Rosenheim – Vom Eingang der Städtischen Galerie Rosenheim führt eine schmale Treppe runter in den Keller. Von dort aus geht es durch einen engen Gang in das Depot der Galerie. Der Raum ist angenehm kühl. Es riecht dezent nach Farbe, Lack und altem Holz. Das Licht in dem weißen Raum ist schwach. Metallschienen an der Decke verhängen die Glühbirnen. An ihnen lassen sich Metallgitter rausschieben. Und dort hängen sie – die Bilder der Galerie.
Es sind alte und neue, große und kleine Bilder. Auch die Rahmen lassen vermuten, aus welcher Zeit die Gemälde stammen. Einige sind vergoldet und mit Verschnörkelungen verziert. Andere werden von einem schlichten braunen Rahmen umhüllt. In zwei weiteren Räumen sammeln sich Skulpturen und Grafiken. Diese sind in mehreren Schränken verwahrt. Insgesamt 6600 Werke gibt es aktuell. Sie alle wurden von der Depotbeauftragten Birgit Harand beschriftet, nummeriert und digital erfasst. „Es hat schon mehrere Wochen gedauert, bis ich durch war“, sagt Harand und lacht. Aber für sie sei es eine besondere Aufgabe gewesen.
Denn das Depot ist für sie und Galerieleiterin Monika Hauser-Mair sehr wichtig. „Uns geht es darum, Werke für die Nachwelt und für Interessierte zu bewahren“, sagt Hauser-Mair. In dem Depot werden Werke aus mehreren Zeiten gelagert. „Ich freue mich vor allem über die Gemälde von regionalen Künstlern oder Maler, die unsere Region künstlerisch geprägt haben“, sagt sie und zeigt auf einige Werke an den Metallgittern.
Neues Projekt
steht an
Das Depot besteht aus Schenkungen, Erbschaften und Ankäufen. Letzteres sei nicht nur für die Galerieleiterin wichtig, sondern auch für die Stadträte des Kulturausschusses. „Denn so können wir auch zeitgenössische und lebende Künstler fördern“, sagt Hauser-Mair. Doch es gibt ein Problem. Die 6600 Werke nehmen viel Platz ein. „Wir erwarten nächstes Jahr zwei Schenkungen. Dann wird es wirklich spannend mit dem Platz“, sagt sie.
Eine Lösung gebe es bereits. Die Stadt Rosenheim plant derzeit ein Sammlungszentrum, welches vom städtischen Museum, dem Stadtarchiv und der städtischen Galerie genutzt werden soll. „Das Sammlungszentrum ist für uns sehr wichtig, denn es muss eine Institution geben, die alte und neue Schätze bewahrt und die Erinnerungen hochhält“, sagt Hauser-Mair. Für sie sind Museen und Galerien wichtig. „Vor einem echten Kunstwerk zu sitzen, ist einfach etwas besonderes“, sagt die Galerieleiterin.
Für wissenschaftliche Zwecke und Führungen soll das eigene Depot aber weiterhin genutzt werden. „Kulturelle Bildung ist für mich das wichtigste Aufgabenfeld, was wir haben“, sagt Hauser-Mair. Deshalb freue sie sich auch auf die kleinen Besucher, denn auch Kindergartengruppen melden sich für Führungen an. Die Zugänglichkeit von Kunst sollte es für jeden Menschen geben, findet Hauser-Mair.
„Das Depot ist ein lebendiger Ort, der aber auch geschützt werden muss“, sagt Hauser-Mair. Auf die Sicherheit legen sie daher viel Wert. Die Räume seien wie ein Tresor gesichert. „Wir haben mehrere alarmgesicherte Bereiche, durch die man durch muss“, sagt die Galerieleiterin. Rauch- und Wassermelder sind in allen drei Räumen installiert. Das sei wichtig, denn die Galerie habe viele wertvolle Arbeiten. Eines davon sei das „Hüftbild eines Bauernjungen“ von Wilhelm Leibl aus dem 19. Jahrhundert.
Auch Originalrahmen werden im Depot gelagert. Viele von ihnen schätzt Hauser-Mair auf über 1000 Euro. „Der Rahmen ist oftmals nicht nur ein Beiwerk, sondern eine eigene Kunstform“, sagt sie und zeigt auf die leeren Rahmen an der Wand. Sie alle sind einzigartig in ihrer Form, Farbe und Größe. Für ihre Werke überlegen sich die Künstler, welcher Rahmen ihre Arbeit am besten hervorbringt.
Künstlerischer
Prozess sichtbar
Zu einigen Skulpturen bekam die Galerie auch den Werkprozess des Künstlers geschenkt. Das sei besonders. „Das ist sehr wichtig für die Kulturvermittlung. Wir können jungen Menschen den gesamten Prozess einer künstlerischen Arbeit zeigen“, sagt sie. Denn vielen sei nicht bewusst, wie viel Zeit und Arbeit die Künstler investieren. „Es ist ein ständiges Ringen, von der Themenfindung über das Material bis hin zur Umsetzung“, sagt Hauser-Mair.
Wann Werke ausgetauscht werden, hängt von mehreren Faktoren ab. Meistens werde wegen einer neuen Ausstellung getauscht. Für die aktuelle Ausstellung „Sehnsuchtsblaue Ferne“ über die Werke des Landschaftsmalers August Seidel haben Hauser-Mair und Harand die Bestände des Depots durchsucht, auch nach Werken von Weggefährten des Malers. „Wir holen uns aber auch Leihgaben aus Privatbesitz oder anderen öffentlichen Einrichtungen“, sagt Hauser-Mair.
Bei diesem Wechsel werden die Werke auf Schäden überprüft. Bei einer Beschädigung wird das Werk in einer geeigneten Werkstatt restauriert. Die Galerie hat selbst nur eine kleine Werkstatt, in der eine komplette Restaurierung nicht möglich ist.
Seit 2010 gibt es das Depot. Davor sei es mehrere Jahre saniert worden. „Wir sind eines der besten Standarddepots in Bayern“, sagt Hauser-Mair. Standard deshalb, weil es nicht um Luxus geht, sondern dem Zweck dient. Werke zu sammeln und für die Nachwelt aufzubewahren, dieser Aufgabe kommen Hauser-Mair und Harand gerne nach.