Rosenheim – Klare Worte fand Domkapitular Monsignore Thomas Schlichting gestern Vormittag beim feierlichen Pontifikalamt in der Pfarrkirche Sankt Nikolaus. Es geht dem neuen Stadtpfarrer nicht um ein „Zusammenlegen“, sondern darum, gemeinsam zu leben und Gemeinsamkeiten entdecken. „Ich habe hohen Respekt vor dem, was gewachsen ist“, so der Geistliche mit Blick auf das kirchliche Leben in den neun Pfarreien und auf das Wirken seiner Amtsvorgänger.
Erzbischof Reinhard Kardinal Marx machte deutlich, dass die neue Stadtkirche kein reines Abwicklungsprogramm, sondern eine Einladung für alle Menschen in Rosenheim ist, im Sinne des Evangeliums neue Gemeinschaften zu schaffen und zu ermöglichen. Zusammen mit Dekan Sebastian Heindl, Pfarrvikar Mathias Klein-Heßling, Diakon Erwin Brader, den Gemeindereferenten Yunes Baccouche, Hannelore Maurer und Maria Leutgäb sowie Pfarrer Dr. Bernd Rother von der Evangelisch-Lutherischen Kirche zelebrierten Marx und Schlichting den Festgottesdienst zur Einführung des neuen Pfarrers.
Zahlreiche Vertreter
aus der Politik
Unter den Gästen waren auch Oberbürgermeister Andreas März mit Gattin, der ehemalige Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner sowie zahlreiche Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Kirche. Links und rechts neben dem Altar nahmen die vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der künftigen Stadtkirche sowie die Vertreter von Laien und kirchlichen Gremien Platz. Für die passende musikalische Gestaltung sorgte der Kammerchor Rosenheim unter Leitung von Christopher Ryser mit der Missa secunda von Hans Leo Haßler.
„Ich schicke einen meiner engsten Mitarbeiter nach Rosenheim“, machte Erzbischof Reinhard Kardinal Marx gleich am Anfang deutlich, war Schlichting doch bisher Leiter des Ressorts „Seelsorge und kirchliches Leben“ im Erzbischöflichen Ordinariat. Sofort sei dieser bereit gewesen, diese neue Aufgabe an der Basis zu übernehmen.
Und so verlas Dekan Heindl die Ernennungsurkunde nach der Schlichting neuer Pfarrer von Sankt Nikolaus und neuer Administrator von Sankt Hedwig (Erlenau), Heilige Familie (Kastenau), Mariä Himmelfahrt (Pang), Heilig Blut und Sankt Josef der Arbeiter (Oberwöhr) wird. Nach den Stationen an Taufbecken, Ambo und Altar überreichte der Erzbischof symbolisch den Kirchenschlüssel als Zeichen dafür, dass das Gotteshaus allen Rosenheimern offensteht.
In den Mittelpunkt seiner Predigt stellte der Erzbischof die Verbreitung des Evangeliums als zentrale Aufgabe. „Wir wollen in Rosenheim immer wieder verkünden, dass der Himmel für alle offen ist“, sagte er. Dazu brauche man einen langen Atem und dürfe nicht zu früh aufgeben, ergänzte er im Sinne Jesu, der ein Realist sei.
Ebenfalls realistisch begegnete Oberbürgermeister März dem neuen Kapitel der katholischen Kirche, welches mit der Amtseinführung Schlichtings aufgeschlagen wurde. In Zeiten tief greifender Umbrüche und Veränderungen brauche es Entscheidungsträger mit Mut, Weitsicht und Entschlossenheit, welche den Menschen ihre Ängste nehmen.
Den guten Wünschen schloss sich Dagmar Häfner-Becker, Dekanin des Evangelisch-Lutherischen Dekanats Rosenheim, an. Sie freue sich auf eine Kooperation und darauf, die Herausforderungen in der Stadt und darüber hinaus gemeinsam anzunehmen. Denn klar sei, dass man künftig im Sinne der Ökumene wohl immer öfter gemeinsame Pfade zu beschreiten habe.
Im Namen des gemeinsamen Rosenheimer Seelsorgeteams aller drei Stadtteilkirchen empfing Gemeindereferentin Hannelore Maurer Monsignore Schlichting. Zwar sei sie der Gründung einer Stadtkirche mit Respekt begegnet. Die Nachricht der Ernennung von Thomas Schlichting als neuer Leiter habe jedoch alle mit Jubel erfüllt – wie ein „Sechser im Lotto mit Zusatzzahl“. „Wir wollen heute die treue Zusage machen, diesen Weg gemeinsam für die Menschen in der Stadt zu gehen“, fasste die Seelsorgerin die Entschlossenheit zusammen.
Als Vertreter der ehrenamtlichen Mitarbeiter erweiterte Anton Heindl diese Zusage aus Sicht der kirchlichen Gremien wie Kirchenverwaltungen, Pfarrgemeinderäte und Pfarrverbandsräte. Als Verbundkirchenpfleger der Stadtteilkirche-Inn ging er auch in Vertretung für seine beiden Kollegen Gerhard Schwägerl (Stadtteilkirche-Am Zug) und Franz Opperer (Stadtteilkirche-Am Wasen) auf die individuellen Besonderheiten der neuen Rosenheimer Pfarreien ein und stellte zugleich die Pfarrkirche Sankt Nikolaus, deren Patrozinium am Sonntag gefeiert wurde, als historisches Zentrum dar.
Stadt als
Sozialraum betrachten
Schlichting machte deutlich, dass er auf Nachhaltigkeit und Weitsicht setzt. Als gebürtiger Rosenheimer besuchte er vor vielen Jahren die Königschule und das Finsterwalder-Gymnasium. Seinen damaligen Schulranzen präsentierte er den Kirchenbesuchern. Dieser war jedoch leer. „Er ist nicht gefüllt mit einem Konzept oder Programm“, fasste er zusammen. „Stattdessen soll es darauf ankommen, zu schätzen, was wir haben“, so Schlichting in Bezug auf die vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter und darauf, Vernetzung zu schaffen und die Stadt als gemeinsamen Sozialraum zu verstehen, in dem starke Schultern auch Unterstützung bieten. „Es geht jetzt darum, Scheinprobleme zu identifizieren und echte Probleme zu lösen – Pack ma’s!“, rief der neue Stadtpfarrer den Gläubigen voller Optimismus zu.