Rosenheim – „Es ist wirklich wunderschön gemacht, mir kommen gleich die Tränen.“ Nur wenige Momente später flossen tatsächlich ein paar Tränchen bei der Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig. Bei der Eröffnung der Babyklappe am Rosenheimer Klinikum zeigte sie sich sichtlich ergriffen. Seit der Aussetzung eines Neugeborenen im Hinterhof eines Rosenheimer Hotels im März dieses Jahres hat sich Ludwig gemeinsam mit der CSU-Stadtratsfraktion für die Einrichtung einer Babyklappe eingesetzt.
Schnelle Umsetzung
des Beschlusses
Nur neun Monate später war es dann so weit. Dank des schnellen Beschlusses im Stadtrat, der Kostenübernahme in Höhe von 11000 Euro durch den Förderverein der Kinderklinik Rosenheim und dem Einsatz aller Beteiligten im Klinikum und im Jugendamt konnte die Babyklappe im Ostflügel des Hauses vier im Eiltempo realisiert werden. Die Wahl des Ortes war dabei von besonders großer Bedeutung. „Verzweifelte Mütter müssen sich auch trauen, hinzugehen“, erklärt Dr. Susanne Eder, Oberärztin in der Kinderklinik.
Die Tür der Babyklappe ist mit einem Alarmsystem verbunden. Drei Minuten, nachdem die Tür geöffnet wurde, wird eine Nachricht mit den Worten „Die Babyklappe wurde betätigt“ an drei diensthabende Kinderärzte geschickt. Diese müssen dann bestätigen, dass sie die Meldung erhalten haben. Geschieht das nicht, werden drei weitere Ärzte benachrichtigt. So wird sichergestellt, dass auch wirklich jemand auf den Alarm reagiert. Sollte der Alarm beim Öffnen der Tür nicht funktionieren, schlagen die Bewegungssensoren der Kameras im Inneren der Babyklappe an. „Die Kameras übertragen ihr Bild direkt an die Kinderintensivstation – die Mutter wird nicht zu sehen sein. Maximal ihre Hände“, erklärt Josef Bauer, Leiter Klinikinfrastruktur, der sich um den Bau der Babyklappe gekümmert hat.
Die Babyklappe ist außerdem nicht nur mit einem kleinen Bettchen ausgestattet. „Es soll gemütlich aussehen und nicht abschreckend wirken“, betont Eder. Darin befinden sich auch zwei kleine Stofftiere. Eines für die Mutter und eines für das Baby. Zudem ein Brief an die Mutter, mit wichtigem Informationsmaterial, sowie ein Zettel und ein Stift, auf dem die Mutter beispielsweise den Vornamen des Kindes oder eine Nachricht notieren kann.
Förderverein sichert
die Finanzierung
Die Finanzierung der Babyklappe lief komplett über den Förderverein der Kinderklinik Rosenheim. „Es ist ein wirklich trauriger Anlass und hoffentlich brauchen wir die Babyklappe nicht, aber die Spendenbereitschaft der Bevölkerung war grandios“, sagt Mihaela Hammer, Vorsitzende des Fördervereins bei der Eröffnung. Das Romed-Klinikum Rosenheim sorgt für den laufenden Unterhalt und stellt rund um die Uhr die technische Einsatzfähigkeit sicher. Im Rahmen der Inbetriebnahme segneten Pastoralreferentin Monika Eichinger und Pfarrer Dr. Klaus Wagner-Labitzke die Babyklappe. „Die Babyklappe ist ein letztes zusätzliches Netz für Mütter, die sich mangels sozialem Rückhalt nicht anders zu helfen wissen“, erklärt Daniela Ludwig. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Netz auch das Jugendamt, welches umgehend kontaktiert wird, sobald ein Baby in die Vorrichtung gelegt wird. „Die Babyklappe ist der letzte Mosaikstein in unserem Gefüge“, sagt Christian Meixner, Leiter des Rosenheimer Jugendamtes. Nach seinem Klinikaufenthalt kommt das Kind direkt in eine Adoptivfamilie. Dennoch gibt es für die leibliche Mutter einen Weg zurück zum Kind. Denn eine Adoption wird erst nach einem Jahr rechtsgültig.
„Für mich geht eines meiner Herzensanliegen seit diesem Vorfall in Erfüllung“, erklärt Daniela Ludwig. Ihr ist es aber auch wichtig, zu betonen, dass die Klappe nicht die einzige Lösung für werdende Mütter in Not ist. Die vertrauliche Geburt ist für Mutter und Kind eine sichere – und vor allem rechtlich abgesicherte – Lösung. Die Mutter muss ihre Identität bei der Geburt im Klinikum nicht preisgeben. Schwangerschaftsberatungsstellen unterstützen die Mutter dabei vor und auch nach der Geburt ihres Kindes. Zudem kann dieses im Alter von 16 Jahren seine Herkunft erfahren. Mit der vertraulichen Geburt „stehen zwei Angebote zur Verfügung, damit neugeborene Babys in absoluten Ausnahmesituationen nicht ausgesetzt und sich selbst überlassen werden“, sagt Oberbürgermeister Andreas März bei der Eröffnung der Babyklappe. Und obwohl die Begeisterung für die neue Babyklappe bei allen Beteiligten sehr groß war, bleibt dennoch die Hoffnung, dass sie nie gebraucht wird.