Rosenheim hat bald „ausgefaxt“

von Redaktion

„Sinnbild für Rückständigkeit“ – Verbot geplant – Behörden bereit?

Rosenheim – Im Büro des Sportvereins ESV steht es noch, das gute alte Faxgerät. Ein- bis zweimal im Monat bekommen sie darüber Werbematerial von Firmen zugeschickt. Sie selbst benutzen das Gerät kaum noch. „Wir wären froh, wenn das Faxen überflüssig werden könnte und die Kommunikation mit E-Mails an Behörden dem Fax rechtlich gleichgestellt wäre“, sagt der Zweite Vorsitzende Dr. Wolfgang Bergmüller.

Das sieht Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) wohl genauso. Er will das Faxen aus den Behörden Bayerns verbannen. Für viele Menschen sei das Faxgerät „ein Sinnbild für Rückständigkeit“ bei der Digitalisierung. „Unser Bayern ist ein Hightech-Land. Wir sollten deshalb bundesweit vorgehen und dem Fax in der öffentlichen Verwaltung als erstes Bundesland den Stecker ziehen“, gab Mehring in einer Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung bekannt.

Digitale Zukunft nach einer Übergangsfrist

Nach einer gewissen Übergangsfrist sollen Dokumente in bayerischen Behörden nur noch in digitaler Form übermittelt werden. „Faxgeräte sind nicht mehr zeitgemäß und ein Relikt aus einer anderen Zeit“, sagt Mehring. Dem stimmt Bergmüller vom ESV zu. Das Faxgerät benutzen die Mitglieder nur, um Dokumente an Behörden zu schicken. Denn für ein rechtskräftiges Dokument braucht es eine Unterschrift – und das gehe über Fax.

Bergmüller ist für die Abschaffung des Gerätes, aber nur unter einer Bedingung: „Wenn die Kommunikation mit E-Mail an Behörden dem Fax rechtlich gleichgestellt wäre und es ohne umständliche Verifizierungsauflagen funktioniert.“ Dem Thema steht Jakob Mayr von der Jagdgenossenschaft Rosenheim-Fürstätt gelassener gegenüber. „Für mich ist das kein Problem, wenn das Faxgerät abgeschafft wird“, sagt der Rosenheimer. Wenn es hochkommt, schickt er zwei bis drei Faxe im Jahr heraus. Und das eher aus Gewohnheit. „Bei manchen Personen oder Behörden hat es sich eingebürgert, dass ich auf das Gerät zugreife“, sagt Mayr.

Seniorenbeirat
sieht keinen Verlust

Auch der Rosenheimer Seniorenbeirat wird das Faxgerät nicht vermissen. Die Vorsitzende Irmgard Oppenrieder glaubt, dass viele ältere Leute die Post dem Fax bevorzugen würden. Die Arbeit mit dem Gerät sei für Senioren nie ein Thema gewesen. Viele benutzen weder Smartphone, Laptop oder Computer. In den allermeisten Fällen besteht der Kontakt über das Festnetz. Der Seniorenbeirat arbeitet selbst auch nicht mit dem Faxgerät. „Für uns ist die Forderung von Digitalminister Fabian Mehring nur verständlich“, sagt Oppenrieder.

Abschaltung wäre „jederzeit möglich“

In der Rosenheimer Stadtverwaltung, Schulen und Kitas stehen derzeit 85 Faxgeräte. Diese werden kaum von den Mitarbeitern benutzt. Selten erhalten sie darüber Dokumente. „Von daher wäre eine Abschaltung der Faxnummern jederzeit möglich, sofern und sobald eine entsprechende Direktive seitens des Freistaates Bayern erlassen wird“, sagt Christian Baab, Pressesprecher der Stadt Rosenheim.

Seit 2020 arbeitet die Stadt Rosenheim mit elektronischen Akten. Dadurch werden Dokumente, die per Fax geschickt werden, in ein PDF-Dokument umgewandelt. Faxe werden somit nicht mehr in Papierform empfangen. „Die komplette Transformation soll Ende 2025 abgeschlossen sein“, sagt Baab. Mehr als die Hälfte aller Mitarbeiter der Stadtverwaltung arbeiten ausschließlich mit E-Akten.

Auch beim Landrats- und Gesundheitsamt werden analog ankommende Faxe über einen Mailserver in digitale Form umgewandelt. Seit zwei Jahren gibt es keine analogen Faxgeräte mehr. „Das Aufkommen von Faxen geht stetig etwas zurück und liegt die letzten Monate bei circa 2000 Faxen pro Monat im Durchschnitt für das gesamte Landratsamt“, sagt Sibylle Gaßner-Nickl, Pressesprecherin des Landratsamts Rosenheim.

Zwölf Faxgeräte
beim Amtsgericht

Beim Amtsgericht Rosenheim sieht das anders aus. Auch sie setzen hauptsächlich auf E-Akten. Fast alle bayerischen Gerichte in Zivil- und Familiensachen arbeiten damit. Dennoch sind die zwölf Faxgeräte in den Gebäuden des Amtsgerichts noch im Einsatz. „Dass wir noch Faxe benutzen, bedeutet nicht, dass die Digitalisierung der Justiz nicht weit vorangeschritten wäre“, sagt Pressesprecher Stefan Tillmann. Es seien rechtliche Gründe, die das vollständige Arbeiten mit E-Akten verhindern.

Rechtliche Vorgaben als harte Hürden

Das Amtsgericht ist in mehreren Rechtsgebieten tätig. Und alle Bereiche haben unterschiedliche rechtliche Vorgaben, wie mit dem Gericht kommuniziert wird. „Mit einfacher E-Mail kann dabei praktisch nie rechtswirksam an das Gericht etwas mitgeteilt werden“, sagt Tillmann.

Außerdem kommuniziert das Amtsgericht mit verschiedenen Menschen und Stellen. „Technische Standards, wie mit all diesen Personen und Stellen sicher und rein digital kommuniziert werden kann, werden zunehmend entwickelt und eingeführt, sind aber noch nicht für alle Kommunikationswege vorhanden“, sagt Tillmann. Das Faxgerät ist deshalb noch ein wichtiger Übermittlungsweg für die Mitarbeiter des Amtsgerichts.

Prozess soll 2024 abgeschlossen sein

Geht es nach Digitalminister Fabian Mehring, soll die Digitalisierung der Verwaltung in diesem Jahr angegangen werden. Auf die Bürger komme aber keine Änderung zu. Mehring stellt klar, dass auch weiterhin Faxe geschickt werden können. Diese werden als digitale Computerfax an die zuständigen Mitarbeiter der Verwaltung weitergeleitet.

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