Rosenheim – „Schockanruf: Rosenheimer Seniorin verliert fast 30000 Euro durch Enkeltrick.“ Schlagzeilen wie diese sind schon lange nichts Neues mehr. Immer wieder fallen Personen – oftmals Senioren – auf Trickbetrüger herein. Die Folge: Ein massiver finanzieller Schaden. Doch nicht nur das ist ein großes Problem. Denn in vielen Fällen scheuen sich die Betroffenen, den Betrug bei der Polizei zu melden. Die Scham ist zu groß – jedoch auch absolut unbegründet. „Das kann den Jüngsten, den Fittesten, den Besten passieren, da braucht man sich nicht dafür schämen“, macht Dominik Röber von der Kriminalpolizei in Rosenheim deutlich. Zudem ist der mittlerweile recht bekannte Enkeltrick schon lange nicht mehr die einzige Masche, mit der die Täter versuchen, an das Geld ihrer Opfer zu kommen. Das sind die häufigsten Tricks:
Täter
am Telefon
Der falsche Polizeibeamte – Bei dieser Taktik werden Betroffene von einem vermeintlichen Polizeibeamten angerufen. Dieser behauptet dann, es wäre ein Einbrecher festgenommen worden, der eine Liste mit sich trug. Die Komplizen des erfundenen Einbrechers seien aber noch auf freiem Fuß und auf der Liste wäre ausgerechnet die Adresse des Angerufenen als nächstes Einbruchsziel notiert. Daher solle er doch bitte Bargeld sowie alle Wertsachen vor die Tür legen – ein Polizist würde diese dann abholen und erneut anrufen. Doch statt von einem echten Polizisten wird das Vermögen dann von einem Mitglied der Trickbetrüger-Bande abgeholt. Wer diesen Anruf erhält, muss sich klarmachen: Ein Polizist würde Sie niemals auffordern, Wertgegenstände oder Bargeld vor Ihrer Tür zu deponieren. Selbst wenn auf dem Display des Telefons wirklich die echte Nummer der örtlichen Polizeidienststelle angezeigt wird, muss das nichts bedeuten. „Die Betrüger können hierfür die Nummer vom Amtsgericht, von der Kreissparkasse oder sogar vom Pfarrer anzeigen lassen. Diese Technik namens ‚Call-ID-Spoofing‘ gibt es leider.“
Ähnliche Schockanruf-Taktiken sind das Vortäuschen eines Verkehrsunfalls, verursacht durch einen Verwandten, für den man dann eine Kaution bezahlen soll, damit er oder sie der Gefängnisstrafe entkommt. Aber auch falsche Gewinnversprechen werden noch immer als Betrugstaktik genutzt.
Der Enkel-Trick 2.0 – Die Masche des Enkeltricks scheiterte bisher in manchen Fällen daran, dass die Stimme des Anrufers nicht zur Stimme des Verwandten gepasst hat. Hier machen sich die Betrüger inzwischen auch die moderne Technik zunutze. Der ein oder andere Handynutzer wird sie kennen. Sollte die Nachricht mit den Anfangssätzen „Hallo Mama, hallo Papa“ aufgetaucht sein. Auch hier handelt es sich um Betrug, bei dem sich die Täter – ähnlich wie beim Enkeltrick – als Familienmitglied ausgeben. „Bei dieser Masche versucht man die Diskrepanz zwischen der Stimme des Anrufenden und der Stimme des Verwandten auszumerzen“, erklärt Röber. Dann wird vorgetäuscht, dringend Geld zu benötigen und gefordert, eine hohe Summe per Sofortüberweisung zu bezahlen.
Die Fake-Geldanlage – Im Internet lauern aber noch deutlich mehr Betrugsmaschen, als nur die trügerische Nachricht von der vermeintlichen Familie. Besonders beim Thema Geldanlage sollten Verbraucher extrem vorsichtig sein. Mit Fake-Online-Brokern werden Personen dazu animiert, vorerst geringere Geldbeiträge zu investieren. „Dann wird das Geld angelegt – allerdings in einem Scheinkonto, welches aber für den Anleger selbst echt aussieht“, so Röber. Vorerst weist dieses Konto dann sehr hohe Gewinne auf. Doch dies soll das Betrugsopfer nur dazu motivieren, noch mehr Geld zu investieren. „Und irgendwann stellt er aber dann fest: Mein Geld ist weg. Deshalb: Wenn Sie Geld anlegen wollen, dann gehen Sie zu einer Bank, die bei der BaFin registriert ist, lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen und lassen Sie niemals Fernzugriff (Remote-Software) auf Ihrem Gerät zu!“, rät Röber. Sein Appell: „Wenn es zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es nicht wahr. Wenn Sie Zinsversprechen von 20 Prozent und mehr bekommen, dann bremsen Sie sich. Das ist Fake.“
Der Betrug mit der Liebe – Dass Betrüger vor nichts zurückschrecken, zeigt sich auch beim sogenannten Love-Scamming, also wörtlich übersetzt beim Liebes-Betrug, noch einmal ganz deutlich. Dabei suchen die Täter sich ihre Opfer auf Online-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Tinder. Dann wird über viele Monate hin und her geschrieben, bis das Opfer auch Gefühle zum Täter aufgebaut hat. Röber erklärt: „Der Täter macht sich unentbehrlich. Spricht über Liebe, Partnerschaft, Kinder – nur zunächst nicht über Geld.“ Es wird eine komplette Person geschaffen, inklusive Bilder und persönlicher Geschichte, die es so aber überhaupt nicht gibt. Früher oder später wird dann unter dubiosem Vorwand Geld gefordert.
Betrüger
sind Experten
„Das sind keine Anfänger, die irgendwie sagen: ‚Heute ist schlechtes Wetter, heute gehe ich nicht einbrechen, heute versuche ich mal einen Trickbetrug am Telefon.‘ Die Anrufer machen das vermutlich fünf Tage die Woche, acht Stunden am Tag“, weiß Röber von der Kripo. Daher ist es auch keine Schande, wenn man auf eine der vielen Maschen hereinfällt. Oft ist die Scham aber dann doch zu groß, erklärt auch Günther Schwarz vom Weißen Ring. Viele würden sich auch bei der Opferhilfe nicht melden, weil sie das Gefühl hätten, sie seien dumm. Aber „das passiert den gebildetsten Leuten. Das hat mit Intelligenz und Bildung überhaupt nichts zu tun. Die Anrufer, die das machen, sind zum Großteil psychologisch so hervorragend geschult, dass auch Leute, die einen gesunden Menschenverstand haben, ohne Weiteres auf diese Tricks reinfallen“, so Schwarz.
Dass Senioren sehr häufig Opfer von Trickbetrug werden, liegt Schwarz zufolge übrigens nicht daran, dass man davon ausgehe, dass diese Personengruppe senil oder schwer von Verstand sei. Vielmehr läge es daran, dass ältere Menschen in der Regel mehr Bargeld und Wertgegenstände zu Hause haben. „Die jungen Leute haben kein Bargeld mehr daheim. Aber die Omas und Opas sind es halt noch gewohnt, dass die paar Groschen, die sie sich irgendwo erspart haben, unter dem Kopfkissen oder im Schrank liegen. Und da kann man das natürlich auch holen.“