Rosenheim – Ein bisschen besorgt ist Anita Eggert schon. „Viele von uns haben Angst, dass die Mieten zu teuer werden“, sagt sie. Seit 50 Jahren lebt die 65-Jährige in der Endorfer Au. Bereits vor 15 Jahren hat es Überlegungen gegeben, das Wohnquartier zu sanieren. „Passiert ist damals nichts“, sagt Anita Eggert.
Stadtteil wird
weiterentwickelt
Jetzt gibt es einen neuen Vorstoß. Im Rahmen einer Städtebauförderungsmaßnahme soll der Stadtteil weiterentwickelt werden. Wie das aussehen könnte, stellte Professor Martin Schirmer von Schirmer Architekten und Stadtplaner GmbH in Würzburg während der jüngsten Sitzung des Bauausschusses vor. Nicht, ohne vorher auf die aktuelle Situation einzugehen.
Insgesamt leben in der Endorfer Au 612 Menschen in 343 Wohneinheiten. „Pro Person entspricht das 33,85 Quadratmeter“, sagte Schirmer. Er erinnerte an die Lage zwischen Mangfall und Mangfallkanal, schwärmte von den grünen Innenhöfen, dem Baumbestand und dem Blick auf die Berge. Es ist ein „Premiumstandort“, der jedoch zahlreiche Schwächen aufweise. Ein Großteil der Häuser stamme aus den 1950er- und 1960er- Jahren und weise „gravierende Mängel auf“. Die Wärmedämmung fehle, die Elektrik in den Wohnungen sei „zum Teil gefährlich“ und das Bad befinde sich häufig im Flur. Zudem seien viele Häuser nicht barrierefrei und ohne ausreichend Fahrradabstellplätze.
All das soll sich bald ändern. Jedenfalls wenn es nach den Rosenheimer Politikern geht. Einstimmig sprachen sie sich während der Sitzung des Bauausschusses für die Variante 2 aus. Diese sieht die Sanierung von 90 Wohnungen vor. 124 Wohnungen sollen abgerissen und 180 neu gebaut werden – überwiegend dreigeschossig.
Der Fokus liegt dabei auf einer „maßvollen Nachverdichtung“. Zudem sollen die Kita erweitert und neue Stellplätze mithilfe eines Parkdecks geschaffen werden.
Während die Stellplatzsatzung der Stadt Rosenheim vorsieht, dass es für die 452 Wohnungen insgesamt 372 Parkplätze bräuchte, hofft Professor Schirmer darauf, dass sich die Stadträte für einen reduzierten Stellplatzschlüssel aussprechen. „Das wäre auch deutlich kostengünstiger. Jeder zusätzliche Stellplatz belastet das Budget und widerspricht dem Prinzip des kostengünstigen Bauens im geförderten Wohnungsbau“, sagte er. Im Moment gibt es in der Endorfer Au 198 Stellplätze – die laut Schirmer nie zu 100 Prozent belegt sind. Mit den neuen Wohnungen sollen diese, so sein Vorschlag, auf 246 aufgestockt werden.
Neben den zusätzlichen Wohnungen und Stellplätzen ist es Schirmer vor allem wichtig, den „Gartenstadt-Charakter“ und die zahlreichen Bäume zu erhalten. „Mein Ziel wäre es, die Situation in der Endorfer Au zu entzerren“, sagte Stadtrat Josef Gasteiger (CSU). Die Endorfer Au sei für ihn eine der „besten Wohnlagen Rosenheims“, gleichzeitig erinnerte er aber auch an den schlechten Ruf des Viertels. Durch eine Entwicklung und Entzerrung des Stadtquartiers könnte es gelingen, den Ruf zu verbessern.
„Die Menschen, die dort wohnen, müssen wir auch wieder dort unterbringen“, entgegnete Oberbürgermeister Andreas März. Zumal in der Stadt zusätzlicher Wohnraum dringend benötigt wird. „Die Endorfer Au ist ein attraktiver Standort, aus dem wir etwas machen können“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Abuzar Erdogan. Er erinnerte daran, dass es in Rosenheim nicht viele Möglichkeiten gebe, um nachzuverdichten. Deshalb plädierte er dafür, an der einen oder anderen Stelle auch über eine Viergeschossigkeit nachzudenken. Zudem müsse man darauf achten, dass die Wohnungen bezahlbar bleiben.
„Der Charakter des Viertels sollte nicht verändert werden“, sagte Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU. Trotz der zusätzlichen Bebauung müssten die zahlreichen Freiflächen erhalten bleiben. Aber auch er kann sich durchaus vorstellen, dass aufgestockt werden könnte, ohne dass die Aufenthaltsqualität darunter leiden muss. „Die Entwicklung der Endorfer Au ist eine Herausforderung und eine Chance“, sagte Stadträtin Christine Degenhart (Freie Wähler/UP). Sie plädierte dafür, mutig zu sein. So könnte sie sich durchaus vorstellen, die Mobilität in dem Stadtteil „radikal anders zu denken“. Beispielsweise ganz ohne Autos, dafür aber mit einer guten Busverbindung oder verschiedenen Carsharing-Angeboten.
„Wir brauchen so viel Wohnraum wie möglich“, fügte Stadträtin Anna Rutz (Grüne) hinzu. Gleichzeitig müsste aber eben auch darauf geachtet werden, dass die grünen Oasen im Stadtteil nicht verloren gehen und keine Bäume gefällt werden. „Es ist wichtig, dass die Endorfer Au nicht zum Luxusstadtteil wird“, ergänzte Sandrine Liersch (Grüne). Die Bewohner würden dort gerne leben und sollten auch weiterhin dort wohnen bleiben können.
Beginn der Planungen
2025 vorstellbar
Nachdem sich die Stadträte einstimmig für Variante 2 ausgesprochen haben, soll jetzt ein geeignetes Planungswettbewerbsverfahren vorbereitet werden. 2025 könnte mit der konkreten Planung begonnen werden. Ein Jahr später seien die ersten Arbeiten möglich.