aggressions-Training. Der Angeklagte habe sich geständig und reumütig gezeigt und bereits einen Täter-Opfer-Ausgleich in die Wege geleitet.
Allerdings seien die Verletzungen schwer, er sei vorgeahndet und es gebe ein weiteres offenes Verfahren. Der Schlag sei aus dem Nichts gekommen, aber auch eine Provokation würde so ein Verhalten nicht rechtfertigen. Als ehemaliger Boxer hätte der Angeklagte wissen müssen, was er mit seinen Fäusten anrichten könne, begründete der Anklagevertreter seine Forderung. Verteidiger Peter Dürr plädierte dagegen auf Freispruch und schickte voran, dass sein Mandant in dem von der Staatsanwaltschaft angeführten offenen Verfahren, das derzeit in Berufung ist, vom Amtsgericht Rosenheim freigesprochen worden sei.
Die siebenmonatige Untersuchungshaft habe bereits erzieherisch gewirkt. Sein Mandant habe die Geburt seines ersten Kindes verpasst und viel Zeit gehabt, um über sein Verhalten nachzudenken. Der 18-Jährige haben sein Leben komplett umgekrempelt. Bereits im Vorfeld der Verhandlung sei auf sein Betreiben hin mit dem Geschädigten ein Täter-Opfer-Ausgleich vereinbart worden. Die Anzahlung von 1500 Euro auf die zu erwartenden Schmerzensgeldforderungen sei erfolgt. Er habe die Tat sofort eingeräumt und Verantwortung übernommen, habe sich nach der Haft umgehend Arbeit gesucht, um seine Familie zu versorgen und Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche zu begleichen.
Erhebliche
Zahlungen
Das Jugendschöffengericht hielt eine Jugendstrafe nicht für erforderlich, wohl aber ein Anti-AggressionsTraining und eine Geldbuße an eine soziale Einrichtung. Es sei nicht auszuschließen, dass es Provokationen von den drei stark angetrunkenen Männern gegeben habe. Denen habe der Angeklagte wohl ein Ende bereiten wollen. Die Wahl der Mittel sei falsch gewesen, denn es habe keinen Grund für einen Schlag gegeben. Der Geschädigte sei erheblich verletzt worden. Dennoch habe es nur einen Schlag gegeben und der Angeklagte habe ein positives Nachtatverhalten gezeigt, so die Urteilsbegründung von Richter Bernd Magiera. Zudem würden auf den Angeklagten ohnehin noch erhebliche Schmerzensgeld- und Schadenswiedergutmachungsforderungen zukommen.