Weihnachtstraditionen in Kisten gepackt

von Redaktion

Pastellfarbene Christbaumkugeln und barocke Krippen: Zeitreise durch das Städtische Museum

Rosenheim – Weihnachten ist das Fest der Traditionen. Ob geschmückter Christbaum, festliches Essen im Kreise der Familie oder liebevoll verpackte Geschenke – aus heutiger Sicht scheint es, als gibt es das alles schon ewig. Aber so ist es nicht, wie eine Spurensuche nach dem Ursprung dieser Bräuche zusammen mit der Historikerin Lydia Zellner im Städtischen Museum Rosenheim zeigt. Ernüchternd? Nein, im Gegenteil, diese Reise in die Vergangenheit macht deutlich, was am Heiligen Abend wirklich zählt.

Äpfel und Nüsse als erster Baumschmuck

Die Spurensuche nach weihnachtlichen Exponaten startet im Depot des Museums. Gut verpackt in zwei Kartons lagert alter Christbaumschmuck. Der Christbaum in seiner heutigen Form verbreitete sich hierzulande erst Mitte des 19. Jahrhunderts – zuerst in den evangelischen Teilen. In den entlegeneren, katholischen Gebieten Bayerns tauchte er teilweise erst um 1900 auf. „Als Schmuck dienten ursprünglich Äpfel, Nüsse, Oblaten, Backwaren und Rosen aus Papier“, erzählt Lydia Zellner. Die ersten Christbaumkugeln aus Glas kamen Mitte des 19. Jahrhunderts auf: Aber erst, nachdem Justus von Liebig um 1870 ein Verfahren entwickelt hatte, das es ermöglichte, Glaskörper innen mit silbriger Schicht zu versehen, erhielten sie ihren festlichen Glanz. „Aber leisten konnten sich diesen Christbaumschmuck damals nur die sehr reichen Familien“, ist sich die Rosenheimerin sicher.

Der älteste Christbaumschmuck, der im Städtischen Museum gelagert wird, zierte vor 100 Jahren den Weihnachtsbaum in einer Rosenheimer Stube. Auffallend sind dabei die kräftigen Farben der Glaskugeln und einige für diese Zeit typischen Glasvögel mit langen Schwänzen aus glänzenden Glasfasern. Der zweite Karton ist gefüllt mit Weihnachtsschmuck des Rosenheimer Familienunternehmens Krebs, das sich auf die Herstellung von Weihnachtsschmuck spezialisiert hat. „Mit diesem Schmuck wurde der Weihnachtsbaum im Städtischen Museum in den 1980er-Jahren geschmückt“, weiß Lydia Zellner und fügt lachend hinzu: „Heute würden diese pastellfarbenen Kugeln und rosa Dekoblumen wohl eher nicht mehr zum Einsatz kommen.“

Nicht weit von dem alten Weihnachtsschmuck entfernt lagern im Depot des Städtischen Museums Rosenheim auch noch zwei kleine Broschüren mit Backanleitungen von Dr. Oetker. Sie stammen aus der Wirtschaftswunderzeit und beinhalten Rezepte zum Plätzchenbacken. In Form gebrachtes Gebäck, sogenannte Gildebrote, gab es aber auch in unserer Region schon wesentlich länger.

Auf eine noch längere Tradition blicken die Krippen zurück. Zuerst nutzte die Kirche diese Form der Darstellung, um den Gläubigen so die Geschichte von der Geburt Jesu anschaulich zu machen. Ihre Blütezeit erlebte die Krippenkunst im 18. Jahrhundert. Das Städtische Museum Rosenheim hat eine seiner zwei barocken Bretterkrippen in diesem Jahr dem Holztechnischen Museum ausgeliehen. Dort können sie noch bis zum 3. Februar bewundert werden.

Es gibt auch weihnachtliche Bräuche, die sind fast schon wieder in Vergessenheit geraten. Dazu zählt in unserer Region das sogenannte „Paradeiserl“. „Bevor um 1850 im protestantischen Norden der Adventskranz seinen Siegeszug antrat, gab es diese Pyramide, geformt aus Zweigen und vier Äpfeln“, erklärt Lydia Zellner dazu.

Auch die heute so beliebten Adventskalender stammen aus dem evangelischen Umfeld. Ursprünglich selbst gebastelt, wurde 1908 der erste Adventskalender gedruckt. Statt Schokolade oder kleine Überraschungen gab es zu dieser Zeit aber nur Bilder hinter den Türchen zu entdecken.

Die Vorfreude auf Weihnachten war insbesondere bei den Kindern schon groß, aber den festlichen Charakter, den der Heilige Abend in heutiger Zeit hat, gab es dennoch noch lange nicht – ebenso die Flut an Geschenken: „In früheren Zeiten wurde an diesem Tag ganz normal gearbeitet, dann ging man in die Christmette und danach gab es vielleicht noch die bekannten Mettnwürstl, aber das war es auch schon mit den Feierlichkeiten“, erzählt Lydia Zellner. Perfekt wird das „Fest der Familie“ heute für viele erst, wenn die gesamte Familie, inklusive Omas und Opas, miteinander essen und feiern: „Früher brauchte es dazu keinen besonderen Tag. Da war das gemeinsame Essen eine tägliche Selbstverständlichkeit.“

Die Bräuche
wandeln sich

Die Zahl an weihnachtlichen Exponaten im Städtischen Museum ist sehr überschaubar und das hat einen Grund, wie die Historikerin weiß: „Bräuche und Traditionen sind lebendig, wandelbar und können auch sehr individuell sein. Es geht vor allem um Gefühl, und das lässt sich nicht in Kisten verpacken und für die Nachwelt erhalten.“

Artikel 7 von 9