Rosenheim – Am 6. März 2021 gegen 19 Uhr kontrollierten Schleierfahnder der Polizeiinspektion Raubling auf der A8 auf der Haltestelle „Wasserwiesen“ den 20-jährigen Koch und fanden auf dessen Rückbank einen Rucksack mit – wie der Fahrer sagte – Konditorzucker.
„Wir sind ja nicht auf der Brennsupp´n daher g´schwommen“, erklärte der Beamte der Polizei vor Gericht, der das Material sogleich als „Amphetamin-Paste“ erkannte, was sich im Labor dann auch bestätigte. Immerhin knapp zwei Kilogramm davon befanden sich im Auto. Daneben auch noch eine Menge Cannabis.
Wohl wissend (und geschult, wie wohl alle Drogendealer), dass man eine erheblich mildere Strafe bekommt, sofern man Herkunft der Drogen und die eigene Kundschaft benennt – hier gilt der Kronzeugenparagraf 31 im Betäubungsmittelgesetz – benannte der Fahrer umgehend seinen Lieferanten und bei seinem eigenen Gerichtsverfahren auch den hier angeklagten Mann aus Salzburg als Empfänger. Dorthin sei er damals auf der A8 unterwegs gewesen. Der Angeklagte, vertreten von Rechtsanwalt Schwarzer, bestritt allerdings heftig, der geplante Empfänger dieser Drogen gewesen zu sein. Der Beschuldiger – inzwischen zu zwei Jahren und sechs Monaten Jugendgefängnis verurteilt – blieb als Zeuge vor dem Schöffengericht Rosenheim bei seiner Aussage. Allerdings waren etliche von dessen Erklärungen äußerst schwammig, bis hin zur völligen Unglaubwürdigkeit. So hatte er angeblich diese Cannabispflanzen in der Garage seines Bruders bei Halle/Saale von diesem unbemerkt gezogen, während er in Salzburg beruflich tätig war. Allerdings hatte er Kenntnis von dem früheren Drogenmissbrauch des Angeklagten, sodass ihm diese Beschuldigung deshalb möglicherweise glaubhaft erschien. Im Übrigen bestreitet auch der von ihm als Lieferant Beschuldigte die Vorwürfe auf das Heftigste.
Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Matthias Knoblauch hatte nun darüber zu entscheiden, wessen Aussage die glaubhaftere sei. Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft war der Angeklagte schuldig. Erinnerungsschwächen des Belastungszeugen erklärte sie mit dem immerhin großen Zeitabstand von fast zwei Jahren. Sie beantragte, den Angeklagten aufgrund der großen Menge an Drogen zu einer Haftstrafe von drei Jahren zu verurteilen. Der Verteidiger erklärte von vornherein, auf Freispruch plädieren zu wollen. Er verwies zunächst auf den Strafnachlass, den der verurteilte Straftäter durch seine Beschuldigungen erzielt hatte. Dessen Erklärungen seien darüber hinaus durchweg unglaubhaft. Mit dem Wissen über die frühere Drogenvergangenheit seines Mandanten habe dieser geglaubt, ein geeignetes Opfer gefunden zu haben.
Das Schöffengericht sprach den Hotelfachmann frei. „Wir stellen hier nicht fest, dass Sie unschuldig sind. Jedoch lassen die Aussagen des Verurteilten derart viele Fragen offen, dass wir „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten – so entscheiden mussten.“
Theo Auer