„Die Entwicklung der Stadt nach besten Kräften fördern“

von Redaktion

Blick ins Zeitungsarchiv Gründung des Wirtschaftlichen Verbandes nach dem Zweiten Weltkrieg – Planungen für Wiederaufleben des Herbstfestes

Rosenheim – „Der Vertreter des ambulanten Gewerbes, Fahrenschon, eröffnete die Debatte darüber, ob an Stelle des von seinem Verband durchgeführten Frühlingsfestes in Zukunft ein von der neuen Vereinigung organisiertes Herbstfest stattfinden soll oder nicht“, heißt es in einem Bericht des Oberbayerischen Volksblatts (OVB) vom 27. Januar 1949 über die erste Werbeversammlung des Wirtschaftlichen Verbands im Ratskeller, zu dem „zahlreich[e] [….] Vertreter des Rosenheimer Wirtschaftslebens, Vertreter des Stadtrates, sowie Oberbürgermeister Braun“ erschienen waren.

„Wiesn“ schon
früher geplant

Ursprünglich war bereits 1930 ein „Wirtschaftsverband“ gegründet worden, der auch sogleich die Organisation und Durchführung des Herbstfests als eine seiner Aufgaben annahm. Im ersten Anlauf kam „nur“ ein Trachtenfest zustande, das jedoch trotzdem erfolgreich war und von 1931 bis 1938 fand das Herbstfest dann regelmäßig statt. 1939 stellte der Verband nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs seine Tätigkeit ein und wurde nach dessen Ende dem Registergericht als aufgelöst gemeldet.

Bereits im Dezember 1948 war zur Gründungsversammlung im Nebenzimmer des Weinhauses Fortner geladen worden. „Stadtrat Müller führte aus, dass es an der Zeit wäre, an Stelle der früheren Wirtschafts-, Gewerbe-, Verschönerungs- und Verkehrsvereine eine Arbeitsgemeinschaft zu gründen, die es sich zur Aufgabe machen müßte, die Entwicklung der Stadt in geschäftlicher, verkehrstechnischer und kultureller Hinsicht nach besten Kräften zu fördern“, zitiert das OVB in einem Bericht vom 11. Januar 1949 eines der Gründungsmitglieder. „Die Arbeit solle von realen Wirtschaftsgedanken getragen werden und keiner parteipolitischen oder berufsständischen Bindung unterliegen und alle Kreise des Wirtschaftslebens ohne Rücksicht auf ihre politische Einstellung sowie die Neubürger umfassen“, wird ein weiteres Gründungsmitglied, Rechtsanwalt Sigmund Adam, wiedergegeben.

„Es handelt sich um bis heute bekannte Namen, die damals bei der Gründung dabei waren“, berichtet Sabrina Obermoser, Leiterin der Geschäftsstelle des Wirtschaftlichen Verbands (WV). „Erster Vorsitzender war Rechtsanwalt Sigmund Adam, Zweiter Vorsitzender Autohändler Josef Vodermayer, Erster Schriftführer Karl Steiner, Prokurist bei der Firma Klepper, Zweiter Schriftführer Eisenwarenhändler Michael Ostermann, Erster Kassier war Eisenwarenhändler August Himmer und Zweiter. Kassier Textilienhändler Hermann Mulzer. Es gibt daher durchaus noch Verbindungen. Beispielsweise sind Josef und Thomas Vodermayer im Fasching aktiv im Senat und im Elferrat. Unter den einstigen Beisitzern finden sich auch Namen wie Dr. Wilhelm Werndl. Heute ist Maximilian Werndl im Vorstand aktiv.“ „Einige der damals genannten Ziele wurden nicht nur erreicht, sondern werden teilweise bis heute so weiterverfolgt. Wichtiges Element ist beispielsweise die politische Neutralität, die bis heute gewahrt wird“, betont Obermoser. „Hinsichtlich der Aufgaben wurde damals schon vom Herbstfest gesprochen, das weiterhin das Kernelement des Wirtschaftlichen Verbandes ist. So könnten wir etliche weitere Themenfelder aufzählen, die damals initiiert, selbstverständlich über die Jahre adaptiert und ausgebaut wurden, aber eben nicht an Aktualität verloren haben. Erheblich verändert hat sich freilich die Zahl der Mitglieder, ist der Verein mit zwölf Mitgliedern gegründet worden, hat sich die Zahl heute auf knapp 800 Mitglieder vervielfacht.“

Die Aufgaben seien seitdem vielfältiger geworden. Mit der Zeit wurde das Ehrenamt von hauptamtlichen Mitarbeitern unterstützt und damit professionalisiert. „Bezeichnend ist jedoch bis heute, dass Wirtschaft und Bürgerschaft Hand in Hand gehen, so sind Privatpersonen gleichberechtigte Mitglieder zu den Wirtschaftstreibenden, Institutionen und Organisationen“, fährt Obermoser fort. „Diese Mischung prägt die Arbeit des WVs. Unter dem Vorsitzenden Josef Großmann wurde der Fokus von der Stadt auf den Landkreis geweitet und eine Namensänderung ging einher, auf ,Wirtschaftlichen Verbandes der Stadt und des Landkreises e.V.‘“

Parallelen zwischen
damals und heute

„Der Wirtschaftliche Verband engagiert sich stark für die Region, sei es sozial, kulturell und gesellschaftlich. Auch infrastrukturell hat sich der Verein schon stark eingebracht, sei es bei der Errichtung des einstigen Klepper-Stegs, über die Bezuschussung beim Bau des Kukos bis hin zur Förderung von Buslinien nach Kriegsende. Einst hat man so das Umland mit der Stadt besser verknüpft, heute realisiert man den Adventsbus. Die Parallelitäten von einst und jetzt sind daher immer wieder zu finden“, erläutert Obermoser und schließt: „Anlässlich des Jubiläums haben wir keine Feier an sich geplant, werden aber im Rahmen der Mitgliederversammlung darauf anstoßen.“ Heinz Seutter

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