Rosenheim – Kaum ein Thema wird in der Region so heiß diskutiert wie die geplante Zulaufstrecke zum Brennerbasistunnel. In Rosenheim würde der Bau vor allem den nördlichen Teil der Stadt betreffen. Zwar fällt die Entscheidung erst 2025 im Bundestag, weil Oberbürgermeister Andreas März (CSU) jedoch von einem positiven Votum ausgeht, haben Stadt und Landkreis damit begonnen, Kernforderungen zu formulieren.
Untertunnelung des
Inns steht im Fokus
„Die wesentliche Forderung ist die Untertunnelung des Inns“, sagte März bereits in der Vergangenheit. Eine Untersuchung der Bahn habe ergeben, dass eine Inn-Unterführung grundsätzlich machbar sei. Allerdings würde sie Mehrkosten in Höhe von drei Milliarden Euro bedeuten. Die Bahn habe sich aus diesem Grund dazu entschieden, diese Planungen nicht weiterzuverfolgen.
Geplant sei stattdessen eine 650 Meter lange Brücke, die ab dem Geländevorsprung bei Mintsberg an einen circa 770 Meter langen Damm anschließt. Die sogenannte Vorlandbrücke befindet sich in einer Höhe von rund 20 Metern – plus Aufbau einer Lärmschutzwand – und geht zur Querung des Inns in ein Brückenbauwerk von circa einem Kilometer Länge über. „Hierbei soll nicht ein in sich geschlossenes Brückenbauwerk errichtet werden, sondern je ein Brückenbauwerk pro Gleis“, heißt es aus dem Rathaus.
Grund hierfür ist, dass die geplante Untertunnelung im Bereich der Gemeinde Stephanskirchen in Form von zwei Röhren ausgeführt werden soll. „Auf einen dazwischenliegenden dritten Fluchttunnel wird verzichtet“, teilt die Verwaltung während der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses mit. Das wiederum hat zur Folge, dass die Tunnelröhren, die durch Querstollen verbunden werden und wechselseitig als Fluchttunnel dienen sollen, einen Mindestabstand von 30 Metern haben.
Da ein solcher Gleisabstand auf der kurzen Strecke zwischen dem östlichen Innufer und dem Innhochufer nicht wieder zusammengeführt werden können, müssten die Gleise bereits am Westufer im Zuge der Inn-Überquerung voneinander getrennt werden. Für die Stadt Rosenheim würde das bedeuten, dass das nördliche Stadtgebiet von einer circa fünf Kilometer langen, auf Stelzen stehenden Trasse – aufgeteilt in Vorlandbrücke und Innbrücke – durchschnitten werden würde.
Alternativ sieht die Bahn die Möglichkeit einer entsprechenden Dammschüttung vor, die laut Verwaltung, in einer horizontalen Kurve weiter aufs Gelände absinken würde, bevor sie zur Querung des Inns weiter ansteigt. „Aus Sicht der Stadt Rosenheim ist dies keine gangbare Lösung. Die trennende Wirkung kann nicht hingenommen werden“, heißt es aus dem Rathaus. Beide angedachten Einschnitte in die Landschaft im nördlichen Bereich der Stadt seien nicht akzeptabel.
Aus diesem Grund hat sich Oberbürgermeister März gemeinsam mit einem Expertenteam eine neue Alternative überlegt. Eine, die – glaubt man der Verwaltung – nicht nur für die Stadt Rosenheim, sondern auch für die betroffenen Gemeinden im Landkreis deutliche Vorteile bietet.
Die Idee sei, die komplette Trasse weiter nach Norden zu verschieben. Der Inn soll untertunnelt werden, ähnlich wie das ökologisch sensible Gebiet im Rotter Forst. Das hätte die Vorteile, dass die B15 und die Bahnlinie Rosenheim-Mühldorf so bleiben können, wie sie sind. Die FFH-Gebiete „Kitzelroth“ und „Pankrazgraben“ wären somit nicht betroffen, zudem müsste der Bahnhof Ostermünchen nicht verlagert werden. Hinzu kommt, dass Rosenheim selbst vom Brenner-Nordzulauf nicht mehr betroffen wäre. Auch Deutelhausen, Mintsberg, Pürstling, Großkarolinenfeld und Tattenhausen würden größtenteils verschont bleiben.
Neben einer Reduzierung des oberirdischen Flächenverbrauchs auf ein Minimum wäre der Bau einer Großbrücke über den Inn nicht länger notwendig. Weil die Kosten hierfür entfallen würden und der Bahnhof in Ostermünchen nicht umgebaut werden müsste, könnte das Geld in eine Untertunnelung des Inns fließen. „Ich war platt, als ich die Pläne gesehen habe“, sagte Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP während der Sitzung. Er lobte den Vorschlag, sicherte seine „100-prozentige Unterstützung“ zu.
Lob der
Fraktionsvorsitzenden
Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzender der SPD, lobte den Vorschlag ebenfalls, plädierte aber trotzdem, in den Kernforderungen aufzunehmen, dass der Bedarf für den Brenner-Nordzulauf erst einmal nachgewiesen werden muss. Sonja Gintenreiter, Fraktionsvorsitzende der Grünen, unterstrich noch einmal, wie wichtig es sei, den Lärmschutz auf der Bestandsstrecke so weit wie möglich auf Neubaustandard zu ertüchtigen. „Ich bin begeistert von dem, was die Verwaltung vorschlägt“, sagte auch CSU-Fraktionsvorsitzender Herbert Borrmann.
Einstimmig sprachen sich Stadträte für die insgesamt fünf Kernforderungen aus. Diese sollen jetzt in die Bundestagsdebatte 2025 einfließen.