Rosenheim – Wundervolle Weihnachtszeit, voller Zauber und Geheimnissen. Diese ganz besondere Stimmung liegt im Raum der aktuellen Sonderausstellung im Holztechnischen Museum Rosenheim am Max-Josefs-Platz, wo die „Große Rosenheimer Bretterkrippe“ aus dem Städtischen Museum zu Gast ist. Diese Ausstellung wurde bereits im Advent 2021 präsentiert, da sie aber damals wegen der Corona-Einschränkungen kaum geöffnet werden konnte, folgt nun eine Neuauflage.
Fast lebensgroße Figuren, gemalt in Öl auf Holz und dann in den Konturen ausgesägt, erzählen die Weihnachtsgeschichte, wie sie der Evangelist Lukas im Neuen Testament schildert. Im Zentrum steht die Krippenszene mit dem neu geborenen Jesusknaben auf den seine Mutter Maria, die neben ihm kniet, hinweist. Ein Lamm, durchaus ein Verweis auf den späteren Opfertod, blickt zum Kind im Stroh empor. Josef, nicht so alt wie oftmals in anderen Darstellungen, zeigt sich erstaunt über das, was er hier sieht.
„Licht zur Erleuchtung der Völker“
Ein bunter Reigen aus lebendig und volksnah geschilderten Figuren breitet sich vor unseren Augen aus und schildert erzählfreudig das Geschehen der Heiligen Nacht in Bethlehem. Da ist der Engel, der den schlafenden Hirten auf dem Felde weckt und ihn auf das heilige Geschehen aufmerksam macht.
Da ist die Mutter, die ihrem Kind mit einer Taube als Geschenk den Weg weist. Da sind Hirten und einfache Leute, die mit ihren Gaben, den Lämmern, Äpfeln und Eiern, herbeieilen, um das Neugeborene zu begrüßen und ihm zu huldigen. Das alles spielt sich vor einem wunderbaren Goldhintergrund ab, der Raum bietet für zwei Schildfiguren mit Engeln und den beiden Schriften „Ein Licht zur Erleuchtung der Völker“ und „Gloria in excelsis deo“; sehr ansprechend gestaltet von Marlene Thimet und kuratiert von Elisabeth Rechenauer.
Seit der heilige Franziskus von Assisi 1223 im Wald von Greccio das Weihnachtsgeschehen mit Menschen und Tieren nachspielen ließ, erfreuen Krippendarstellungen Groß und Klein. Besonders die Franziskaner und ab der Mitte des 16. Jahrhunderts die Jesuiten sorgten für die Verbreitung von Krippen. Bald gab es sie in vielen Größen und Materialien, in orientalischer, neapolitanischer oder alpenländischer Inszenierung.
Seit dem 18. Jahrhundert waren in Bayern und Österreich die Bretterkrippen sehr beliebt, da sie relativ einfach und preiswert herzustellen sind und wenig Platz zum Lagern brauchen. Als besondere Sparversion gibt es diese Flachkrippen auch in kleiner Größe aus Karton.
Doch zurück zur „Großen Rosenheimer Bretterkrippe“, die noch eine weitere Geschichte erzählt, die der Anbetung der Heiligen Drei Könige, wie sie der Evangelist Matthäus berichtet. Einem Stern folgend zogen die Wahrsager und Sterndeuter aus dem Orient ins Heilige Land auf der Suche nach dem geweissagten Kind.
Hier im Stall in Bethlehem finden sie es. Der Tradition entsprechend stehen die Heiligen Drei Könige für die weltumfassende Fülle des christlichen Glaubens mit der Verkörperung der Lebensalter und der Erdteile. Prächtig die orientalische Kleidung, die Turbane und die Dienerschaft, beeindruckend die Kamele und Pferde.
Ergreifend der alte König, wundervoll anzusehen in seiner goldfarbenen Seidenrobe mit dem Hermelinkragen, der seine Krone abgenommen hat und sich niederkniet, um dem jungen König der Welt in einer Schatulle Goldmünzen zu überreichen. Der afrikanische König, Sinnbild des mittleren Lebensalters, trägt ein Weihrauchgefäß und der junge König ein Behältnis für Myrrhe. Leider ist nicht überliefert, wer der Schöpfer der 13 fantasievollen Figuren und der beiden Schildfiguren der „Großen Rosenheimer Bretterkrippe“ ist. Die Krippe dürfte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden sein und stammt ursprünglich aus der Pfarrkirche St. Nikolaus. Ob sie tatsächlich in der Erasmuskapelle zur Weihnachtszeit aufgestellt wurde, wie Ludwig Eid in seinem Führer zum Städtischen Museum angibt, ist zu bezweifeln.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass die beiden Haupterzählungen „Weihnachtsgeschichte“ und „Heilige Drei Könige“ nicht gleichzeitig, wie jetzt im Holztechnischen Museum, sondern abwechselnd präsentiert wurden, erscheint der Platz hierfür sehr eng. 1902 jedenfalls kam die „Große Rosenheimer Bretterkrippe“, zusammen mit der „Kleinen Rosenheimer Bretterkrippe“ aus der Spitalkirche St. Joseph in der Innstraße, in den Sammlungsbestand des Städtischen Museums. Leider ging der gemalte Landschaftsprospekt verloren, der einst die Kulissenkrippe nach hinten abschloss.
Ein „heiliges
Theater“
Die Bretterkrippen konnten als „heiliges Theater“ gut erweitert werden, wenn – wie bei Jahreskrippen – noch weitere Szenen hinzugenommen werden sollten. So geschah es auch bei der „Großen Rosenheimer Bretterkrippe“, die 1841/42 von dem Rosenheimer Maler Johann Ev. Sebastian Rechenauer (1792 bis 1855) um die Schilderung der „Flucht aus Ägypten“ ergänzt wurde.
Der Sohn des Malers Sebastian Rechenauer, der bei Professor Josef Hauber an der Münchner Akademie studiert hatte, interpretiert das Geschehen zeittypisch. Nicht eine entschiedene Flucht zeigt uns Rechenauer, sondern ein geradezu meditatives Schreiten; Josef führt den Esel, Maria mit süßem Madonnengesicht trägt das Jesuskind, beide blicken zurück, wissend um die Prophezeiung und ihre Erfüllung im Kreuzestod.
Eine „Verkündigung“ aus dem 18. Jahrhundert, ähnlich der „Großen Rosenheimer Bretterkrippe“ und früher ebenfalls in St. Nikolaus, ergänzt mit weiteren weihnachtlichen Vitrinen-Objekten aus dem 19. Jahrhundert, die Sonderausstellung „Rosenheimer Krippenschätze“ aus den Beständen des Städtischen Museums.