Rosenheim – Die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Rosenheim ist angespannt. Es fehlt nicht nur der Platz für neue Wohnungen, auch die bezahlbaren sind knapp. Ein Grund dafür ist, dass in der Stadt zu viele Wohnungen leer stehen. Vor allem die, welche als Zweit- oder Nebenwohnung genutzt werden.
Davon sind die Stadtratsfraktion der Grünen und ÖDP-Stadtrat Horst Halser überzeugt. Damit sich das ändert, haben sie einen Antrag an Oberbürgermeister Andreas März gestellt. Mit der Forderung, dass die Nutzer dieser Wohnungen in Zukunft zur Kasse gebeten werden – in Form einer Zweiwohnsitzsteuer.
Betroffen sind rund 3800 Wohnungen
Eine solche Steuer wird fällig – sofern die Kommune eine erhebt –, wenn man eine oder mehrere Wohnungen neben seinem Hauptwohnsitz angemeldet hat. In Rosenheim sind derzeit rund 3800 Nebenwohnsitze gemeldet, teilt Christian Baab, stellvertretender Pressesprecher der Stadt, auf OVB-Anfrage mit. Zu viele, wenn es nach Sonja Gintenreiter, Fraktionsvorsitzende der Grünen, geht. „Diese Wohnungen werden oft gar nicht oder nur am Wochenende genutzt, obwohl mehr Wohnraum dringend gesucht und benötigt wird“, sagt sie.
Daher sei eine Zweitwohnsitzsteuer ein „gutes Steuerungsinstrument“, um dagegen etwas zu unternehmen. Zunächst soll die Steuer den Grünen zufolge mit einem Hebesatz von zehn Prozent der Nettokaltjahresmiete kommen. Das bedeutet: Wer eine monatliche Kaltmiete von 1200 Euro – entspricht einer Jahresnettomiete von 14400 Euro – zahlt, müsste in Zukunft zusätzlich 1440 Euro im Jahr an Zweitwohnsitzsteuer abführen.
Immobilienexperte: „Kein großer Impuls“
Ob die Steuer tatsächlich zur Verbesserung des Wohnungsmarkts beiträgt, bezweifelt Prof. Dr. Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland (IVD) Region Süd. „Man kann von keinem großen Impuls ausgehen, da es sich nur um eine überschaubare Anzahl von Wohnungen handelt, die durch Befreiungstatbestände noch weiter reduziert wird“, sagt er. Die Steuer falle nur für diejenigen an, welche die Wohnung tatsächlich auch nutzen. Eigentümer von unbewohnten Immobilien müssen hingegen nicht zahlen, erklärt Kippes. Genauso wenig wie Inhaber einer Zweitwohnung, bei denen die Summe der Einkünfte im vorletzten Jahr vor Entstehen der Steuerpflicht 29000 Euro nicht überschritten hat. Bei Verheirateten und Lebenspartner gilt die Summe von 37000 Euro. Auch Studenten könnten von den Gebühren befreit sein. Das muss allerdings die Kommune in der Satzung zur Erhebung der Zweitwohnsitzsteuer speziell festlegen, sagt Kippes.
Die Wahl eines höheren Hebesatzes bei der Steuer bringe dem Immobilienexperten zufolge auch keine anderen Ergebnisse. Das zeige ein Blick nach München. In der Landeshauptstadt wurde die Steuer 2022 von neun auf 18 Prozent angehoben. Üblich sind zwischen fünf und 15 Prozent der Jahresnettokaltmiete.
Steuer als eine Frage der Gleichbehandlung
„Diese Erhöhung hat keinen großen Effekt hinsichtlich des Wohnraumangebots gebracht“, berichtet Kippes. Auch weil sich bei einem Teil der Betroffenen immer die Frage stelle, ob „sie so preissensibel sind, dass sie die Wohnungen dann auch aufgeben“.
Für die Grünen gibt es noch einen weiteren Grund für den Antrag: „Die Zweitwohnungsinhaber halten sich nur zeitweise in Rosenheim auf, nutzen aber die Infrastruktur der Stadt, ohne sich an den Kosten zu beteiligen“, sagt Sonja Gintenreiter. Das dürfe „in Zeiten eines knappen Haushalts“ nicht ignoriert werden. Über die Einnahmen aus der Zweitwohnsitzsteuer könnte die Stadt einen fünf- oder sechsstelligen Betrag generieren, sagt die Fraktionsvorsitzende. Das habe sich ihr zufolge in anderen Gemeinden bereits gezeigt. Zum Beispiel in Kempten im Allgäu, sagt Gintenreiter.
Wie die Pressestelle der Stadt Kempten auf OVB-Anfrage mitteilt, rechnet die Verwaltung dort für das laufende Kalenderjahr 2023 mit Einnahmen von rund 180000 Euro durch die Zweitwohnsitzsteuer – bei 809 aktiven Zweitwohnungssteuerfällen und einer Höhe von zehn Prozent der Jahresnettokaltmiete. 2022 waren es rund 223000 Euro. Für 2024 erwartet die Stadt Einnahmen von 175000 Euro. Auch im Landkreis Rosenheim erheben derzeit 17 Gemeinden eine Zweitwohnsitzsteuer. Darunter zum Beispiel Oberaudorf, Samerberg oder Prien am Chiemsee.
Hohe Einnahmen
für die Stadt möglich
In Rosenheim gab es zuletzt zur Jahrtausendwende Überlegungen, eine solche Steuer einzuführen, teilt Christian Baab mit.
„Allerdings wurden die in den Gremien nie diskutiert“, sagt der stellvertretende Pressesprecher. Letztlich seien sie aufgrund einer „zu geringen Zahl an Nebenwohnsitzen bei gleichzeitig zu hohem Verwaltungsaufwand“ verworfen worden.