Erinnerung an Wurzeln im Handwerk

von Redaktion

OVB-Serie „Kunst im öffentlichen Raum“ – Folge 161: „Dreifüße“

Rosenheim – Zwei überdimensionale Dreifüße als Bronzeplastik von Ernst Günzkofer bereichern seit 1972 den Eingangsbereich der Hauptzentrale der Schuhfabrik Gabor in Rosenheim.

Zwei Bronzeteile auf einem runden Granitsockel zieren seit 1972 den Haupteingang zur Firmenzentrale der Schuhfabrik Gabor in Rosenheim. Was auf den ersten Blick fast wie zwei sitzende Männchen aussieht, erschließt sich schnell beim Lesen der angebrachten Tafel. Es sind zwei „Dreifüße“ und geschaffen hat sie der Priener Bildhauer Ernst Günzkofer. Das Kunstwerk führt direkt in die Firmengeschichte der Schuhfabrik Gabor, die 1949 in Barmstedt bei Hamburg von den Brüdern Bernhard und Joachim Gabor gegründet wurde. Sie knüpften damit an das Schuhgeschäft mit Maßanfertigung ihrer Eltern Pius und Luzie Gabor an, die 1919 ihr Unternehmen in Groß Strehlitz in Oberschlesien eröffnet hatten. 1966 nun ging die neue Schuhfabrik in Rosenheim in Betrieb und zugleich wurde die neue Hauptzentrale hierher verlegt.

Joachim Gabor (1929 bis 2013) wollte für seinen neuen Firmensitz ganz bewusst ein Kunstwerk, das an die Tradition des Schusterhandwerks erinnerte. So fiel die Wahl des Firmenchefs auf den Dreifuß, der, wie der spezielle Schusterhammer, ein traditionelles Werkzeug in der Werkstätte des Schusters oder Schuhmachers ist. Seit Jahrhunderten dient ein solches Gerät in unterschiedlichen Varianten als Amboss zur Reparatur von Sohlen oder Absätzen. Je nach Bedarf wird eine der drei rechtwinklig angeordneten und unterschiedlich geformten Eisenleisten ausgewählt, nach oben gedreht und der zu reparierende Schuh übergestülpt.

Klassischer
Bronzeguss

Ernst Günzkofer musste nun in seinem Entwurf so ein Schuhmachereisen, Schusterdreibein oder Schusterfuß, wie das Werkzeug auch genannt wird, das im Original nicht einmal 20 Zentimeter hoch ist, in der Größe ungefähr verzehn- und verachtfachen. Doch mit einfachem Hochrechnen der Maße wäre das Ergebnis nicht überzeugend geworden. Hier war der Künstler gefragt. Der Priener Bildhauer arbeitete die vorgegebene Form skulptural durch, klärte die Linien und schuf so ein ansprechendes Kunstwerk. Der klassische Bronzeguss, der für die Ausführung gewählt wurde, unterstreicht die Bedeutung und Wertigkeit dieser themenbezogenen „Kunst am Bau“.

So konnte auch das OVB am 28. Juli 1972 das Fazit ziehen: „Die Rosenheimer Damenschuhfabrik Gabor wollte vor ihrem Werksgelände ein Symbol setzen, das sowohl die Tradition ihres Unternehmens aufzeigt, als auch im künstlerischen Ausdruck einen Bezug zum Heute schafft.“ Der Artikel verrät auch den Verkaufsrenner im ersten Halbjahr 1972: „Schuhe mit hohen Absätzen und dicken Sohlen“.

Die „Dreifüße“ vor der Firma Gabor sind ein schönes Beispiel für das vielfältige Schaffen von Ernst Günzkofer, der gerade in seinen überzeugendsten Arbeiten, wie in Prien mit den „Spielenden Delphinen“ (1964) und dem „Segelknoten“ (1990), durch Abstraktion und klare Linienführung besticht. 1976 wird Ernst Günzkofer im Auftrag der Firma Gabor zum zehnten Jubiläum des Firmensitzes in Rosenheim den „Lebensbaum-Brunnen“ schaffen, der damals vor dem Rathaus stand, nun aber den neuen Haupteingang des Romed-Klinikums Rosenheim bereichert.

Das Werk

„Dreifüße“, Bronze, 1972, großer Dreifuß: Höhe 183 Zentimeter, Breite und Tiefe 110 mal 110 Zentimeter,

kleinerer Dreifuß: Höhe 136 Zentimeter, Breite und Tiefe 75 mal 75 Zentimeter;

Gabor Shoes AG,

Joachim-Gabor-Platz 1,

Rosenheim. fie

Der Künstler

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