Dritte Pleite in drei Jahren – Was passiert mit dem hiesigen Standort?

von Redaktion

Bis zu 20 Filialen sollen geschlossen werden – Experte mit eher düsterer Prognose für die Zukunft der Warenhauskette

Rosenheim – Was bedeutet die Insolvenz für die einzelnen Standorte? Wie realistisch ist es, einen neuen Eigentümer zu finden? Johannes Berentzen hat Antworten. Er ist geschäftsführender Gesellschafter bei BBE, einem Unternehmen aus München, das bundesweit die Entwicklung des Einzelhandels im Allgemeinen und im Speziellen die der Kaufhäuser beobachtet.

Welche Folgen hat der erneute Insolvenzantrag für die Galeria-Standorte in Deutschland?

Von den aktuell 110 Filialen schließen planmäßig Ende Januar 18 Häuser. Diese Auswahl kommt noch aus der zweiten Insolvenz. Für die verbleibenden 92 Häuser ist die Zukunft mit der angekündigten Insolvenz ungewiss. Viele unrentable Häuser müssten schließen, selbst wenn allein die überhöhten Mieten von Signa dafür verantwortlich wären. Das ist an weniger als 20 Standorten der Fall. Einige Häuser würden verkauft werden, wie das bereits im zweiten Insolvenzverfahren geschehen ist, wenn auch mit mäßigem Erfolg.

Und dann wäre da auch noch eine dritte Möglichkeit…

Im schlimmsten Fall werden viele Objekte über Monate und Jahre leer stehen. Von einer Schließung bis zur Nachnutzung dauert es circa vier bis fünf Jahre.

Der Betriebsrat hält die Kaufhauskette trotz der Turbulenzen der Konzernmutter Signa für zukunftsfähig. Sind Sie der gleichen Meinung?

Nein, in der jetzigen Form – das heißt, was die Anzahl an Standorten und das Geschäftsmodell als reine Warenhäuser angeht – halte ich die Kaufhauskette für nicht zukunftsfähig.

Funktionieren Warenhäuser in unserer heutigen Zeit überhaupt noch?

Das Modell Warenhaus möchte ich nicht grundsätzlich infrage stellen, es funktioniert im Luxus-Segment und es gibt auch Erfolgsbeispiele im Mittelstand. Gemeinsam haben diese einen hohen Erlebnisanspruch, eine exzellente Beratung und sorgfältige Kuratierung der Sortimente. Das Prinzip, möglichst viel Auswahl zu guten Preisen ohne erkennbare Zielgruppe anzubieten, kann ein Online-Marktplatz wie Amazon deutlich günstiger und für die Kunden einfacher anbieten.

Ziel ist es, einen neuen Eigentümer zu finden. Für wie wahrscheinlich halten Sie das?

Der Staat wird nicht ein drittes Mal einspringen. Das wäre auch nicht vermittelbar und angesichts der angespannten Haushaltslage kaum vorstellbar. Für einen institutionellen Anbieter ist das Paket insgesamt unattraktiv. Unabhängig von den überhöhten Mieten an den Signa-Standorten, sprechen auch Zinsniveau und aktuelles Investitionsklima dagegen.

Wer würde also infrage kommen?

Ich kann mir vorstellen, dass sich strategische Investoren für ausgewählte Standorte interessieren. Das könnten zum Beispiel ortsansässige Family-Offices sein. Doch auch für die muss sich ein Nachnutzungskonzept langfristig lohnen.

Dass die Städte sich im Einzelfall an einer Lösung beteiligen, kann sinnvoll sein. Sie sollten nur nicht versuchen, die besseren Unternehmer zu sein. Häufig ist mit neuen Nutzungsverordnungen oder pragmatischen Lösungen für Zwischen-
nutzungen der Innenstadt viel mehr geholfen.

Interview: Anna Heise

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